Antonia Wolf

Betreuer: Prof. Oestmann


Titel der Dissertation:

Der konkursbeendende Zwangsvergleich unter der (Reichs-)Konkursordnung


Kurzbeschreibung:

Ist ein Schuldner insolvent, eröffnet das Konkurs- oder Insolvenzrecht seinen Gläubigern die Möglichkeit, das verbliebene Schuldnervermögen in einem geordneten Verfahren zu liquidieren und zu verteilen. Als Alternative zu diesem Regelverfahren mit Vorgaben etwa zur Vermögensverteilung sahen und sehen viele Konkursrechte einen Zwangsvergleich vor. So auch die von 1879 bis 1975 (DDR) und 1998 (BRD) geltende Reichskonkursordnung (§§ 160–187 KO 1879, §§ 173–201 KO 1898).
Im Zwangsvergleich konnte der Schuldner eine vom Regelverfahren abweichende Befriedigung der Gläubiger vorschlagen. Stimmte eine Mehrheit der Gläubiger dafür, waren auch die dissentierenden Gläubiger an den Vergleich gebunden. Die Reichskonkursordnung von 1879 sah diese Möglichkeit vor, weil ähnliche Regelungen in Frankreich und Preußen sehr erfolgreich gewesen waren. So verweist die Gesetzesbegründung auf Statistiken einzelner preußischer Gerichte, nach denen etwa ein Drittel der dortigen Konkursverfahren mittels eines Zwangsvergleichs („Akkord“) beendet worden waren.
Die Quote der Zwangsvergleiche lag wohl nach Inkrafttreten der Konkursordnung 1879 zunächst recht stabil bei etwa 25–30%, fiel dann aber in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dramatisch ab, bis auf ca. 1% in den 80er Jahren. Auch das „Nachfolgemodell“, der Insolvenzplan (§§ 217–269 Insolvenzordnung), konnte bisher den früheren Erfolg des Zwangsvergleichs nicht wiederholen: Derzeit enden etwa 1–2% aller Insolvenzen mit einem Insolvenzplan oder Schuldenbereinigungsplan.
In meiner Arbeit gehe ich der Frage nach, warum der Zwangsvergleich in den letzten Jahrzehnten so drastisch an Popularität verloren hat. In der rechtswissenschaftlichen Diskussion werden hierfür verschiedene Gründe erwogen. Als wesentlich wird angesehen, dass in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Zahl der masselosen Konkurse zugenommen hat. Daneben wird spekuliert, dass auch die (masseabhängige) Vergütung des Insolvenzverwalters, sein Haftungsrisiko sowie seine Vergütung eine Rolle spielen könnten. Ich untersuche diese Thesen mittels Vergleich der jeweils geltenden einschlägigen Regelungen und Analyse der dazu vorhandenen Daten. Zusätzlich werte ich Konkursakten aus den Beständen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen dahingehend aus, ob sich aus ihnen zur Fragestellung neue Erkenntnisse gewinnen lassen. Schließlich möchte ich den Versuch unternehmen, eigene Thesen zur Fragestellung aufzustellen und zu prüfen.