Forschungsbericht 1999-2000   
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"Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche
Wertesysteme vom Mittelalter bis zur
französischen Revolution"

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Sprecher: Prof. Dr. Gerd Althoff

 
 
 
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Sonderforschungsbereiche
Sonderforschungsbereich 496 "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution"
Teilprojekt A4/Prof. Dr. Dr. h.c. Arnold Angenendt
 


Die Messe im späten Mittelalter:
Symboltheorie, zeremonielle Praxis und soziale Kommunikation

Thema des Projekts ist die spätmittelalterliche Liturgie. Untersucht wird jener Prozeß ihrer Dramatisierung und Spiritualisierung, der angesichts der vielfältigen symbolischen Formen das ganze Potential der symbolischen, allegorischen und anagogischen Deutung der benützten Gesten, Gebärden und Handlungen ergründen will.

  • Theorie einer Liturgie als symbolische Kommunikation

    Ein erster Forschungsschwerpunkt im Projekt ist die Erarbeitung eines theoretischen Zugangs zur mittelalterlichen Liturgie im Spannungsfeld zwischen Theologie und einer kulturanthropologisch ausgerichteten Historik. Ausgangspunkt für die Überlegungen ist das in gängigen Handbüchern vorfindbare Urteil, das erste christliche Jahrtausend sei ein Zeitalter der 'Objektivität' und gerade dadurch auch der 'wahren' Liturgie gewesen, wohingegen spätestens mit der Gotik eine subjektivistische Auflösung und damit eine Verfallszeit eingesetzt habe. Dieses Deutungsschema war in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts in den verschiedenen Wissenschaftszweigen weit verbreitet. Während aber heute die Geschichtsforschung fast durchgängig eine neue und größtenteils positive Bewertung des Spätmittelalters vornimmt, gilt diese Zeit für die Liturgie bislang weiterhin als Verfall. Auf dem Hintergrund einer wissenschaftsgeschichtlichen Aufarbeitung ist ein neuer, interdisziplinär ausgerichteter Zugang zu einer genetischen Kultur- und Liturgiegeschichte erschlossen worden, der auch auf der nordwestdeutschen Liturgie-Konferenz im Mai 2000 diskutiert werden konnte.

    Der Absicht, einen adäquaten Zugang zur mittelalterlichen Liturgie zu gewinnen, dient ebenfalls eine Aufarbeitung der Patrozinienkunde und die Erprobung der gegenüber den bisherigen Forschungsbahnen veränderten These, die Patrozinien 'hierarisch' (Salvator, Maria, Apostel, Märtyrer und Heilige) zu interpretieren.

  • Liturgie im Spätmittelalter

    Das zweite Arbeitsfeld betrifft den Zusammenhang von Theorie und Praxis der Liturgie bei den Mystikern. Eine Untersuchung der Liturgieauffassung Heinrich Seuses zeigt, daß der heilige Raum nicht mehr nur der sakral abgesteckte und durch liturgische Weihen ausgegrenzte Kirchenraum ist, sondern ein imaginärer Raum; Seuse besetzte den Kreuzgang seines Klosters in der Weise mit Memorialbildern, daß er den Kreuzweg Jesu nachging und an bestimmten Punkten die Leidensstationen Jesu imaginär miterlebte. Wie stark dieser imaginäre Moment insgesamt wurde, zeigt auch die Meßfeier, die nicht mehr unbedingt in kultisch zeremonieller Weise zelebriert werden mußte, sondern imaginär geführt werden konnte und dadurch zu einem mentalen Vorgang wurde.

    Im Rahmen des Projektes wird darüber hinaus auf der Grundlage bereits bestehender Vorarbeiten an der Edition der Concordantiae caritatis des Ulrich von Lilienfeld (Zisterzienserabt, 14. Jh.) gearbeitet.

    Seit Beginn der Projektarbeit besteht eine enge Zusammenarbeit mit der unter der Leitung von Dr. Thomas Lentes eingerichteten VW-Nachwuchsgruppe "Kulturgeschichte und Theologie des Bildes", wo u.a. eine eingehende Untersuchung zur "Gregorsmesse" stattfindet

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Dr. h.c. A. Angenendt (Leiter), Dipl.-Theol. D. Hübers-van de Loo, Dr. S. Marti

Veröffentlichungen:

Angenendt, A.: Liturgik und Historik. Gab es eine organische Liturgie-Entwicklung? (Quaestiones Disputatae, 189) Freiburg-Basel-Wien 2001

--,: In honore salvatoris. Vom Sinn und Unsinn der Patrozinienkunde, in: Frühmittelalterliche Studien 35, 2001 (im Druck)

--,: Liturgie im Spätmittelalter, in: Liturgisches Jahrbuch 50, 2000, S. 54-63

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2001-10-18 ---- 2002-09-17