Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Zentralinstitut für Raumplanung
an der Universität Münster

Wilmergasse 12-13
48143 Münster
Direktor: Prof. Dr. Hans D. Jarass LL.M.
 
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Forschungszentren
Zentralinstitut für Raumplanung an der Universität Münster
Städtebauliche Planung


Die moderne städtebauliche Planung und das Planungsschadensrecht

Planungsschäden gelten in der kommunalen Wirklichkeit als Reizwort. Ihre Geltendmachung hat in der Vergangenheit vielfach dazu geführt, dass städtebaulich an sich notwendige und aus kommunaler Sicht erwünschte Planänderungen unterblieben sind. Vielerorts war man aufgrund der drohenden Entschädigungsansprüche nicht einmal bereit, offensichtliche Fehlplanungen zu beseitigen. Daher scheinen Planungsschäden wie ein Damoklesschwert über der Bauleitplanung zu schweben.

Das Planungsschadensrecht wurde zuletzt im Jahre 1976 reformiert. Es sollte die Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums betont und den Gemeinden die Anpassung von Bebauungsplänen an urbane und wirtschaftliche Entwicklungen erleichtert werden. Vor dem Hintergrund der nunmehr formalisierten Eigentumsdogmatik stellt sich die Frage, ob einfach-gesetzliche Regelungen, die aus einer Zeit vor dem Wandel der dogmatischen Grundlagen stammen, mit diesen Veränderungen Schritt halten können. Außerdem darf nicht übersehen werden, dass die Verortung von hoheitlich angeordneten Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen in das System des Art.14 GG nach wie vor mit großen Unsicherheiten belastet ist.

Hinsichtlich des Naturschutz- und Denkmalschutzrechts sind die in diesen Rechtsgebieten relevanten Nutzungsbeschränkungen durchaus unterschiedlich im Hinblick auf deren Eingriffsqualität beurteilt worden. Für die Entschädigungstatbestände der §§ 39 bis 44 BauGB haben die strukturellen Neuerungen der Eigentumsdogmatik bislang jedoch wenig Beachtung gefunden. Durch die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts im kürzlich ergangenen Beschluss zum "Götzenturmpark der Stadt Heilbronn" hat diese Diskussion nunmehr auch das Planungsschadensrecht erreicht.

Veränderte ökonomische, soziale und ökologische Rahmenbedingen zwingen mehr als bisher zu Planänderungen. Die Bauleitplanung kann ihre Funktion zur Steuerung der weiteren städtebaulichen Entwicklung nur dann wirkungsvoll erfüllen, wenn sie Lösungen für die sich stellenden Probleme bereit hält. Ebenso darf nicht übersehen werden, dass gegenwärtig der Handlungsspielraum der Kommunen stark eingeschränkt ist, weil sich deren Finanzsituation zunehmend verschlechtert. Auch vor diesem Hintergrund lohnt es sich, über die Rechtfertigung eines eher großzügigen Entschädigungssystems, wie es in den §§ 39 bis 44 BauGB vorzufinden ist, nachzudenken.

Der Verfasser greift die genannten Problemstellungen auf und entwickelt dazu differenzierte Lösungsansätze. In einem ersten Schritt geht er ausführlich auf die sich stellenden verfassungsrechtlichen Fragen ein und erarbeitet dogmatisch schlüssige Kriterien zur Beurteilung von Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen des Eigentums. In einem zweiten Schritt erfolgt eine umfassende Auseinandersetzung mit den einzelnen Entschädigungstatbeständen. Indes beschränkt sich die Untersuchung nicht auf die Darstellung der geltenden Rechtslage. Dadurch, dass die gewonnenen dogmatischen Grundlagen stringent auf die einzelnen Entschädigungsregeln der §§ 39 bis 44 BauGB übertragen werden, leistet die Arbeit auf der Basis der gefestigten Eigentumsdogmatik einen wichtigen Beitrag zur Einordnung des Planungsschadensrechts in das System des Art.14 GG. Über die aufgeworfenen dogmatischen Grundfragen hinaus untersucht der Verfasser, ob und inwieweit eine Entschädigung für Planungsschäden tatsächlich aufgrund der Direktiven des Art.14 GG geboten ist. In diesem Zusammenhang werden die bestehenden Grenzen aufgezeigt, welche dem Gesetzgeber durch die Verfassung im Zuge einer möglichen Anpassung des Planungsschadensrechts an die veränderten Rahmenbedingungen gezogen sind. Zum einen werden detailliert diejenigen Voraussetzungen, bei deren Vorliegen Planungsschäden überhaupt erst entstehen können, dargestellt. Zum anderen bietet die Untersuchung den am Planungsprozess Beteiligten eine Hilfestellung für den Fall, dass Entschädigungsansprüche nach den §§ 39 bis 44 BauGB gerichtlich durchgesetzt werden sollen. Die Vielseitigkeit der untersuchten Aspekte macht die Arbeit nicht nur für die Rechtswissenschaft, sondern auch für die Planungspraxis interessant.

Beteiligte Wissenschaftler:

Jens Wahlhäuser, Prof. Dr. Hans D. Jarass (Leiter)

Veröffentlichungen:

Wahlhäuser, Jens, Die moderne städtebauliche Planung und das Planungsschadensrecht, Beiträge zur Raumplanung und zum Siedlungs- und Wohnungswesen, Bd. 207, Münster 2002.
 
 

Hans-Joachim Peter
EMail: vdv12@uni-muenster.de
HTML-Einrichtung: Izabela Klak
Informationskennung: FO30LC02
Datum: 2003-10-16