Teilprojekt B3 (Bruckner-Tuderman): Entzündliche Autoimmunkrankheiten der Haut:
Molekulare
Charakterisierung des Autoantigens Kollagen XVII/BP180
Projektleiter: | Prof. Dr. med. Leena Bruckner-Tuderman |
Dienstanschrift: | Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten Von-Esmarch-Straße
56,
48149 Münster |
Telefon: | (0251)
835 6535 |
Telefax: | (0251)
835 65 34 |
E-Mail: | tuderma@uni-muenster.de |
1. |
Kenntnisstand der Forschung bei der Antragstellung
Entzündliche Autoimmunkrankheiten der Haut sind durch
Autoantikörperbildung gegen epidermale Strukturproteine gekennzeichnet.
Morphologische Merkmale der Pemphigoid-Gruppe sind Ablagerung von IgG und
Komplementfaktor C3 an der Basalmembran sowie subepidermale Spaltbildung. Klinisches
Leitsymptom ist Blasenbildung der Haut. Autoantikörper reagieren mit dem
hemidesmosomalen Kollagen XVII (früher BP180), das eine Rolle bei der
Aufrechterhaltung der Hemidesmosomen-Struktur und damit bei der
Epithelzelladhäsion
an Basalmembranen spielt. Die molekulare Struktur des Kollagen XVII wurde aus der cDNA
Sequenz hergeleitet, das Protein konnte jedoch nicht isoliert und charakterisiert werden. Die
cDNA kodierte für ein Polypeptid von etwa 1500 Aminosäuren, das
Charakteristika
eines ungewöhnlichen Transmembran-Kollagens aufwies. Mit dieser Struktur
würde Kollagen XVII ein neuartiges Adhäsionsmolekül darstellen, das die
Eigenschaften eines Zellmembranrezeptors mit denen eines extrazellulären
Matrixmoleküls kombiniert. Wir haben Kollagen XVII isoliert und charakterisiert, um
seine physiologischen Funktionen zu verstehen und um die Pathomechanismen der
entzündlichen blasen-bildenden Dermatosen abzuklären. |
2. |
Angewandte Methoden Rekombinante Kollagen XVII Fragmente wurden in
Bakterien und in einem eukaryontischen Expressionssystem hergestellt und polyklonale
Antikörper gegen diese Fragmente erzeugt. Die Antikörper wurden für
Immunpräzipitationen, -Affinitätschromatographie, -fluoreszenz, und -blotting
eingesetzt. Kollagen XVII wurde als ein natives Kollagen aus Keratinozyten mit
detergenzhaltigen Puffern extrahiert und mit proteinchemischen Methoden, z.B. limitierten
proteolytischen Verdauen und SDS-PAGE oder mit RNA Analysen mittels RT-PCR und
Northern blots charakterisiert. Ferner wurden natürlich vorkommende Kollagen XVII
Gen-Mutationen mit PCR-Amplifikation der Exone aus genomischer DNA,
Heteroduplexanalysen und DNA Sequenzierung identifiziert.
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3. |
Ergebnisse
3.1 |
Herstellung von rekombinanten Kollagen XVII Fragmenten und domänenspezifischen
Antikörpern
Für Antikörperproduktion wurden bakterielle Fusionsproteine entsprechend der
intrazellulären, NC16-a, Col-15 und der distalen C-terminalen Domäne mit
RT-PCR und kommerziellen Protein Expressions-Kits in E. Coli produziert und
affinitätsgereinigt. Kaninchen oder Hühner-Antikörper gegen diese
Fragmente funktionieren für Immunblotting und -präzipitation, der hochtitrige
NC16-a Antikörper erkennt auch native Epitope in der
Immunfluoreszenzfärbung.
Damit liegt uns ein Repertoire von domänenspezifischen Antikörpern für
die
proteinchemische Charakterisierung des Kollagen XVII vor. Für die strukturellen und
funktionellen Untersuchungen isolierter Domänen wurden diese als eukaryontische
Fragmente in humanen EBNA 293 Zellen mit dem episomalen Vektor pCEP-4 exprimiert,
jedoch erst vorläufig charakterisiert. |
3.2 |
Kollagen XVII ist ein aussergewöhnliches tripelhelikales Transmem-branprotein
Wir haben Kollagen XVII aus humaner Haut, Keratinozyten und der HaCat-Zellinie in nativer Form
isoliert und
charakterisiert. Konfluente Zellen wurden mit Askorbat inkubiert, um die Kollagensynthese
zu
induzieren und die korrekte Faltung zu fördern und mit einem 1 % NP-40
haltigen
neutralen Puffer extrahiert. In Immunoblots konnte mit allen Antikörpern eine
180kD-Bande nachgewiesen werden, die dem erwarteten Molekulargewicht einer a1(XVII)-Polypeptidkette entspricht. Es bestand kein Hinweis auf
eine
zweite a-Kette, d.h. auf ein heterotrimeres Kollagen XVII. Die
Transmembranlokalisation wurde mit Oberflächen-Biotinylierung der Zellen und
anschliessender Immunpräzipitation mit Endo- und die
Ektodomänen-Antikörpern nachgewiesen. Die Domänenstruktur wurde
mit
Hilfe von Kollagenase-, Pepsin-, Trypsin- und N-glykosidase F-Verdauungen charakterisiert.
So
wurde gezeigt, daß Kollagen XVII ein Homotrimer aus drei a-Ketten
bildet, je mit einem 65 kD intrazellulären, disulphidvernetzten
N-Terminus und einem etwa 120 kD extrazellulären, tripelhelikalen
C-Terminus.
Die in der Position Asn1421 N-glykosylierte Ektodomäne bewahrt ihre tripelhelikale
Konformation bis zu einer Temperatur von etwa 41°C, d.h. Kollagen XVII bleibt stabil
weit oberhalb der physiologischen Hauttemperatur von 32°C (Schäcke et al.
1998). |
3.3 |
"Shedding" von Kollagen XVII: eine lösliche Ektodomäne
Unerwarteterweise präzipitierten Kollagen XVII
Ektodomänen-Antikörper
ein 120 kD Protein aus Zellkulturmedium. Weil dieses nicht von den
Endodomänen-Antikörpern erkannt wurde, lag die Vermutung nahe, daß
es
sich um eine lösliche Ektodomäne des Kollagen XVII handelte. In der Tat zeigte
das 120 kD Protein alle Eigenschaften der Ektodomäne bezüglich
Protease-Suszeptibilität. Northern Hybridisierungen mit verschiedenen Kollagen XVII
cDNA-Sonden (entsprechend den 5ï, mittleren oder 3ï Anteilen) zeigten nur eine mRNA und
gaben keinen Hinweis auf alternatives Spleißen. Mutante Kollagen XVII-defiziente
Keratinozyten mit einer 2 bp Deletion im COL17A1 Gen synthetisierten weder die
180 kD noch die 120 kD Polypeptidkette. Daraus folgt, daß die
120 kD Polypeptidkette wahrscheinlich aus der 180 kD Kette durch
proteolytische
Prozessierung entsteht. Diese Hypothese wurde mit dem Einsatz eines Proteinaseinhibitors
bekräftigt. Decanoyl-RVKR-Chloromethyl Keton, ein synthetischer Inhibitor von Furin
Proprotein-Konvertasen, hemmte die Entstehung des 120 kD Polypeptids, was auf eine
Rolle Furin-vermittelter Proteolyse bei der Freisetzung der Ektodomäne hinweist.
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3.4 |
Zell- und Ligandenbindung von Kollagen XVII
Vorläufige Experimente
in Zusammenarbeit mit Dr. Monique Aumailley, Institut für Biochemie, Univ.
Köln, gaben Hinweise darauf, daß Kollagen XVII Zelladhäsion vermitteln
kann. Die eukaryontische rekombinante Col15-Domäne zeigte ß1
Integrin-vermittelte Bindungsaktivität für Wi26, A431und L132 Zellen. Aus
Beobachtungen über bullöse Dermatosen gibt es indirekte Hinweise darauf,
daß Kollagen XVII an Laminin 5 bindet. In einer Zusammenarbeit mit Dr. P.
Marinkovich, Stanford Univ., und Prof. P. Müller, Med. Univ. Lübeck, wurden
erste Anhaltspunkte für die Bindung des distalen C-Terminus der Kollagen XVII
Ektodomäne an Laminin 5 gewonnen. Zwei rekombinante Formen der
Ektodomäne
wurden verglichen, eine mit der normalen Sequenz und eine C-terminal trunkierte Form. Nur
die
normale Ektodomäne band Laminin 5 in einem Solid-Phase Assay, was auf eine
Laminin
5 Bindungsstelle im distalen C-Terminus hinweist. |
3.5 |
Autoantikörper gegen die lösliche Ektodomäne
Um die Autoimmun-Epitope zu charakterisieren und um
abzuklären, ob ein in der Literatur beschriebenes, mit Pemphigoidseren reaktives
120 kD Protein der löslichen Ektodomäne entspricht, wurden
Pemphigoid-Seren in Immunblots mit Kollagen XVII, der löslichen Ektodomäne
und mit verschiedenen rekombinanten Fragmenten analysiert. Insgesamt waren etwa die
Hälfte der Seren mit Kollagen XVII reaktiv und 75 % von diesen erkannten
auch
die lösliche Ektodomäne. Weitere Epitop-Differenzierung zeigte, daß die
Autoantikörper mehrere Subdomänen erkannten. Es vermehren sich Hinweise
darauf, daß auch das Autoantigen der linearen IgA Dermatose, LAD-1, mit der
löslichen Ektodomäne von Kollagen XVII homolog ist. Dr. P. Marinkovich,
Stanford Univ., untersuchte Hautbiopsien von unseren EB Patienten und zeigte, daß bei
allen Kollagen XVII-negativen Patienten (Kollagen XVII Null-Mutationen) auch die LAD-1
IF-Färbung negativ war. In Zusammenarbeit mit Dr. D. Zillikens, Univ.-Hautklinik
Würzburg, wurde gezeigt, daß IgA Autoantikörper Kollagen XVII, die
lösliche Ektodomäne und die NC16a-Domäne erkannten . Diese Daten
sind
noch vorläufig, aber die Vermutung liegt nahe, daß die Autoantigene beim
bullösen Pemphigoid und bei der linearen IgA Dermatose identisch sind, wobei die
IgA
Antikörper fast auschließlich die lösliche Ektodomäne
erkennen. |
3.6 |
Natürlich vorkommende Mutationen im COL17A1 Gen
Strukturelle oder funktionelle Abnormitäten von Kollagen XVII führen zur Trennung
des Epithels
von der Basalmembran. Dies kann indirekt nicht nur bei den erworbenen
Pemphigoid-Erkrankungen gezeigt werden, sondern auch bei einer hereditären
blasenbildenden Hautkrankheit, der junktionalen Epidermolysis bullosa (JEB). Wir haben bei
11 JEB Patienten homozygote oder compound heterozygote Mutationen des Kollagen
XVII-Gens (COL17A1) definiert und gezeigt, daß verschiedene JEB Subtypen durch
unterschiedliche Mutationen (missense vs. nonsense) bedingt sind. Parallel wurden
Keratinozytenkulturen aus der Patientenhaut angesetzt, um eine Quelle für die
mutanten
Proteine zu erhalten. Die meisten Probanden hatten Nonsense-Mutationen, die zur mRNA
Degradation und zum Fehlen des Proteins führten. Die Keratinozyten mit der Mutation
520del AG->PTC waren nützlich für die Klärung des "Sheddings" und
sind
für zukünftige Zelladhäsionsstudien als "Negativkontrollen" geeignet.
Für weitere funktionelle Studien werden die Mutanten mit
Aminosäuresubstitutionen R1303Q und G1322S besonders interessant sein.
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4. |
Vergleiche mit Arbeiten außerhalb des Sonderforschungsbereiches
Der wichtigste neue Befund, der auch viel internationales Interesse geweckt hat, war die
Identifizierung der
löslichen Ektodomäne. Dies ist ein erstes Beispiel von "Shedding" eines Kollagens. So
ist Kollagen
XVII nicht nur ein
außergewöhnliches Transmembrankollagen, sondern auch das erste Kollagen mit
einer spezifisch prozessierten löslichen Kurzform. Inzwischen gibt es schon erste
Anhaltspunkte für das Shedding vom Kollagen XIII, einem anderen
Transmembrankollagen; möglicherweise handelt es sich um einen generellen
Regulationsmechanismus der Zelladhäsion. Die Funktionen und die physiologische
Bedeutung des Kollagen-Sheddings müssen aber noch geklärt werden. Die
Autoantigenität der löslichen Ektodomäne wie auch die
molekulargenetischen Befunde über COL17A1 Mutationen als Ursache von mehreren
JEB Subtypen fanden ebenfalls internationales Interesse. Diese Befunde wurden an den
Gordon
Conferenzen für Basalmembranen und für Kollagene/strukturelle
Makromoleküle als Vorträge präsentiert und haben dazu beigetragen,
daß die Antragstellerin als Vicechair- und Chairperson für die nächsten
Basalmembran-Gordon Conferenzen gewählt wurde. |
5. |
Offene Fragen Die oben beschriebenen Befunde haben neue offene
Fragen hervorgebracht. In der Zukunft wollen wir die proteolytische Freisetzung der
Ektodomäne, ihre physiologische Rolle, und die Regulation untersuchen.
Vorläufige Experimente zeigten, daß die lösliche Ektodomäne als
Autoantigen eine Rolle spielt, möglicherweise werden beim Shedding auch Neoepitope
generiert. Über Ligand-Interaktionen von Kollagen XVII ist wenig bekannt. Bei der
Abklärung von Kollagen XVII Bindungspartner und -Funktionen werden weitere
natürlich vorkommende Kollagen XVII Mutanten wertvoll sein. Von diesen
Untersuchungen erwarten wir neue Information über die Biologie des Kollagen XVII
und
über die molekularen Entzündungsmechanismen bei bullösen
Autoimmundermatosen. Diese Kenntnisse legen eine Basis für Entwicklung neuartiger
Therapieansätze für entzündliche Autoimmunerkrankungen und für
Epithelialisations- und Wundheilungsstörungen im allgemeinen. |
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Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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