Ann-Christin Kreuznacht (Münster)

Betreuer: Prof. Oestmann


Titel der Dissertation:

Wertzerschlagende Liquidation oder Unternehmenssanierung in der Konkursordnung von 1877: Der Zwangsvergleich als Sanierungsinstrument? – Eine rechtshistorische
Untersuchung zur Konkurspraxis in Westfalen


Kurzbeschreibung:

Die Konzeption der Konkursordnung von 1877, welche als erste gesamtdeutsche Konkursgesetzgebung am 01.10.1879 in Kraft trat, ist Gegenstand einer bis heute andauernden Diskussion. Es stellt sich die Frage, ob der historische Gesetzgeber der Konkursordnung mit dem Zwangsvergleich eine unternehmenserhaltende Sanierung als wesentliche Säule etablieren wollte oder ob die Versilberung des Vermögens und die Verteilung der Erlöse unter den Gläubigern im Vordergrund sah. Mit dem Abschluss eines Zwangsvergleiches hatte der Schuldner die Möglichkeit, einer Nachhaftung nach Ende des Konkurses für nicht voll beglichene Forderungen gem. § 152 KO (1877) zu entgehen. Dieses konnte eine Chance eröffnen, die schuldnerische Vermögenssphäre zu restrukturieren und ein Unternehmen zu erhalten.

In dieser Dissertation soll die Konzeption der Konkursordnung, insbesondere die des Zwangsvergleichs, im Hinblick auf eine mögliche Sanierungsfeindlichkeit untersucht werden. Wurde die wertzerschlagende Liquidation – trotz Einführung des Zwangsvergleiches verbunden mit dem Ausschluss einer Nachhaftung nach § 152 KO – gleichwohl als die grundsätzlich richtige und vom Gesetzgeber präferierte Lösung zur Abwicklung des Konkurses gesehen? War die Struktur des Verfahrens des Zwangsvergleiches so beschaffen, dass dieser als Instrument der Sanierung praktisch keine Bedeutung besaß? Neben den Gesetzgebungsmaterialien zur Konkursordnung von 1877 sollen die bisher nicht ausgewerteten Konkursaktenbestände des Landesarchivs NRW am Standort Münster einbezogen werden. Diese sollen Aufschluss darüber geben, wie sich die Konkurspraxis in den Regierungsbezirken Münster und Arnsberg in der Geltungsphase der Konkursordnung von 1877 in Bezug auf die zuvor aufgeworfenen Fragen zur Verfahrensbeendigung entwickelte.