Alte Buchschätze für Kultur und Forschung
Besucher in Ordenstracht sind eher seltene Gäste in der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB). Am Mittwoch, den 13. Januar 2010, aber begrüßte Dr. Klaus Hilgemann, stellvertretender Direktor der ULB, den Guardian des Kapuzinerklosters Münster und Mitglied der Provinzialleitung des Ordens, Pater Richard Dutkowiak, in seinem Büro zur Unterzeichnung eines so genannten Depositumvertrages zwischen dem Ordenshaus und der Bibliothek.
Knapp 7.000 alte Bücher aus den Klosterbibliotheken Münster, Werne und Koblenz sind Gegenstand der Übereinkunft - darunter 96 Inkunabeln, das heißt, alte Drucke aus der Zeit bis 1530. Sie werden als Leihgabe mindestens für die nächsten dreißig Jahre ihre neue Heimstatt in den Sondermagazinen der ULB finden. Neben der Aufbewahrung und Erhaltung der Bücher erschließt die ULB die Bestände auch nach geltenden Regeln, so dass sie über die Recherche in Katalogen auch für die Forschung zugänglich sind. Eine Auswahl der Bücher soll zudem auch elektronisch verfügbar gemacht werden.
Die Werke der Kapuzinerbibliothek spiegeln das Bildungsinteresse und den Bildungshorizont der Kapuziner wider. „Ihr Denken und Spiritualität der Kapuziner lässt sich gut aus diesen Büchern herleiten", meint Reinhard Feldmann, Leiter des Dezernats Historische Bestände in der ULB. Insbesondere für interdisziplinäre Studien sieht der Buch-Experte Feldmann im Bestand der Kapuzinerbibliotheken wertvolle Quellen - zum Beispiel für die Forscher am Exzellenzcluster „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne".
Unter den Werken befindet sich eine Abhandlung über die Tibetische Mission aus dem Jahr 1740 ebenso wie ein Psalter in sieben verschiedenen Sprachen mit Kommentar von 1516 zur wissenschaftlichen Arbeit und eine Kirchengeschichte aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, der durch einen besonders schönen Holzdeckeleinband aus der Renaissancezeit auffällt. Ein Buch von Dionysius von Luxemburg (1652 - 1702), einem herausragenden Predigern der rheinischen Kapuzinerprovinz, fällt nicht nur durch seine bemerkenswerte äußere Ausstattung auf. Drastisch werden hier in deutlichen Worten die Strafen für Verfehlungen aufgezeigt: „Wilstu ohn Todes Schrecken leben, Dich keinem Laster thu ergeben".
Mit der Übergabe der alten Bücher schafft die Kapuzinerbibliothek in Münster Platz für neue Literatur und gibt zugleich ihren Altbestand in erfahrene Hände. Tatsächlich sind für die Arbeitsstelle „Historische Bestände in Westfalen" (HBW) an der ULB Münster ein Großteil der aus Münster stammenden Bände schon alte Bekannte. Als sie ihre Arbeit Ende 1990 aufnahm, gehörten diese Bücher zu den ersten Objekten, die betreut wurden. Die HBW ist eine zentrale Anlaufstelle für alte Bücher in der Region der Regierungsbezirke Münster, Detmold und Arnsberg. Ziel ist, den hier besonders ausgeprägten Streubesitz in verschiedenen kleinen Pfarr-, Kloster- und Privatbibliotheken durch Erschließung für die Forschung verfügbar zu machen und Unterstützung zu leisten bei der Bestandserhaltung und Restaurierung.