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Münster (web)
Bis 1968 trugen der Rektor und die Professoren bei der offiziellen Amtsübergabe Talare.<address>© Universitätsarchiv Münster, Bestand 68, Nr. 204</address>
Bis 1968 trugen der Rektor und die Professoren bei der offiziellen Amtsübergabe Talare.
© Universitätsarchiv Münster, Bestand 68, Nr. 204

Weg mit den alten Zöpfen

Rektoratswahlen an der Universität Münster im Wandel der Zeit

Man spürte eine gewisse Anspannung in der Schloss-Aula, als Prof. Georg Peters am 7. April 2016 pünktlich um 10 Uhr als Vorsitzender die Hochschulwahlversammlung eröffnete. Aus guten Gründen: Nach der zehnjährigen Amtszeit von Prof. Ursula Nelles hatte sich das Gremium eingefunden, um einen Nachfolger zu bestimmen. Ein spannender Moment. Noch dazu nach einem Verfahren, das es bis dato noch nie gegeben hatte – die Rektoratswahl erfolgte erstmals nach dem neuen, 2014 verabschiedeten nordrhein-westfälischen Hochschulzukunftsgesetz durch die „Hochschulwahlversammlung“. An diesen Besonderheiten gemessen, ging die Veranstaltung erstens zügig und zweitens unspektakulär über die Bühne: Nach rund einer Stunde stand fest, dass der Kernphysiker Prof. Johannes Wessels ab dem 1. Oktober die WWU leiten und lenken wird.

So weit, so schlicht. Der eigentliche Rektoratswechsel fiel allerdings deutlich glanzvoller aus. Bei der offiziellen Amtsübergabe am 6. Oktober überreichte Ursula Nelles ihrem Nachfolger die Amtskette – ein wahrlich feierlicher Moment. Das Schmuckstück stammt aus dem Jahr 1832, in dem König Friedrich Wilhelm III. von Preußen neue Statuten für die damalige „Königliche Lehranstalt Münster“ erließ. „Er [der Rektor] hat den Titel: Magnificenz und trägt als Abzeichen eine goldene Kette mit Unserem Bildnisse“, legte der Regent fest. Wer nun denkt, dass die Kette angesichts der Bedeutung des Amtes entsprechend schwer und aus Edelmetall ist, der liegt falsch. Der Herrscher war ein Sparfuchs und ließ sie lediglich vergolden. Mehr Prunk gibt es heute nicht mehr, verglichen mit vergangenen Rektoratsübergaben.

Bis Ende der 1960er-Jahre stand das Zeremoniell unter pompöseren Vorzeichen. Bei einer öffentlichen Veranstaltung zog der amtierende Rektor mit seinem Nachfolger, allen Professoren und Gästen in den Festsaal ein. Die Reihenfolge war genau vorgeschrieben, und keiner durfte aus der Reihe tanzen. Als feierliche Geste kleidete der Altrektor nach seinem Bericht den neuen Mann an der Spitze der Universität mit der Amtstracht – ein purpurroter Talar aus Samt mit einer ins Auge stechenden Goldstickerei – ein und übergab ihm die Amtskette.

Mit der Verfassung von 1970 wurde die Nutzung der Talare weitgehend abgeschafft. Wie die Wahl 1970, bei der Prof. Werner Knopp zum Rektor gewählt wurde, fielen ab dann auch die offiziellen Feierlichkeiten schlichter aus.<address>© Christoph Preker, S/W-Labor Münster</address>
Mit der Verfassung von 1970 wurde die Nutzung der Talare weitgehend abgeschafft. Wie die Wahl 1970, bei der Prof. Werner Knopp zum Rektor gewählt wurde, fielen ab dann auch die offiziellen Feierlichkeiten schlichter aus.
© Christoph Preker, S/W-Labor Münster
Dieser schwor einen Eid und erhielt symbolisch einen Schlüssel von seinem Vorgänger mit den Worten: „Da Du nun das Purpurgewand umgelegt und das Rektorat vereidigt übernommen hast, übergebe ich, der Prorektor, den Schlüssel der Universität in Deine Hände.“

Mit dieser Formel, die auf lateinisch vorgetragen wurde, endete die Übergabe der Amtsgeschäfte. Kulisse des Festaktes waren nicht immer die Universitätsgebäude. 1964 war das öffentliche Interesse so groß, dass man ins Große Haus des Stadttheaters auswich. Mit der Verfassung von 1970, die im Wesentlichen den anhaltenden Studentenprotesten geschuldet war, wurden die Talare eingemottet. Frei nach der Redensart „Weg mit den alten Zöpfen“ änderten sich Strukturen und Traditionen der Universität grundlegend. Heute werden die Talare nur noch selten getragen, zum Beispiel wenn es im Ausland erwünscht ist.

Kathrin Nolte

 

Dieser Artikel stammt aus der Universitätszeitung "wissen|leben" Nr. 6, 12. Oktober 2016.

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