|
Münster (upm)
Weihnachten am Südpol© Johannes Werthebach
Fotos

Zehn Minuten unter der heißen Dusche als Weihnachtsgeschenk

Ein kleiner Einblick in das südlichste Weihnachtsfest der Welt

Wenn es einen Ort auf der Welt gibt, an dem man sich um weiße Weihnachten keine Sorgen zu machen braucht, dann ist es der Südpol. Das gilt übrigens auch für Neujahr, Ostern, Mittsommer und Oktoberfest. Hier liegt immer Schnee - und der wird auch genutzt, zum Beispiel für die alljährliche Rodelpartie am Weihnachtsabend.

Weihnachten am Südpol läuft etwas anders ab als sonst irgendwo auf der Welt. Die Bewohner der Amundson-Scott-Südpolstation dürfen zum Beispiel wegen der Brandgefahr keine Kerzen anzünden. Auch ein echter Weihnachtsbaum ist leider verboten, also muss die Plastikvariante herhalten - geschmückt mit allem, was man hier so findet: Kantinenbesteck, Gummihandschuhe, Schraubenzieher, aber auch aller möglicher anderer Kleinkram, den Generationen von Stationsbewohnern von Saison zu Saison hier angeschwemmt haben. Die größte Herausforderung sind allerdings die Weihnachtsgeschenke der lieben Familie, die es auf dem Postweg hierher schaffen müssen. Das wechselhafte antarktische Wetter kann die Ankunft eines Flugzeuges manchmal um mehrere Wochen verzögern; darüber hinaus haben Weihnachtsgeschenke nicht gerade die höchste Priorität im Frachtraum. Die selbstgebackenen Plätzchen meiner Mutter sind jetzt seit sechs Wochen unterwegs.

Trotz alledem sind die Feiertage hier ein Erlebnis, das einen fast vergessen lässt, wie gerne man Weihnachten im Kreis seiner Lieben zuhause feiern würde. Das Highlight der Festivitäten ist, neben dem grandiosen Weihnachtsmahl, das "Race around the World": 2,27 Meilen durch alle Zeitzonen der Erde; zu Fuß, auf Skiern, mit selbstgebasteltem Schlitten oder im Häschenkostüm. Auf die Gewinner wartet ein besonderer Preis: Zehn zusätzliche Minuten unter der heißen Dusche, aufzubrauchen wann immer es einem beliebt. Klingt nach dem blödesten Weihnachtsgeschenk der Welt? Wenn man nur zweimal in der Woche für zwei Minuten duschen darf (das ist hier die Regel, um Wasser zu sparen), dann sind zehn Duschminuten Gold wert. Kann man auch auf dem antarktischen Schwarzmarkt gegen Süßkram eintauschen.

Wer es besinnlich haben will, der begibt sich am ersten Weihnachtstag in die Kommandozentrale der Station. Dort werden zusammen mit der Küstenstation McMurdo und einigen Außenposten fröhlich Weihnachtslieder geträllert - übers Satellitenfunkgerät.

In diesem Sinne wünsche ich ein gutes neues Jahr und sende liebste Grüße an alle Angehörigen der WWU Münster vom kältesten, abgelegensten und meiner Ansicht nach schönsten Ort der Welt.

Raffaela Busse

Links zu dieser Meldung