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Münster (upm/kk)
Prof. Dr. Michael Krüger<address>© Privat</address>
Prof. Dr. Michael Krüger
© Privat

Internationaler Sporthistoriker-Kongress erstmals in Münster

"Die Sportgeschichte ist in vielen Ländern inzwischen eine wichtige Teildisziplin der Geschichtswissenschaft"

Der Jahreskongress der „International Society for the History of Physical Education and Sport“ (ISHPES) findet vom 18. bis 21. Juli erstmals in Münster statt. Das Organisationsteam um Prof. Dr. Michael Krüger vom Arbeitsbereich Sportpädagogik und Sportgeschichte des Instituts für Sportwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) richtet die Tagung aus. Zu der Veranstaltung mit dem Titel „Sport for All – History of a Vision Around the World“ erwarten die Gastgeber im Franz-Hitze-Haus rund 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der ganzen Welt. Kathrin Kottke sprach vor Kongress-Beginn mit Michael Krüger über die Ziele und Herausforderungen der Sportgeschichte.

Gibt es ein zentrales und damit besonders wichtiges Kongress-Thema?

„Sport for All“ ist die englische Bezeichnung für den Breitensport. Seine historische Erforschung in den unterschiedlichen Ausprägungen in den verschiedenen Ländern und Kontinenten ist das Schwerpunktthema des Kongresses. Der Weltverband für den Breitensport TAFISA (The Association For International Sport for All) ist Partner des Kongresses. Die Sportgeschichte ist inzwischen zu einem wichtigen Zweig der Geschichtswissenschaften geworden – vor allem im angelsächsischen Sprach- und Kulturraum sowie in Asien, insbesondere Japan, Süd-Korea und China. Auch in vielen europäischen und afrikanischen Ländern gehört die Geschichte von Bewegung, Spiel und Sport zu einem selbstverständlichen Feld akademischer Forschung. Leider sind wir in Deutschland noch nicht ganz so weit - beispielsweise gibt es keine einzige Professur für Sportgeschichte.

Warum findet die Sportgeschichte in der deutschen Forschungslandschaft wenig Anerkennung?

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Gründe liegen wohl im Habitus und in der Struktur der Geschichtswissenschaft an deutschen Universitäten. Es hat aber auch damit zu tun, dass etwa in den USA und Großbritannien der Sport ein selbstverständlicher und anerkannter Teil der bildungsrelevanten Kultur ist. Das ist in Deutschland nicht im selben Maße der Fall. Aber auch hier beschäftigen sich inzwischen viele Professoren und Wissenschaftler in den Geschichts-, Sozial- und Kulturwissenschaften mit Sport im weitesten Sinne. Unsere Abteilung für Sportpädagogik und Sportgeschichte ist ein Beispiel dafür. Wir sind der einzige universitäre Standort in Deutschland, an dem systematisch Sportgeschichte betrieben wird. Außerdem gibt es zahlreiche Sportmuseen und Sportarchive sowie lokale und regionale Zentren und außeruniversitäre Institute für Sportgeschichte, die sich mit der Geschichte des Sports im Alltag der Menschen befassen.

Kann oder soll der Kongress dabei helfen, den Stellenwert der Sportgeschichte vor allem in Deutschland zu verbessern?

Der Kongress ist eine Art Weltmesse für sporthistorische Forschung. Das wissenschaftliche Komitee hat rund 150 Beiträge akzeptiert. Hier zeigt sich ein sehr buntes Bild unterschiedlicher Themen und wissenschaftlicher Ansätze: Vom Gesundheitssport über Fußball und Kampfsport bis zu den Olympischen Spielen. Aber auch über Medien, Fans, den Körper und die Geschichte verschiedener Sportarten und Bewegungskulturen wird referiert und diskutiert. Von der Vielfalt an Beiträgen profitiert die Sportgeschichte in Deutschland ungemein. Die Produktion an wissenschaftlicher Literatur zur Sportgeschichte in Büchern und Fachzeitschriften ist beachtlich und braucht sich gegenüber anderen Zweigen der Geschichtswissenschaften nicht zu verstecken. Wir würden uns freuen, wenn als zentrales Ergebnis des Kongresses festgehalten wird, dass die etablierte Geschichtswissenschaft in Deutschland diese Teildisziplin angemessener und differenzierter zur Kenntnis nimmt, als es bis jetzt der Fall ist.

Welche Höhepunkte erwarten die Teilnehmer?

Der Kongress wird von zwei exzellenten Hauptrednern eröffnet. Zunächst referiert Prof. Dr. Gigliola Gori von der Universität Urbino in Italien über „Sporting Propaganda in Visual Arts under the Fascist Regime“. Den zweiten Hauptvortrag hält der Historiker Prof. Dr. Matti Goksøyr von der Norwegischen Sporthochschule in Oslo. Er spricht über die Rolle des Sports vor dem und während des Zweiten Weltkriegs. Ein weiteres Highlight ist das Runde-Tisch-Gespräch zur Fußballgeschichte, das der Fußballhistoriker Prof. Dr. Alan McDougall von der University of Guelph in Kanada leiten wird. Einen wissenschaftlich-fachlichen Höhepunkt wird am letzten Kongresstag geboten, wenn der Historiker Prof. Dr. Christopher Young aus Cambridge über „Sport and the Media in Interwar Germany” referieren wird.

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