Pressemitteilung upm

Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?

Informationstage zu Berufsaussichten von Philosophen

Münster (upm), 09. Mai 2011

Dr. Jörg Pannier
Dr. Jörg Pannier Foto: WWU/Philosophisches Seminar

Philosophen scheinen besonders viele Vorurteile anzuziehen: Auf einfache Fragen geben sie stets schwierige Antworten. Deshalb müssen sie Taxi fahren, um sich zu ernähren. "Von meinen Kommilitonen ist keiner arbeitslos geworden, die meisten sind in gut bezahlten Jobs", weiß dagegen Berufsberater Dr. Jörg Pannier. Er hat selbst Philosophie studiert und freut sich auf den 13. und 18. Mai, denn dann veranstaltet das Philosophische Seminar zwei Info-Tage rund um das Thema Berufseinstieg.

Mit dabei ist auch Dr. Thomas Polednitschek, Inhaber einer Philosophischen Praxis in Münster. "Coach statt Couch" ist sein Motto, mit dem er sich von der Psychotherapie unterscheidet: "In die Psychotherapie geht, wer für sich selber Sorge tragen will, es aber momentan nicht kann und deshalb die Unterstützung eines Psychotherapeuten braucht", erklärt Thomas Polednitschek. In der Philosophischen Praxis ist der "Gast", wie der Klient genannt wird, Subjekt der Selbstsorge.

Die Menschen kommen mit Fragen existenzieller Natur, zum Beispiel, weil sie einen geliebten Menschen verloren haben. Im Gespräch versuchen der Philosoph und der Gast Lebensfragen in philosophische Fragestellungen umzuformulieren. Der Lohn ist weniger finanzieller Natur, leben kann Thomas Polednitschek von seiner Philosophischen Praxis nur, weil er zugleich auch akademischer Psychotherapeut ist. Der Begriff der Freiheit liegt ihm besonders am Herzen: "Die Aneigung von Freiheit ist eine Gemeinsamkeit von Psychotherapie und Philosophischer Praxis."

Ihre Freiheit gefunden hat Johanna-Yasirra Kluhs schon lange. Die 23-Jährige hat in Münster ihren Bachelor-Abschluss gemacht. Warum hat sie sich für das scheinbar so brotlose Studium entschieden? "Mir hat es immer schon Spaß gemacht, zu denken, deswegen wollte ich lernen, professionell mit Gedanken umzugehen", erklärt sie. "Mir war dabei nicht klar, worauf es beruflich hinauslaufen könnte. Nur, dass ich nicht Lehrerin werden wollte, wusste ich." Nach einem Praktikum an einem Zentrum für Performative Kunst in Essen bekam sie gleich ihre erste feste Stelle als dramaturgische Assistentin. "Ich denke, am meisten hat mir mein Studium dabei geholfen, dass ich mich flexibel auf neue Kontexte einlassen kann."

Das und die "Schlüsselkategorie Lust" sind auch jetzt wieder gefragt, denn nach gut einem Jahr hat Johanna-Yasirra Kluhs ihren Job gekündigt, um andere Wege zu gehen. "Sicherheit ist keine Kategorie, nach der ich mein Leben gestalten möchte", sagt sie lächelnd. "Man braucht dafür ein Grundvertrauen in die Welt, dass man sich tragen lassen kann. Ich fühle mich nicht so, als ob ich meinen Weg verlieren würde." Um sich zu finanzieren, wird sie wieder kellnern, wie sie es im Studium gemacht hat und es klingt nicht so, als würde sie es bedauern.

Um den Studierenden mehr Sicherheit bei ihren Entscheidungen zu geben, ist Dr. Jörg Pannier da. Der Berufsberater der Arbeitsagentur bietet seit kurzem einmal im Monat eine gut besuchte Sprechstunde am Philosophischen Seminar an. "Als ich angefangen habe zu studieren, gab es relativ wenig Informationsmedien. Heute ist eher das Problem, die Daten zu gewichten. Deshalb verstehe ich mich als Datenscout, der den Studierenden bei der beruflichen Selbsterkennung hilft."

Nach seiner Erfahrung sind die Berufsaussichten für Philosophen gar nicht so schlecht. Da es aber eine relativ kleine Gruppe ist, werden sie nicht gesondert statistisch erfasst, sondern verschwinden in der großen Gruppe der Geisteswissenschaftler. "In den Unternehmen werden sie beispielsweise als kreatives Potenzial eingesetzt", sagt der 48-Jährige. "Wir sehen Probleme, wo andere keine sehen, aber das bedeutet nicht, dass die Probleme nicht da sind."

Um Probleme bei der Berufswahl möglichst frühzeitig auszuräumen, veranstaltet das Philosophische Seminar nun die beiden Informationstage "Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?". Am 13. Mai wird um 11 Uhr im Hörsaal S9 im Schloss der Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler beleuchtet, von 15 bis 18 Uhr findet ein Podiumsgespräch im Hörsaal F5 im Fürstenberghaus statt, an dem unter anderem Jörg Pannier, Johanna-Yasirra Kluhs und Thomas Polednitschek teilnehmen. Am 18. Mai können die jungen Philosophen ein Bewerbungstraining durchlaufen. "Wie bieten diese Möglichkeit zum ersten Mal an und sind sehr gespannt, wie die Tage angenommen werden", sagt die Geschäftsführerin des Philosphischen Seminars und Ko-Organisatorin Dr. Sibille Mischer.

Übrigens: Philosophie studieren würden Jörg Pannier, Johanna-Yasirra Kluhs und Thomas Polednitschek jederzeit wieder.

Philosophisches Seminar