Sascha Braun (Münster)

Betreuer: Prof. Oestmann


Titel der Dissertation:

Die bergrechtliche Gewerkschaft nach dem Allgemeinen Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865 – Eine rechtshistorische Untersuchung der zeitgenössischen Gestaltungspraxis


Kurzbeschreibung:

Die bergrechtliche Gewerkschaft, kurz vor ihrer Abschaffung durch das Bundesberggesetz von 1982 in Teilen des Schrifttums noch als das „wohl traditionsreichste Rechtsinstitut des deutschen Gesellschaftsrechts“ bezeichnet, konnte auf eine gut 800-jährige Geschichte zurückblicken. Erstmalig erwähnt in den Bergrechten des Hochmittelalters fand sie in der darauffolgenden Zeit Eingang in die Bergordnungen des Spätmittelalters und schließlich in die Berggesetze des 19. Jahrhunderts. Aus der Vielzahl dieser einzelstaatlichen Berggesetze nahm das Allgemeine Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865 eine herausgehobene Stellung ein. Es diente nicht nur als Vorbild für andere zeitgenössische Bergrechtskodifikationen und galt in der Mehrzahl der bedeutendsten deutschen Reviere, sondern überdauerte als Landesrecht in einigen Bundesländer, etwa in Nordrhein-Westfalen, auch bis ins späte 20. Jahrhundert. War das Gewerkschaftsrecht zu Beginn noch wesentlich durch den Zusammenschluss tätiger Bergleute geprägt, nahm im Laufe der Zeit die finanzielle Beteiligung an dem betriebenen Bergbauunternehmen eine immer entscheidendere Rolle ein, worauf auch das Gewerkschaftsrecht reagierte. Die bergrechtliche Gewerkschaft, so wie sie durch das preußische Berggesetz kodifiziert wurde, hatte sich letztlich in eine kapitalakkumulierende, rechtsfähige Personenvereinigung gewandelt, deren Anteile (die sog. Kuxe) zeitweise sogar börslich gehandelt wurden. Die hierdurch entstandene Komplexität der rechtlichen Beziehungen, gepaart mit der dispositiven Ausgestaltung einzelner gewerkschaftsrechtlicher Normen, führte zu einem vermehrten Bedürfnis nach rechtsgeschäftlicher Regelung der korporationsrechtlichen Verhältnisse. Eine nennenswerte rechtshistorische Auseinandersetzung mit den infolgedessen gewählten rechtsgeschäftlichen Gestaltungen hat bisher allerdings noch nicht stattgefunden. Diese Forschungslücke soll durch die Arbeit geschlossen werden. Beabsichtigt ist, die archivierten Geschäftsunterlagen, insbesondere Statuten und Beschlüsse, einer Vielzahl von Berggewerkschaften auszuwerten, gängige Gestaltungen darzustellen und die hinter ihrer Wahl stehende Motivation anhand der rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten der zweiten Hälfte des 19. und des 20. Jahrhunderts zu erklären, um so das Wechselspiel zwischen normativem Denken des Staates in Bezug auf das Gewerkschaftsrecht und der Reaktion der Rechtsunterworfenen zu ergründen. So soll ein Beitrag zum besseren Verständnis der gesellschaftsrechtlichen Rechtswirklichkeit der damaligen Zeit geleistet werden.