Johann Georg Hamann und die Aufklärung

Gemälde von Johann Georg Hamann
Johann Georg Hamann

Seit Rudolf Ungers gleichnamiger Monographie aus dem Jahre 1911 bezeichnet "Hamann und die Aufklärung" eine der wesentlichen Aufgaben, der sich die Erforschung eines der schwierigsten Autoren deutscher Sprache anzunehmen hat. Der Grund hierfür ist zum einen banal: Ungeachtet seiner kritischen bis ablehnenden Haltung gegenüber einer Reihe der prominentesten Vertreter eines aufklärerischen Programms hat Johann Georg Hamann (1730 – 1788) unbestritten im Zeitalter der Aufklärung gelebt. Zum anderen gehört Hamann aber auch zu denjenigen Zeitgenossen, die sich am intensivsten mit den Werken illustrer und weniger illustrer Aufklärer auseinandergesetzt haben und dies über alle Disziplingrenzen hinweg.

Die Frage nach dem Verhältnis Hamanns zur Aufklärung wirft so weitere Fragen auf, die dem Verständnis, den Voraussetzungen und der Kritik in, von und an der Aufklärung gelten. Das Programm, das der Epoche den Namen gibt, ist aufs engste verbunden mit dem Begriff der "Kritik", die Hamann selbst zum Gegenstand einer Metakritik macht. Ob nun diese Kritik an der Kritik selbst kritisch oder vielmehr eine unkritische Geste im Zeichen der Verweigerung des Vernunftgebrauchs sei, an dieser Frage scheiden und schieden sich die Geister. Das Erscheinen der Sokratischen Denkwürdigkeiten (1759), mehr noch der Kreuzzüge des Philologen (1762) erregte neben einigem Aufsehen und nicht wenig Zuspruch auch das bedauernde Kopfschütteln zentraler Exponenten der Aufklärung, die hierin einen scharfsinnigen Geist von enthusiastischem Religionsfieber befallen und in obskurantistischer Rückwärtsgerichtetheit befangen erahnten.

Von dem freien Gang der Gedanken und der "panischen" Anordnung der Sätze des "Magus in Norden", von seinem buchstäblich enzyklopädischem und ironischem Standpunkt auf die Ereignisse seiner Zeit und seinem weitgefächerten Dialog mit den größten Köpfen lässt sich die Frage nach dem Verhältnis der mannigfaltigen Orte, an denen sich Aufklärung ereignet hat, von neuem stellen. Nichts könnte sich besser eignen als diese Nähe bei gleichzeitiger Distanz, um einen Preis zur Erforschung von Geschichte, Akteuren, Ideen und Zusammenhängen, welche die Aufklärung bestimmen, sowohl Namen als auch Rahmen zu geben.

Prof. Dr. Eric Achermann, Jury-Vorsitzender