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Münster (upm/ja)
Zum jüdischen Friedhof an der Einsteinstraße verfasste das Seminar für Exegese des Alten Testaments der Universität Münster eine Dokumentation.© WWU - Seminar für Exegese des Alten Testaments
Fotos

Jüdische Geschichte Münsters erlebbar

Dokumentation zum jüdischen Friedhof freigeschaltet / Seminar für Exegese des Alten Testaments forschte

Der mehr als 200 Jahre alte jüdische Friedhof an der Einsteinstraße in Münster ist ein zentraler Ort jüdischer Präsenz in der Stadt. Im Unterschied zu vielen anderen Gemeinden und Städten in Deutschland gab es lange keine vollständige Dokumentation über das Kulturdenkmal. Nun ist die neue Internetpräsenz www.juedischer-friedhof-muenster.de  freigeschaltet – erstellt vom Seminar für Exegese des Alten Testaments der Universität Münster in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde. Damit wird ein Stück jüdischer Geschichte der Stadt für Interessierte weltweit erlebbar. Den Startschuss gaben am Dienstagabend (24. März) alle Projektbeteiligten.

In jahrelanger Arbeit erstellten Wissenschaftler des Seminars der Katholisch-Theologischen Fakultät die Dokumentation. Auf der Internetseite sind Fotos, Abschriften und Übersetzungen von einem Großteil der rund 400 Grabdenkmäler einsehbar und recherchierbar. Verknüpft ist alles mit Informationen des biografischen Lexikons "Jüdische Familien in Münster 1918 - 1945". Die Grabsteine, Inschriften und Gestaltungen des ab 1812 genutzten Friedhofs sind aber auch ein wertvoller Spiegel deutsch-jüdischer Kultur- und Sozialgeschichte. Die Aufnahme der hebräischen und deutschen Inschriften der Grabdenkmäler ist dabei zentral, um die historisch wertvollen Angaben zu sichern.

Beim Festakt zur Freischaltung der Internet-Version der Dokumentation am Dienstagabend (24. März) in der Jüdischen Gemeinde Münster waren unter anderem dabei: Festredner Prof. Dr. Frowald Gil Hüttenmeister (2. v. l.), der Gemeindevorsitzende der Jüdischen Gemeinde Münster, Sharon Fehr (2. v. r.), Prof. Dr. Marie-Theres Wacker (3. v. r.).<address>© WWU - Juliane Albrecht</address>
Beim Festakt zur Freischaltung der Internet-Version der Dokumentation am Dienstagabend (24. März) in der Jüdischen Gemeinde Münster waren unter anderem dabei: Festredner Prof. Dr. Frowald Gil Hüttenmeister (2. v. l.), der Gemeindevorsitzende der Jüdischen Gemeinde Münster, Sharon Fehr (2. v. r.), Prof. Dr. Marie-Theres Wacker (3. v. r.).
© WWU - Juliane Albrecht
Mit der Universität der Stadt ist der Friedhof vor allem über zwei Persönlichkeiten verbunden. Mit Bernhard Brilling (1906-1987) fand ein Wissenschaftler seine letzte Ruhe auf dem Friedhof, der über lange Jahre hinweg am Institutum Iudaicum der Evangelisch-Theologischen Fakultät lehrte und forschte. Der ebenfalls dort begrabene Alexander Haindorf (1784-1862) war ein weit über Münster hinaus bekannter Mediziner, dem eine universitäre Laufbahn mehrmals, unter anderem auch in Münster, aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Judentum verweigert wurde.

Das Projekt hat nicht von ungefähr seinen Ort an einer Theologischen Fakultät. Die Grabstein-Inschriften enthalten teilweise Rückbezüge auf Themen oder Formeln der hebräischen Bibel, des christlichen Alten Testaments, und sind damit ein Beispiel biblischer Wirkungsgeschichte. Zudem spiegeln die Inschriften ein ganzes Spektrum jüdischer Identität zwischen Traditionsgebundenheit und Assimilation an die christliche Mehrheitsgesellschaft und führen damit zu einem zentralen Thema jüdisch-deutscher Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.

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