Forschungsbericht 1997-98 | |
Institut für Forschung und Lehre für die Primarstufe
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Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Forschergruppen Institut für Forschung und Lehre für die Primarstufe Abteilung Didaktik des Sachunterrichts | ||||
Verstehendes Lernen im Vorfeld der Physik
Empirische Untersuchungen und Analysen der Richtlinien und Lehrpläne belegen
erhebliche Defizite im Bereich der elementaren naturwissenschaftlichen Bildung in der
Grundschule.
Die Gründe hierfür sind vielschichtig; neben selbst zugeschriebenen
Kompetenzdefiziten bei den vorwiegend weiblichen Grundschullehrkräften (Tenberge u.
a. 1998 in Vorb.) sind Zweifel hinsichtlich der Lern- und Denkfähigkeit von
Grundschulkindern ausschlaggebend für ein Ausklammern naturwissenschaftsbezogener
Themen aus dem Unterricht. Negative Erfahrungen mit dem sog. wissenschaftsorientierten
Grundschulunterricht in den 70er Jahren und eine Hinwendung zu reformpädagogischen
und kindorientierten Lernformen haben inzwischen in einer Reihe von Bundesländern zu
einer Elimination naturwissenschaftsbezogener Themen aus den Lehrplänen
geführt. Eine Trendwende könnte durch die Ergebnisse der TIMS-Studie eingeleitet
werden.
Das durchgeführte Forschungsprojekt setzt an dieser Problematik an und untersucht
Möglichkeiten, verstehendes Lernen mit Grundschulkindern im Vorfeld der Physik zu
entwickeln und zu erproben.
Eine systematische Wissensvermittlung i. S. einer Vorleistung für die später
einsetzenden Fächer wird allerdings dabei nicht beabsichtigt. Entscheidendes Ziel einer
elementaren naturwissenschaftlichen Bildung ist neben grundlegendem Wissen die Entwicklung
von Einstellungen, Haltungen, Denkfähigkeiten und Kompetenzerlebnissen, insbesondere
auch von Methoden des Denkens. In Bezug auf den Erwerb von Wissen geht es eher um das
gründliche Erarbeiten und Verstehen einzelner Frage- und Problemstellungen als um eine
breit angelegte, instruktive Vermittlung von Wissen.
Folgende Fragen leiteten die Untersuchung: Sind Grundschulkinder in der Lage, in
verstehensorientierten und autonomiefördernden Lernumgebungen Präkonzepte in
Richtung angemessenerer Konzepte weitgehend selbsttätig zu verändern? Welcher
Zusammenhang besteht zwischen Interventionen des Lehrers und individuellen Konstruktionen?
Welche Rolle spielen soziale, motivationale und situative Faktoren? Wie angemessen sind die
neuen Konzepte? Sind die Schüler in der Lage, die Angemessenheit der entwickelten
Konzepte überprüfen zu können? Nehmen die Schüler die neuen
Konzepte als fruchtbar wahr? Wie stabil sind die neu aufgebauten Konzepte? Hat ein klassischer
Konzeptwechsel stattgefunden? Welche Lernschwierigkeiten lassen sich beobachten? Gibt es
entwicklungsbedingte Konstruktionsprobleme?
Theoretische Grundlage des Forschungsansatzes sind konstruktivistisch orientierte Theorien
zum Wissenserwerb; auf der Basis dieser Ansätze konnte ein theoretischer Rahmen
für eine empirisch fundierte Lehr-Lernprozeßforschung entwickelt werden
(Möller 1997).
Zu folgenden Themen wurden inzwischen empirische Lehr-Lernprozeßanalysen
durchgeführt: "Wie kommt es, daß ein Flugzeug fliegt?", "Wie kommt es, daß
ein Schiff schwimmt?" und "Die Entdeckung des Vakuums".
Dazu wurden Gruppenlernprozesse in Kleingruppen audiovisuell aufgezeichnet und
vollständig transkribiert. Prä- und Postkonzepte wurden in Einzelinterviews
erhoben; um Lernerfolge ermitteln zu können, fand die Postkonzepterhebung nach drei
bzw. vier Monaten statt.
Die inhaltsanalytische Auswertung der transkribierten Protokolle erfolgte im Hinblick auf die
Adäquatheit der aufgebauten Konzepte und den Lernerfolg, im Hinblick auf
Lernschwierigkeiten, soziale Ko- Konstruktionen, auf Motivation, Interesse und
Lernzufriedenheit.
Die Ergebnisse zeigen, daß unter bestimmten, zu definierenden Bedingungen bereits
Grundschulkinder in der Lage und bereit sind, sich mit Themen im Vorfeld der Physik sachlich
angemessen und interessiert zu beschäftigen.
Das Forschungsprojekt wird fortgesetzt. Auf der Basis der Lehr-Lernprozeßanalysen
können Empfehlungen für die Gestaltung problem- und verstehensorientierter
Lehr-Lernsituationen formuliert werden, die wiederum erprobt werden sollen. Die hierzu
erforderlichen, aufwendi-gen quantitativen Untersuchungen sollen im Rahmen von
Drittmittelforschungsprojekten durchgeführt werden.
Beteiligte Wissenschaftlerin:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter