Teilprojekt A7 (Kresse/Schönherr) : Proteoglycane von Endothelzellen als Wachstumsfaktoren und
Wachtumsfaktormodulatoren
Projektleiter: | Prof. Dr. Hans Kresse, PD Dr. med. Elke Schönherr |
Dienstanschrift: | Institut für Physiologische Chemie und Pathobiochemie Waldeyerstr. 15, 48149
Münster |
Telefon: | (0251)
835 5586 |
Telefax: | (0251)
835 5596 |
E-Mail: | Kresse@uni-muenster.de, Schönherr@uni-muenster.de |
1. |
Stand der Erkenntnisse bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung (1996)
Das zentrale Thema dieses Teilprojekts ist die Untersuchung
der Bedeutung von Proteoglycanen, die bei der entzündungsbedingten Angiogenese
exprimiert werden und die die Differenzierung und Proliferation der beteiligten Zellen
beeinflussen. Ein Teilbereich des Projekts befaßt sich mit dem Colony stimulating factor-1
(CSF-1), einem Cytokin, das ursprünglich als 44-kDa-Protein beschrieben wurde, aber
auch als Proteoglycan (PG-100) gebildet werden kann. Für die
"Makrophagen-Koloniestimulierende" Wirkung ist ein 25-kDa-Fragment im N-terminalen
Bereich des Moleküls ausreichend. Die Proteoglycanform ist eine Vorstufe dieser Form
und kann durch proteolytische Spaltung in sie überführt werden. Vorversuche
haben gezeigt, daß die gereinigte Proteoglycanform von PG-100/CSF-1 aus
konditioniertem Medium von MG-63-Zellen durch Inkubation bei 37°C in eine
46-kDa-Form überführt werden kann, die eine sehr viel stärkere
"Makrophagen-Koloniestimulierende" Wirkung hat. Daraus ergab sich die Frage, wie
PG-100/CSF-1 in vitro und auch in vivo bei Entzündungen prozessiert wird. Mit Hilfe
von monoklonalen Antikörpern gegen verschiedene Bereiche des
PG-100/CSF-1-Zentralfilaments sollte die Lokalisation des intakten Moleküls und seiner
prozessierten Formen im Gewebe bestimmt werden. Der zweite Teil dieses Projekts befaßt
sich mit der Bedeutung der kleinen leucinreichen Proteoglycane Decorin und Biglycan bei der
entzündungsbedingten Angiogenese. Frühere Untersuchungen haben gezeigt,
daß pflastersteinartig wachsende Endothelzellen in Kultur Biglycan synthetisieren, und mit
Beginn des "Aussprossens" (Sprouting, ein mit der Angiogenese in Beziehung stehendes
Phänomen) exprimieren sie zusätzlich Decorin. Daher sollte untersucht werden, ob
die Expression von Decorin für die Angiogenese nötig ist und ob die Beobachtung
in Zellkultur auch in in vivo Modellen bestätigt werden kann. |
2. |
Angewandte Methoden
Zellkultur auf Plastik, auf ECM-Gel und auf/in Kollagengelen,
radiochemische und biosynthetische Markierung mit radioaktiven Isotopen, präparative
und analytische Methoden der Proteinchemie, Gelatine- und Casein-Zymographie,
immunologische und immunohistochemische Methoden, TUNEL-Assays, quantitative und
qualitative RT-PCR, Erzeugung rekombinanter Proteine mit molekularbiologischen Methoden
in Pro- und Eukaryonten, Erzeugung von rekombinanten, replikationsdefizienten Adenoviren
und Infektionen von Zellen. |
3. |
Ergebnisse und ihre Bedeutung
3.1 |
Untersuchungen zur Prozessierung von PG-100/CSF-1
Um die proteolytische Prozessezierung von PG-100/CSF-1 näher zu
charakterisieren, wurde aus konditioniertem Medium der Osteosarkom-Zellinie MG-63 die
Proteoglycanform dieses Cytokins über DEAE-Anionen-austausch- und
Jacalin-Affinitäts-Chromatographie gereinigt. Aliquots des gereinigten Proteoglycans
wurden unter sterilen Bedingungen bei 37°C 48 Stunden inkubiert und mit
Kontroll-Aliquots in der Casein-Zymographie verglichen. Die Proben zeigten unter nicht
reduzierenden Bedingungen drei caseinolytische Banden bei 25-30 kDa,
45-50 kDa und 60-70 kDa, wobei die 45-50-kDa-Bande durch Vorinkubation
angereichert werden kann und durch Präadsorbtion an immobilisierte polyklonale
Antikörper gegen PG-100/CSF-1 vermindert wird. Ebenso wird die 25-30-kDa-Bande
durch Präadsorbtion verringert. Keine dieser Proteasen kann vollständig durch
Zugabe von EDTA, Phenantrolin, NEM oder Pefablock gehemmt werden und keine dieser
Proteasen ist in der Lage, Gelatine zu spalten. Diese Ergebnisse sprechen dafür, daß
Fragmente von CSF-1 selber proteolytische Aktivität besitzen oder daß Proteasen
mit den genannten Molekulargewichten zusammen mit CSF-1 gereinigt werden und erst bei der
SDS-Polyacrylamid-Gelektrophorese unter nicht reduzierenden Bedingungen dissoziieren. Es
kann nach diesen Befunden nicht ausgeschlossen werden, daß noch weitere Proteasen
vorhanden sind, die Casein nicht spalten können. |
3.2 |
Regulation der Expression von PG-100/CSF-1 in Osteosarkomzellen und in Endothelzellen
Um zu untersuchen wie die Synthese von PG-100/CSF-1 in Osteoarkomzellen reguliert wird,
wurden diese Zellen mit verschiedenen Cytokinen inkubiert. Dabei zeigte es sich, daß
TGF-b die Expression von PG-100/CSF-1 auf mRNA- und auf
Proteine-bene hemmt. Im Gegensatz dazu stimulierte TNF-a die
Synthese von PG-100/CSF-1 auf diesen beiden Ebenen. In früheren Arbeiten wurde
immunzytochemisch gezeigt, daß nur "aktivierte" Kapillarendothelien PG-100/CSF-1
exprimieren (Bosse,A., Schwarz, K., Volmer, E., und Kresse, H. (1994) Divergent and
colocalization of the two small proteoglycans decorin and proteoglycan 100 in human skeletal
tissues and tumors. J. Histochem. Cytochem. 41: 13-19). Deshalb wurden die
Bedingungen, unter denen PG-100/CSF-1 in Endothelzellen exprimiert wird, näher
charakterisiert. Zellen der permanente Zellinie, EA.hy 926, die von
Nabelschnurvenen-Endothelzellen abstammen, wurde mit verschiedenen Cytokinen und
Wachstumsfaktoren behandelt. Dabei förderte TNF-a
dosisabhängig die Expression von PG-100/CSF-1 sowohl auf mRNA-Ebene als auch auf
Proteinebene, wobei sowohl die Proteoglycanform als auch eine prozessierte Form
(46 kDa, im SDS-PAGE unter reduzierenden Bedingungen) zunimmt. Außerdem
führte TNF-a dazu, daß die EA.hy 926 Zellen eine
spindelförmige Morphologie einnehmen und sich teilweise von der Zellkulturschale
lösen, was auch bei sprossenden Endothelzellen beobachtet wird. Bei der Behandlung von
Rinderaor-ten-Endothelzellen mit TNF-a wurde dagegen eine
Abnahme der Expression von PG-100/CSF-1 beobachtet, und die Menge der sprossenden
Endothelzellen nahm ab. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, daß die Expression von
PG-100/CSF-1 eher mit dem Phänotyp der Zellen verbunden ist als mit einem direkten
Effekt von TNF-a. Eine weitere Beobachtung, die diese
Interpretation erhärtet, ist, daß EA.hy 926 Zellen, die auf Objektträgern
kultiviert wurden, keine Immunfärbung für PG-100/CSF-1 zeigen, sprossende
Nabelschnurvenen-Endothelzellen eine sehr starke Anfärbung und
Rinderaorten-Endothelzellen eine inhomogene Färbung in bestimmten Bereichen. |
3.3 |
Wechselwirkungen von PG-100/CSF-1 mit anderen Proteinen
In verschiedenen Bindungsstudien wurde nach möglichen Liganden für die Proteoglycanform von
PG-100/CSF-1 gesucht, um diese Interaktionen in vitro und in vivo näher untersuchen zu
können. Bindungsstudien mit gereinigtem PG-100/CSF-1 und Proteinen, die durch
differentielle Extraktion aus der Plasmamembran von Hautfibroblasten und Keratinozyten
isoliert wurden, zeigten, daß in der Plasmamembran von diesen beiden Zelltypen 85-kDa-
und 30-kDa-Proteine gefunden werden, die an PG-100/CSF-1 und an sein
Gly-cosaminoglycan-freies Coreprotein binden. Diese Wechselwirkungen treten bei
physiologischer Ionenstärke auf und sind unabhängig von der Anwesenheit von
Ca2+-Ionen. Die Beziehung dieser Proteine zueinander wird derzeit untersucht, wobei wir als
Arbeitshypothese annehmen, daß das 85-kDa-Protein eine Vorstufe für das
30-kDa-Protein darstellt. Diese Proteine sind vermutlich nicht in die Signalübertragung
von PG- 100/CSF-1 involviert. Denn der 165-kDa-CSF-1-Rezeptor konnte nur in Makrophagen
gefunden werden. Die o.g. Proteine können aber dazu dienen, PG-100/CSF-1 an der
Zellmembran zu immobilisieren oder alternativ für die Endozytose des Proteoglycans
verantwortlich sein. In weiteren Untersuchungen wurde die Bin-dung von PG-100/CSF-1 an
verschiedene Typen von Kollagen näher untersucht. Dabei zeigte sich, daß PG-100
an Kollagen Typ I und V mit annähernd gleicher Affi-nität bindet und eine
stärkere Affinität zu Kollagen Typ VI hat . Im Gegensatz zu Experimenten, in
denen gezeigt wurde, daß für die Wechselwirkung mit Kollagen Typ V die
Glycosaminoglycankette nötig ist (Suzu, S., Ohtsuki, T., Makishima, M., Yanai, N.,
Kawashima, T., Nagata, N. und Motoyoshi, K. (1992) Biological activity of a proteoglycan form
of macrophage colonystimulating factor and ist binding to type V collagen. J Biol Chem
267: 16812-16815), verstärkte in unseren Untersuchungen das Entfernen der
Glycosaminoglycankette die Bindung an Kollagen. Um die einzelnen Regionen, die in vivo
für bestimmte Wechselwirkungen notwendig sind, zu bestimmen, sollten monoklonale
Antikörper gegen die verschiedenen Prozessierungsprodukte von PG-100/CSF-1
hergestellt werden. Dieser Teil des Projekts ist wegen technischer Schwierigkeiten noch nicht
abgeschlossen. Hierbei erwies sich die Herstellung rekombinanter Fragmente einzelner Bereiche
des Zentralfilaments in E. coli als zeitaufwendiger als geplant. Folgende Fragmente wurden
produziert: Fragment A: 438 bp/ Glu1-Cys146 (enthält die biologische
Aktivität), Fragment B: 564 bp/ Ser147-Ala334 (enthält die Anheftungstelle
für die Glycosaminoglycankette) und Fragment C: 360 bp/ Ala228-Thr447.
Für die Herstellung der Konstrukte wurde in zwei PCR-Schritten zuerst ein
verkürztes DNA-Fragment amplifiziert, das in den Vektor pGEM-T einkloniert wurde.
Danach wurden die Orientierung und die Sequenz überprüft. Anschließend
wurden in einer weiteren PCR Restriktionsendonuklease-Schnittstellen eingefügt, die
für die Klonierung in die Expressionsvektoren (pRSET-A oder -C) nötig waren
(Tabelle I). Dieser zweite Schritt wurde durchgeführt, um die Fragmente im richtigen
Leseraster mit einem möglichst kurzen Anteil des bakteriellen Fusionsprotein, das
für die Reinigung mit Nickel-NTA-Säulen nötig ist, in die
Expressionsvektoren einklonieren zu können. Diese Konstrukte wurden wiederum
sequenziert.
Tabelle I: Vektoren und Oligonukleotid-Primer für die Expression rekombinanter
Fragmente von PG-100/CSF-1
Fragment | Vektor | Primersequenz |
A | pGem-T | 5'-GAG GAG GTG TCG GAG TAC
TGT-3' 5'-CTA GCA TTC AGC AAA GCT GTT G-3' |
pRSET-A | 5'-GCC GCG GGA TTC GAG GAG GTG-3' 5'-GCC
GCA CTA GGA ATT CTA GCA TTC-3' |
B | pGem-T | 5'-TTC AGC CAA GAT GTG GTG
AC-3' 5'-CTA GGC TGT ACC AGT TAC ATC-3 |
pRSET-C | 5'-GCG GAA TTC TAG GCT GTA-3' 5'-CGA TTT AGA
TGA CAC TAT AG-3' |
C | pGem-T | 5'-GCA GAT GTA ACT GGT ACA
GCC-3' 5'-CTA TGT GTC AGT CAA AGG AAC G-3' |
pRSET-C | 5'-CGA TTT AGA TGA CAC TAT AG-3' 5'GCG GAA
TTC TAT GTG TCA GT-3' |
Die Proteinreinigung erfolgte anschließend unter denaturierenden Bedingungen. Das
Molekulargewicht der Proteine wurde in der SDS-Gelelektrophorese überprüft und
die Proteinfragmente wurden mit einem affinitätsgereingten polyHis-Antikörper
nachgewiesen. Zuerst wurden Mäuse nur mit den Fragmenten B und C intraperitonial
injiziert. Diese Immunisierungen wurde jeweils nach 3 Wochen wiederholt und 2 Wochen nach
jeder Immunisierung wurde das Serum auf spezifische Antikörper gegen PG-100/CSF-1
mit einem neuentwickelten ELISA-Test untersucht. Dabei zeigten die Mäuse, die mit
Fragment B immunisiert wurden, auch nach 3 Monaten keinen Antikörpertiter,
während die Mäuse, die mit Fragment C immunisiert wurden, schon nach 6
Wochen einen deutlichen Titer hatten. Die Fusion von Milzzellen, der mit Fragment C
immunisierten Mäuse, mit Plasmocytomzellen führte leider nicht zu
antikörperproduzierenden Klonen. Antikörper gegen das rekombinante Fragment
B, das für die Untersuchung der Bedeutung der Glycosaminoglycankette am wichtigsten
ist, wurden auch bei einer Wiederholung des Experiments in den Mäusen nicht gebildet.
Dies kann an einer ungenügenden Faltung des rekombinanten Fragment B liegen.
Daraufhin änderten wir unsere Strategie, weil das vorhandene polyklonale Antiserum im
ELISA nur Fragment C erkennt, und ein Antikörper, der nur Fragment A erkennt,
kommerziell verfügbar ist. So wurde für weitere Immunisierungen die aus
konditioniertem Medium der MG-63-Zellen gereinigte, native Proteoglycanform von
PG-100/CSF-1 den Mäusen injiziert. Sobald der Antikörpertiter höher als
1:30,000 war, wurden die Milz-Zellen isoliert und fusioniert. Die
Medienüberstände der Hybridomakulturen wurden nach 3 Tagen im ELISA auf
Antikörper gegen PG-100/CSF-1 getestet. Dabei waren 53 von insgesamt 1056 wells
positiv. Zehn ausgewählte antikörperproduzierende Hybridomazellkulturen wurden
subkloniert. Zur näheren Charakterisierung dieser Klone sollen jetzt die rekombinanten
Proteinfragmente in ELISAs verwendet werden. |
3.4 |
Untersuchungen zur Bedeutung von Decorin bei der Angiogenese
Die Bedeutung von Decorin bei der Angiogenese haben wir
im vergangenen Förderzeitraum intensiv untersucht. Dabei wurden verschiedene in vivo
Modelle eingesetzt: die granulomatöse Entzündung im menschlichen Darm
(Zusammenarbeit mit Dr. Schmid, Teilprojekt A8), das Angiogenese-Modell an der Cornea von
Mäusen (Zusammenarbeit mit Dr. Sunderkötter, Teilprojekt A8) und die Arteriitis
temporalis beim Menschen (Zusammenarbeit mit Dr. Hannu Järveläinen, Institut
für Biochemie, Tuku, Finnland). Dabei zeigte sich, daß Endothelzellen von
Kapillaren in entzündeten Geweben Decorin synthetisieren können. Während
ruhende Endothelzellen in größeren Gefäßen nur Biglycan, ein
verwandtes kleines, leucinreiches Proteoglycan synthetisieren. Dies wurde zusätzlich in
Zellkulturexperimenten mit Aortenendothelzellen vom Rind und auch immunhistochemisch in
der Rinderaorta sowie in menschlichem Gewebe gezeigt. Beginnen Endothelzellen aber in
Kultur zu sprossen oder in vivo neue Gefäße zu bilden, wie in den oben
beschriebenen Modellen, synthetisieren sie auch Decorin. Da humane
Nabelschnurvenen-Endothelzellen bei Kultur in serumhaltigen Medien sehr leicht angeregt
werden, auch ohne weitere Stimuli zu sprossen und Decorin zu synthetisieren, wurden EA.hy
926 Zellen in bezug auf ihre Synthese kleiner Proteoglycane näher untersucht. Diese
Zellen synthetisieren in der Kultur auf Plastikschalen kein Decorin, sondern nur Biglycan und
PG-100/CSF-1. Da bei dieser Zellinie zudem die Fähigkeit zur Angiogenese beobachtet
worden ist (Bauer, J., Margolis, M., Schreiner, C., Edgel, C.J., Azizkhan, J., Lazarowski, E., und
Juliano, R.L. (1992) In vitro model of angiogenesis using a human endotheliumderived
permanent cell line. J. Cell. Physiol. 153: 437-449), haben wir EA.hy 926 Zellen für diese
Untersuchung verwendet. Zur Untersuchung der Angiogenese wurden verschiedene
Kulturmethoden verwandt, die den in vivo Bedingungen ähnlicher sind als die Kultur im
Monolayer auf Plastikschalen: so wurden die Endothelzellen auf ECM-Gel (Sigma) oder in bzw.
auf einer dreidimensionalen Kollagen-Typ-I-Matrix, in der zusätzlich Fibroblasten aus
Rattenhaut gehalten wurden, unter serumfreien Bedingungen kultiviert. Bei der Kultur auf
ECM-Gel wurde eine netzartige Organisation der Zellen nach etwa 6 Stunden beobachtet und
nach 24 Stunden waren teilweise Lumina sichtbar. In der Kokultur von EA.hy 926 Zellen auf
bzw. in einem von Fibrolasten besiedelten Kollagengel bildeten die Endothelzellen nach 6 Tagen
Stränge und auch Hohlräume in der Matrix, die von Endothelzellen ausgekleidet
waren, und im Kollagen, das diese Stränge und Hohlräume umgibt, war humanes
Decorin immunologisch nachweisbar. Es wurde durch speziesspezifische Antikörper von
dem von Fibroblasten synthetisiertem Decorin unterschieden. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde
das Kokultur-Modell in Kollagengelen für die weiteren Untersuchungen
ausgewählt. In diesem Modell wurde dann die von den Endothelzellen exprimierte mRNA
für Decorin mit Hilfe quantitativer RT-PCR bestimmt. Hierbei wurde als interner
Standard eine in vitro transkribierte, verkürzte Form der Decorin mRNA verwendet.
Dabei zeigte es sich, daß die mRNA-Synthese von Decorin etwa 1,3 Kopien pro
Endothelzelle beträgt. Endothelzellen, die allein im Kollagengel kultiviert werden, zeigen
weder den beschriebenen angiogenetischen Phänotyp noch eine Synthese von Decorin.
Dies weist daraufhin, daß die Fibroblasten in der Lage sind, die Synthese von Decorin in
Endothelzellen auszulösen. Um zu testen, ob Wachstumsfaktoren und Cytokine, die
für ihre Wirkung bei der Angiogenese bekannt sind, eine Wirkung auf die
Decorinexpression haben, wurden basischer bzw. saurer FGF, KGF, VEGF, TNF-a, Il-1, EGF, TGFb alleine oder in
Kombinationen (VEGF/bFGF, TNF-a/TGF-b) bzw. 10% fetales Kälberserum in Kultur auf Plastik oder in
Kollagengelen, getestet. Keiner der genannten Faktoren allein oder in Kombination konnte die
Decorinsynthese induzieren. Die weitere Suche nach diesem Fibroblasten-Faktor ist ein Teil des
Antrags für die neue Förderperiode (1999-2002). |
3.5 |
Decorin und Apoptose
Die Langzeitbeobachtung der Kulturen (bis 21 Tage) zeigte, daß nach 12 Tagen
Endothelzellen, die nicht in Kokultur gehalten werden, eine Kernfragmentierung, wie sie
für die Apoptose typisch ist, zeigen. Dies wurde durch TUNEL-Assays bestätigt. So
wurden etwa 20% apoptotische Zellen in der Kokultur gefunden während in den anderen
Kulturen etwa 60% der Zellen apoptotisch waren. Um zu untersuchen, ob die Decorinexpression
ein Kausalitätsfaktor für den angiogenetischen Phänotyp und die verminderte
Apoptose ist, wurden die Endothelzellen vor der Kultur im Kollagen-gel mit einem
replikationsdefizienten Adenovirus infiziert, der die cDNA für Decorin oder ein
Kontrollgen enthielt. Dieser Virus wurde in Zusammenarbeit mit Dr. Brian C. O'Connell und Dr.
Marian. F. Young, National Institute of Dental Research, National Institutes of Health, Bethesda,
MD 20892, USA, hergestellt. Der Virus führt zu einer dosisabhängigen, transienten
Expression von Decorin, die bis zu 12 Tagen nach Infektion nachweisbar ist. Bei der
Kultivierung von Decorinexprimierenden Zellen im Kollagengel wurde der oben beschriebene,
angiogenetische Phänotyp beobachtet, und nach 12-14 Tagen in Kultur wurde eine
deutlich verminderte Apoptoserate mit etwa 30% im Vergleich zu Kontrollvirus infizierten
Zellen mit über 60% festgestellt. Eine Zugabe von gereinigtem Decorin hatte dagegen
keinen Effekt, da vermutlich das Kollagen Typ I im Gel das Decorin sofort bindet, so daß
es nicht in geeigneter Weise den Zellen präsentiert werden kann. Deshalb muß
Decorin von den Endothelzellen selber synthetisiert werden, um eine Wirkung zu haben. In
vorläufigen Experimenten wurde ein weiterer replikationsdefizienter Adenovirus
untersucht, bei dem im Decorin-Zentralfilament Glutamat 180 gegen Lysin ausgetauscht worden
ist. Dieser Austausch führt zu einem Decorin, das kaum an Kollagen-Typ-I-Fibrillen
bindet. In den Endothelzellkulturen hatte dieses mutierte Decorin die gleiche Wirkung wie
Wildtyp-Decorin, was darauf hinweist, daß die Fähigkeit, an
Kollagen-Typ-I-Fibrillen zu binden, keine Voraussetzung für die Hemmung der Apoptose
von Endothelzellen ist. Wie Decorin die Apoptose der Endothelzellen hemmt, ist nicht bekannt,
aber erste Experimente habe eine Erhöhung der Expression von p21WAF1/CIP1 gezeigt.
Ob dieses Molekül für die Wirkung von Decorin verantwortlich ist oder ob Decorin
über andere Mechanismen das Überleben der Zellen beeinflußt, muß
weiter untersucht werden. |
3.6 |
Decorin und Metalloproteinasen
Da die Expression von Metalloproteinasen essentiell für die Angiogenese ist, wurden auch einige
Metalloproteinasen (MMP-1, MMP-2, MMP-3, MMP-9, MMP-14) im Kollagengel-Modell
untersucht. Dabei zeigte sich, daß MMP-2 und MMP-9 zymographisch sowohl in
Kokulturen als auch in der Monokultur von EA.hy 926 Zellen nachweisbar sind. MMP1 war bei
Endothelzellen, die in Kokultur in Kollagengelen gehalten wurden, stärker
immunologisch nachweisbar als in Monokulturen von EA.hy 926 Zellen. MMP-2 wurde wie
MMP-1 im Medium und in den Kollagengelen gefun-den, während MMP-3 nur im
Medium nachgewiesen werden konnte. Um zu überprüfen, ob diese Befunde einen
Zusammenhang mit der Expression von Decorin haben, wurden Gele mit Endothelzellen, die mit
dem replikationsdefizientem Adenovirus mit der Decorin cDNA infiziert worden waren,
untersucht. Die Zellen in diesen Gelen zeigten eine Zunahme der mRNA für MMP-1, und
das Enzym hatte immunologisch die gleiche Verteilung wie in den Gelen aus den Kokulturen.
|
4. |
Vergleich mit Arbeiten außerhalb des Sonderforschungsbereichs
Unsere Ergebnisse über die Zunahme der "Makrophagenstimulierenden Aktivität" durch
Entfernen der Glycosaminoglycankette bzw. proteolytische Prozessierung von PG-100/CSF-1
stehen teilweise im Gegensatz zu Befunden der Arbeitsgruppe von Suzu (Suzu, S., Kimura, F.,
Ota, J., Motoyoshi, K., Itoh, T., Mishima, Y., Yamada, M. und Shimamura, S. (1997) Biological
activity of proteoglycan macrophage-colony stimulating factor. J. Immunol. 159: 1860-1867).
Diese Arbeitsgruppe fand bei der Stimulation der Koloniebildung von Makrophagen in Agar
ebenfalls eine geringere Aktivität der Proteoglycanform im Vergleich zu der prozessierten
Form, konnte die-ses Ergebnis in Zellproliferations-Assays aber nicht wiederholen, was ein
Hinweis auf Proteasen an der Oberfläche der verwendeten Zellen sein kann, die zu einer
schnellen Prozessierung der Proteoglycanform zum reifen CSF-1 führen, so daß der
Unterschied zwischen den beiden Formen im biologischen Test nicht mehr nachge-wiesen
werden kann. Von besonderer Bedeutung für die Untersuchungen über Decorin bei
der Angiogenese ist die Beschreibung einer direkten antiproliferativen Wirkung von Decorin auf
Tumorzellen (DeLuca, A., Santra, M., Baldi, A., Giordano, A, und Iozzo, R.V. (1996)
Decorin-inducced growth suppression is associated with up-regulation of p21Cip/Waf1, an
inhibitor of cyclin-dependent kinases. J. Biol. Chem. 271: 18961-18965). Hierbei wurde gezeigt,
daß die stabile Transformation von Tumorzellen mit einem Expressionsvektor mit der
Decorin cDNA zu einer Induktion von p21Cip/Waf1 führt, welche die Zellproliferation
hemmt. In folgenden Arbeiten wurde postuliert, daß eine Bindung von Decorin an den
EGF-Rezeptor zu einer Phosphorylierung dieses Rezeptors führt und über diesen
Weg die Zunahme von p21Cip/Waf1 initiiert wird (Moscatello, D.K., Santra, M., Mann, D.M.,
McQuillan, D.J., Wong, A.J., und Iozzo, R.V.(1998) Decorin suppresses tumor cell growth by
activating the epidermal growth factor receptor. J. Clin. Invest. 101: 406-412). Außerdem
wurden die Decorin(-/-)Maus (Danielson, K.G., Baribault, H., Holmes, D.F:, Graham, H.,
Kadler, K.E., und Iozzo, R.V. (1997) Targeted disruption of decorin leads to abnormal collagen
fibril morphology and skin fragility. J. Cell. Biol. 136: 729-743) und die Biglycan(-/-)Maus (Xu,
T., Bianco, P., Fisher, L.W., Longenecker, G., Smith, E., Goldstein, S., Bonadio, J., Boskey, A.,
Heegard, A,-M., Sommer, B. Satumura, K., Dominguez, P., Zhao, C., Kulkarni, A.B., Gehron
Robey, P. und Young, M.F. (1998) Targeted disruption of the biglycan gene leads to an
osteoporo-sis-like phenotype in mice. Nature Genetics 20: 78-82) beschrieben. Diese
Mäuse zeigen zwar keinen Phänotyp, der auf eine eindeutige Störung der
Angiogenese hinweist, ermöglichen aber direkte Untersuchungen in
Angiogenese-Modellen. |
5. |
Offene Fragen
Wir hoffen, daß wir noch in dieser Förderperiode geeignete
monoklonale Antikörper erhalten werden, um die geplanten Untersuchungen zur
Lokalisation einzelner PG-100/CSF-1-Formen abschließen zu können. Neue
Fragen, die sich speziell aus den Untersuchungen im Decorin-Teilprojekt ergeben haben, sind im
Fortsetzungsantrag 1999/2-2002/2 genau beschrieben und sollen in der nächsten
Förderperiode bearbeitet werden. | |
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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