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Münster (upm/ja/kn)

Historiker diskutieren über "Gespaltene Gesellschaften"

Motto und Programm des Historikertags vom 25. bis 28. September stehen fest / Bundestagspräsident Schäuble eröffnet Kongress

"Gespaltene Gesellschaften": Unter diesem Motto ist Münster – unter örtlicher Federführung der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) – vom 25. bis 28. September zum zweiten Mal Gastgeber des Historikertags. Alle zwei Jahre richtet der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD) als Hauptveranstalter des größten geisteswissenschaftlichen Kongresses in Europa den Blick auf die Geschichtswissenschaft und deren Antwort auf gesellschaftliche Fragestellungen.

Das Leitthema sei heute brisanter denn je, sagte der Sprecher des Organisationskomitees der WWU, Althistoriker Prof. Dr. Peter Funke, bei der Programmvorstellung am Mittwoch: "Das ist nicht nur etwas für Politikwissenschaftler. Wir nehmen die historische Tiefendimension von gesellschaftlichen Spaltungen in den Blick."

Der 52. Historikertag, zu dem rund 3500 Forscher aus dem In- und Ausland erwartet werden und der erstmals alle Informationen auch per App vermitteln wird, wählte als Partnerland die Niederlande. Die Veranstaltung wird daher von zwei Repräsentanten der Politik eröffnet: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und Khadija Arib, Vorsitzende der Zweiten Kammer des niederländischen Parlaments. Im Anschluss ist ein Empfang mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet geplant.

Ohnehin bestehen enge Verbindungen zwischen Münster und den Niederlanden. Nicht nur, dass mit dem „Friede von Münster“ 1648 die Geburt der Niederlande einherging - es existieren seitdem vielfältige kulturelle und wissenschaftliche Beziehungen, die weiter vertieft werden sollen. Schließlich beherbergt das Haus der Niederlande drei WWU-Einrichtungen, die sich mit dem Nachbarland beschäftigen: das Zentrum für Niederlande-Studien, das Institut für Niederländische Philologie (INP) sowie eine Bibliothek, die über die größte Sammlung von niederländischsprachiger Literatur und von Veröffentlichungen über die Niederlande in Deutschland verfügt.

 

INTERVIEW MIT WWU-HISTORIKER PROF. DR. PETER FUNKE

Prof. Dr. Peter Funke<address>© Exzellenzcluster Religion und Politik / Julia Holtkötter</address>
Prof. Dr. Peter Funke
© Exzellenzcluster Religion und Politik / Julia Holtkötter
Im Gespräch mit Kathrin Nolte äußert sich der Sprecher des Organisationskomitees, der WWU-Historiker Prof. Dr. Peter Funke, zur Bedeutung und den Herausforderungen, eine solch große Tagung vor der eigenen Haustür zu bewerkstelligen.

Das Partnerland des diesjährigen Historikertages sind die Niederlande. Warum fiel die Wahl auf das Nachbarland Deutschlands?

Mit der Wahl der Niederlande als Partnerland würdigt der Historikertag die vielfältigen kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu seinem Nachbarn. Da die Stadt Münster und ihre Universität eine herausgehobene Stellung in diesen bilateralen Beziehungen einnehmen, lag die Wahl dieses Partnerlandes auf der Hand. Sind doch mit dem an der WWU angesiedelten Zentrum für Niederlandestudien und dem Institut für Niederländische Philologie sowie dem "Fachinformationsdienst Benelux" der Universitäts- und Landesbibliothek zentrale Einrichtungen in Münster präsent, die eine feste Brücke zwischen beiden Ländern bilden; und wir hoffen sehr, dass der Historikertag einen weiteren Impuls zur Vertiefung der wissenschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern geben wird. Wir freuen uns jedenfalls, dass eine Reihe von Wissenschaftlern mit Vorträgen und Diskussionsbeiträgen am Kongress teilnehmen werden. Im LWL-Museum für Kunst und Kultur wird es zudem einen Begegnungsort, den "Marktplatz", geben, an dem niederländische Institutionen vor allem aus dem Bereich der Geschichtswissenschaften ihre Arbeit vorstellen.

Ein Kongress mit 3.500 erwarteten Besuchern ist für die WWU nichts Alltägliches. Vor welchen Herausforderungen steht Ihr Organisationsteam?

Die Organisation eines derart großen Kongresses bedeutet eine sehr große logistische Herausforderung, die nur durch die großzügige Unterstützung der WWU, der Stadt Münster, des Landes Nordrhein-Westfalen, des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe sowie zahlreicher Förderinstitutionen zu meistern ist. Glücklicherweise verfügt die Universität über eine ausreichend große Hörsaalkapazität, sodass die fast 100 Sektionen und Podiumsdiskussionen allesamt in den nah beieinanderliegenden Gebäuden zwischen Domplatz und Schlossplatz durchgeführt werden können. Diese Eingebundenheit in die Stadt wird sicherlich zu einer guten Tagungsatmosphäre beitragen und auch das Stadtbild prägen. Schwieriger gestaltete sich die Unterbringung der stets parallel zum Historikertag stattfindenden Fachbuchausstellung, die ebenso wie der Kongress die größte ihrer Art für die Geisteswissenschaften in Europa ist. Konnte man früher die Hörsaalgebäude dafür nutzen, bedarf es nun aus Brandschutzgründen der sehr kostenträchtigen Errichtung einer über 1.000 Quadratmeter großen "Zeltstadt" zwischen den Veranstaltungsgebäuden. Aber auch dieses Problem ist mittlerweile gelöst. Nun stehen uns in den kommenden Monaten noch zahllose Detailarbeiten bevor – von Sicherheitsvorkehrungen bis hin zur Schulung der mehr als 100 Hilfskräfte –, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.

Worauf freuen Sie sich besonders?

Das Thema des Historikertags "Gespaltene Gesellschaften" ist hochaktuell und verspricht spannende und perspektivreiche Debatten. Ich freue mich aber auch auf das Rahmenprogramm. Schon mit der Eröffnungsveranstaltung, an der auch nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet, der die Schirmherrschaft des Historikertages übernommen hat, und die Präsidentin der Zweiten Kammer des Niederländischen Parlaments, Khadija Arib, teilnehmen werden, wird mit der Festrede des Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble ein besonderer Akzent gesetzt. Vielversprechend sind aber auch die Festveranstaltung in der Überwasserkirche, bei der der Direktor des Deutschen Literaturarchivs Marbach, Ulrich Raulff, über "Einsamkeit und Freiheit" sprechen wird, und der Schlussvortrag im Rathausfestsaal, in dem der Historiker Ibram X. Kendi (Washington, DC) über den Rassismus in Amerika sprechen wird. Kurzum – ich freue mich auf einen inhaltlich spannungsreichen und spannenden Historikertag, der nach 36 Jahren zum zweiten Mal in der mehr als 100-jährigen Geschichte der deutschen Historikertage in Münster stattfinden wird.

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