Im Rahmen der 2003 begonnen zweiten Förderphase
trat als neuer Schwerpunkt die symbolische Dimension ständischer Verfahren hinzu. Ausgangspunkt ist dabei die These, daß vormoderne
ständisch-korporative Verfahren nicht angemessen verstanden werden können, wenn man sie allein unter instrumentellen Gesichtspunkten als Organe der
politischen Entscheidungsfindung untersucht. Viele aus heutiger Sicht befremdliche Phänomene dieser Verfahren lassen sich vielmehr nur erklären, wenn man
ihre symbolisch-expressiven Funktionen in den Blick nimmt: Sie dienten der Konstituierung und Stabilisierung der politisch-sozialen Ordnung und des jeweiligen Status
der einzelnen Mitglieder - und zwar umso mehr, je weniger funktionale Autonomie das jeweilige politische Verfahren gegenüber seiner ständischen Umwelt
entwickelt hatte, d. h. je enger der soziale Status an die politische Standschaft geknüpft war. Unter diesem Aspekt lassen sich Rangkonflikte auf vormodernen
Ständeversammlungen als Strukturprobleme deuten, die die Auseinanderentwicklung von politischem und sozialem Funktionssystem begleiteten. Der so gewonnene
Interpretationsrahmen verspricht der Erforschung ständischer Partizipation sowohl in den deutschen Territorien als auch im europäischen Horizont neue
Impulse zu verleihen, indem ältere Erkenntnisse neu bewertet und bisher vernachlässigte Aspekte in ihrer Aussagekraft neu gewürdigt werden
können.