Susanne K. Paas

Betreuer: Prof. Haferkamp


Titel der Dissertation:

Walter Wilburg und die Geschichte des beweglichen Systems


Kurzbeschreibung:

In der Dissertation über „Walter Wilburg und die Geschichte des beweglichen Systems“ sollen die Vorgänger sowie die Rezeption eines der wirkmächtigsten wissenschaftlichen Konzepte der Jurisprudenz und seines Erfinders analysiert werden. Dafür werden die gesamten zugänglichen gedruckten und ungedruckten Schriften Wilburgs sowie das biographische Material ausgewertet und kontextualisiert. Angestrebt ist weniger eine klassische Werkbiographie als eine Analyse der Diskussionszusammenhänge. Dass Walter Wilburgs Person und seine Arbeiten Desiderat sind, ist insoweit überraschend als Wilburg zu den einflussreichsten österreichischen Zivilrechtslehrern zählt. 1905 in Graz geboren, 1991 dort gestorben, hat Wilburg bis auf eine Grand Tour und einen längeren Aufenthalt im Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin unter Ernst Rabel immer in Österreich gelebt und war dort in Graz als Professor tätig. Er hat eine große Schülerschaft um sich geschart (u.a. Franz Bydlinski, Bernd Schilcher, Helmut Koziol). Dies hat die Adaption seiner Idee beeinflusst. Wilburg hat zeitlebens engen Kontakt nach Deutschland gepflegt. Als einer der wenigen österreichischen Juristen hatte er beispielsweise Einfluss in der Akademie für Deutsches Recht. Bekannt geworden ist Wilburg mit seinen Überlegungen zur Eingriffs- und Leistungskondition sowie zur Vorteilsanrechnung. Am bekanntesten ist aber sein Konzept des beweglichen Systems. Kern dieser Überlegung ist es, dass die unbedingte Ausrichtung auf ein beherrschendes Prinzip in Teilen des Zivilrechts (beispielsweise das Verursachungsprinzip im Haftungsrecht) ersetzt wird durch ein Zusammenspiel organisch wirkender Kräfte bzw., mit Wilburg, Elemente. Diese Elemente, die Wilburg aus den Grundideen des Rechtes, welche nicht in jedem Fall identisch mit dem gesetzgeberischen Willen sind, entnimmt, soll der Richter abwägen und so im Einzelfall zu einer gerechten Lösung kommen. 1941 zuerst von Wilburg publiziert, wird noch heute darauf in geltend rechtlichen Arbeiten rekurriert. Kritisiert von Esser, aufgegriffen von Canaris, von Viehweg als topisch gekennzeichnet, von Larenz als einer der ersten Konzepte der Wertungsjurisprudenz klassifiziert, wirft eine Untersuchung der methodisch einfach gehaltenen, aber wirkmächtigen Idee auch Scheinwerfer auf allgemeinere methodische Entwicklung der jüngeren Zeit.