Forschungsbericht 1997-98   
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Direktor: Prof. Dr. med. Gerd Assmann, FRCP

 
 
 
[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Zentrallaboratorium
Kardiovaskuläre Risikofaktoren, Prof. Dr. med. Gerd Assmann (Leiter), PD Dr. med. Arnold von Eckardstein, PD Dr. med. Paul Cullen
 


Die "Prospektive Cardiovaskuläre Münster (PROCAM)" Studie an über 33.000 Probanden (Primärprävention)

Wesentliche Ergebnisse der PROCAM-Studie waren in der Vergangenheit die Klärung der Bedeutung von HDL-Cholesterin, den Triglyzeriden, der Lipid Triad (hohes LDL-Cholesterin, niedriges HDL-Cholesterin und erhöhte Triglyzeride) und den Gerinnungsfaktoren Fibrinogen und Faktor VII als Risikofaktoren für die KHK bei Männern im mittleren Lebensalter. Es wurde ein Algorithmus zur Erkennung von KHK- Risikopatienten entwickelt (Hochrisiko-Strategie, im Internet verfügbar unter: http://www.chd-taskforce.com).

In den vergangenen beiden Jahren stand in der PROCAM-Studie die Auswertung des 8-jährigen Follow-up im Vordergrund. Dabei wurden die Endpunkte koronares Ereignis, Schlaganfall und Gesamtmortalität ausgewertet.

Als zusätzlicher Risikofaktor für eine KHK konnte das Lipoprotein(a) statistisch gesichert werden.

Die Gesamtsterblichkeit zeigte zu den stetigen Risikofaktoren meist einen "J"-förmigen Zusammenhang, besonders ausgeprägt für Gesamt- und LDL-Cholesterin und für das relative Körpergewicht. Der Anstieg der Mortalität bei niedrigen Werten für Gesamt- und LDL-Cholesterin sowie für den Body Mass Index konnte durch vermehrte Krebstodesfälle bei Rauchern erklärt werden.

Erstmals reichte die Zahl der beobachteten Fälle, um die Bedeutung von Risikofaktoren für einen Schlaganfall zu untersuchen. Dabei erwiesen sich Lebensalter, erhöhter gemes- sener Blutdruck, anamnestischer Hypertonus, relatives Körpergewicht, Zigarettenkonsum und Gesamtcholesterin als statistisch signifikante Risikofaktoren. Ein bestehender Diabetes mellitus und die familiäre Belastung für einen Schlaganfall waren grenzwertig signifikant. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, daß der Algorithmus zur Abschätzung des KHK-Risikos eine hohe Voraussagekraft für die Prädiktion des Schlaganfalls hat. Die beobachteten Inzidenzraten für eine KHK und einen Schlaganfall in Abhängigkeit von dem nach dem PROCAM-Algorithmus berechneten KHK-Risiko verlief weitgehend parallel, allerdings auf unterschiedlichem Niveau. Es kann somit postuliert werden, daß das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko durch einen Algorithmus prognostiziert werden kann.

Um zu untersuchen, inwieweit die Ergebnisse der PROCAM-Studie auf die Gesamt- bevölkerung übertragen werden können, wurden die Gesamtsterblichkeit mit den Angaben des Statistischen Bundesamtes und die Inzidenz der KHK sowie die Prävalenz von Risikofaktoren mit den Daten der populationsbezogenen Kohorte der MONICA Studie in Augsburg verglichen. Die beobachtete Zahl der Todesfälle in der PROCAM- Studie lag 30% niedriger als - unter Berücksichtigung des Alters und der Nachbeobachtungszeit - nach den offiziellen Statistiken zu erwarten war, aber nur 10% niedriger als in der MONICA Kohorte, in der die Todesfälle aus dem WHO Register übernommen werden. Als Erklärung kommen deshalb neben einem "healthy worker effect" und der Tatsache, daß in PROCAM Personen nach Herzinfarkt oder Schlaganfall von der Untersuchung ausgeschlossen wurden, auch methodische Unterschiede in Frage (aus einem Register übernommene beziehungsweise in einer prospektiven Studie ermittelte Todesfälle). Dagegen stimmten die Inzidenzraten und die relativen Risiken für die Risikofaktoren in den beiden Kohorten sehr gut überein. Auch der PROCAM- Algorithmus zur Abschätzung des KHK-Risikos sagte die beobachteten KHK-Inzidenzen in der MONICA-Kohorte sehr gut voraus. Der Vergleich der PROCAM- und MONICA- Kohorten und die Auswertung der Schlaganfälle in der PROCAM-Studie wurden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin durchgeführt.

Zur Verbesserung der Prädiktion wurden auch Verfahren der künstlichen Intelligenz (Analyse mittels neuronaler Netze) eingesetzt. Erste Ergebnisse zeigen, daß dieses Verfahren der üblicherweise angewandten multiplen logistischen Funktionsanalyse bezüglich der Erkennung von Hochrisikopatienten überlegen ist.

Weiterhin wurden die erzielten Erkenntnisse in praktische Anleitungen für die Ärzteschaft umgesetzt. Dabei stand im Vordergrund, daß zur Beurteilung des koronaren Risikos kein Risikofaktor isoliert betrachtet werden darf, sondern die gesamte klinische Situation, das sogenannte "globale Risiko", des Patienten berücksichtigt werden muß. Vom "International Task Force for Prevention of CHD" wurden unter Berücksichtigung der Ergebnisse der PROCAM-Studie neue Empfehlungen erarbeitet, die zur Zeit weltweit an die Ärzteschaft verteilt werden und im Internet (http://www.chd-taskforce.com) abgerufen werden können. Unter dieser Internet-Adresse können Ärzte das globale Risiko ihrer Patienten mittels des PROCAM-Algorithmus berechnen. Ferner stehen Disketten mit einer englischen oder deutschen Version des PROCAM-Algorithmus zur Verfügung.

Drittmittelgeber:

LVA Westfalen, LVA Rheinprovinz, Industrie

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. G. Assmann, PD Dr. P. Cullen, PD Dr. A. von Eckardstein, Dr. P.H. Epping, PD Dr. H. Funke, Dr. R. Junker, Dr. H. Schulte (Leiter)

Veröffentlichungen:

Cullen, P., H. Schulte, G. Assmann: The Münster Heart Study (PROCAM) " Total Mortality is increased at low total and LDL-cholesterol concentrations in smokers but not in nonsmokers. Circulation 1997;96:2128-2136.

Junker, R., J. Heinrich, H. Schulte, J. van de Loo, G. Assmann: Coagulation factor VII and the risk of coronary heart disease in healthy men. Arteriscler Thromb Vasc Biol 1997;17:1539-1544.

Bänsch, D., A. Dierkes-Kersting, H. Schulte, G. Assmann, A. von Eckardstein: Basal growth hormone levels are positively correlated with high-density lipoprotein cholesterol levels in women. Metabolism 1997;46:1039-1043.

Cullen, P., H. Funke, H. Schulte, G. Assmann: Lipoproteins and cardiovascular risk-from genetics to CHD prevention. J Atheroscler Thromb 1997; 4(2):51-58.

Assmann, G., H. Schulte, P. Cullen: New and classical risk factors - the Münster Heart Study (PROCAM), Eur J Med Res 1997,2:237-242

Assmann, G., P. Cullen, H. Schulte: Pravastatin and coronary heart disease. Circulation 1998; 98:2933-2934.

Berger, K., H. Schulte, F. Stögbauer, G. Assmann: Incidence and risk factors for stroke in an occupational cohort: The PROCAM study. Stroke 1998; 29:1562-1566.

Junker, R., J. Heinrich, H. Schulte, M. Erren, G. Assmann: Hemostasis in normotensive and hypertensive men: results of the PROCAM study. J Hypertension 1998; 16:917-923.

Cullen, P., H. Schulte, G. Assmann: Smoking, lipoproteins and coronary heart disease risk: data from the Münster Heart Study (PROCAM). Eur Heart J 1998;19:1632-1641.

Assmann, G., P. Cullen, H. Schulte: The Münster Heart Study (PROCAM) Results of follow-up at 8 years. Eur Heart J 1998; 19:A2-A11.

Cullen, P., H. Funke, H. Schulte, G. Assmann: Lipoproteins and cardiovascular risk - from genetics to CHD prevention. Eur Heart J 1998; 19:C5-C11.

Assmann, G., H. Schulte, H. Funke, A. von Eckardstein: The emergence of triglycerides as a significant independent risk factor in coronary artery disease. Eur Heart J 1998; 19:M8-M14.

von Eckardstein, A., H. Schulte, G. Assmann: Increased risk of myocardial infarction in men both with hypertriglyceridemia and elevated HDL-cholesterol. Circulation 1999; 99;1925

Schulte, H., P. Cullen, G. Assmann: Obesity, mortality and cardiovascular disease in the Münster Heart Study (PROCAM). Atherosclerosis 1999; 144:199-209.

Hergenc, G., H. Schulte, G. Assmann, A. von Eckardstein: Associations of obesity markers, insulin, and sex hormones with HDL-cholesterol levels in Turkish and German individuals. Atherosclerosis 1999; 145:147-156

Bobak, M., H.W. Hense, J. Kark, B. Kuch, P. Vojtisek, R. Sinnreich, J. Gostomzyk, M. Bui, A. von Eckardstein, R. Junker, M. Fobker, H. Schulte, G. Assmann, M. Marmot: An ecological study of determinants of coronary heart disease rates: a comparison of Czech, Bavarian and Israeli men. Inter J Epidem 1999; 28: 437-444.

Assmann, G., P. Cullen, A. von Eckardstein, H. Funke, H. Schulte: The importance of triglycerides as a significant risk factor. Eur Heart J 1999; 1: J7-J11.

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2000-05-09