Forschungsbericht 1999-2000 | |
Sonderforschungsbereich 496 "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution" Salzstr. 41 48143 Münster Tel. (0251) 83-27914/13 Fax: (0251) 83-27911 e-mail: SFB496.Sekretariat@uni-muenster.de WWW: http://www.uni-muenster.de/SFB496 Sprecher: Prof. Dr. Gerd Althoff | |
Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Sonderforschungsbereiche Sonderforschungsbereich 496 "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution" Teilprojekt A4/Prof. Dr. Dr. h.c. Arnold Angenendt | ||||
Die Messe im späten Mittelalter:
Thema des Projekts ist die spätmittelalterliche Liturgie. Untersucht wird jener
Prozeß ihrer Dramatisierung und Spiritualisierung, der angesichts der vielfältigen
symbolischen Formen das ganze Potential der symbolischen, allegorischen und anagogischen
Deutung der benützten Gesten, Gebärden und Handlungen ergründen will.
Ein erster Forschungsschwerpunkt im Projekt ist die Erarbeitung eines theoretischen Zugangs
zur mittelalterlichen Liturgie im Spannungsfeld zwischen Theologie und einer
kulturanthropologisch ausgerichteten Historik. Ausgangspunkt für die
Überlegungen ist das in gängigen Handbüchern vorfindbare Urteil, das erste
christliche Jahrtausend sei ein Zeitalter der 'Objektivität' und gerade dadurch auch der
'wahren' Liturgie gewesen, wohingegen spätestens mit der Gotik eine subjektivistische
Auflösung und damit eine Verfallszeit eingesetzt habe. Dieses Deutungsschema war in
den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts in den verschiedenen Wissenschaftszweigen weit
verbreitet. Während aber heute die Geschichtsforschung fast durchgängig eine
neue und größtenteils positive Bewertung des Spätmittelalters vornimmt, gilt
diese Zeit für die Liturgie bislang weiterhin als Verfall. Auf dem Hintergrund einer
wissenschaftsgeschichtlichen Aufarbeitung ist ein neuer, interdisziplinär ausgerichteter
Zugang zu einer genetischen Kultur- und Liturgiegeschichte erschlossen worden, der auch auf
der nordwestdeutschen Liturgie-Konferenz im Mai 2000 diskutiert werden konnte.
Der Absicht, einen adäquaten Zugang zur mittelalterlichen Liturgie zu gewinnen, dient
ebenfalls eine Aufarbeitung der Patrozinienkunde und die Erprobung der gegenüber den
bisherigen Forschungsbahnen veränderten These, die Patrozinien 'hierarisch' (Salvator,
Maria, Apostel, Märtyrer und Heilige) zu interpretieren.
Das zweite Arbeitsfeld betrifft den Zusammenhang von Theorie und Praxis der Liturgie bei den
Mystikern. Eine Untersuchung der Liturgieauffassung Heinrich Seuses zeigt, daß der
heilige Raum nicht mehr nur der sakral abgesteckte und durch liturgische Weihen ausgegrenzte
Kirchenraum ist, sondern ein imaginärer Raum; Seuse besetzte den Kreuzgang seines
Klosters in der Weise mit Memorialbildern, daß er den Kreuzweg Jesu nachging und an
bestimmten Punkten die Leidensstationen Jesu imaginär miterlebte. Wie stark dieser
imaginäre Moment insgesamt wurde, zeigt auch die Meßfeier, die nicht mehr
unbedingt in kultisch zeremonieller Weise zelebriert werden mußte, sondern
imaginär geführt werden konnte und dadurch zu einem mentalen Vorgang wurde.
Im Rahmen des Projektes wird darüber hinaus auf der Grundlage bereits bestehender
Vorarbeiten an der Edition der Concordantiae caritatis des Ulrich von Lilienfeld
(Zisterzienserabt, 14. Jh.) gearbeitet.
Seit Beginn der Projektarbeit besteht eine enge Zusammenarbeit mit der unter der Leitung von
Dr. Thomas Lentes eingerichteten VW-Nachwuchsgruppe "Kulturgeschichte und Theologie des
Bildes", wo u.a. eine eingehende Untersuchung zur "Gregorsmesse" stattfindet
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter