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Münster (upm/bhe).
Prof. Dr. Christine Thomas vom Institut für Geophysik (l.) stellt zusammen mit einer Doktorandin aus Bristol eine Messstation in Marokko auf.<address>© WWU - Institut für Geophysik</address>
Prof. Dr. Christine Thomas vom Institut für Geophysik (l.) stellt zusammen mit einer Doktorandin aus Bristol eine Messstation in Marokko auf.
© WWU - Institut für Geophysik

„Wir verstehen das Innere unserer Erde immer noch nicht gut“

100 Jahre Gesellschaft für Geophysik: Christine Thomas über ihre Forschung und den Tag der offenen Tür

Die Forschung von Prof. Dr. Christine Thomas vom Institut für Geophysik der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster geht in die Tiefe – buchstäblich, denn sie und ihre Fachkollegen untersuchen das Innere der Erde. Warum es wichtig ist, sich damit zu beschäftigen, und welches Programm alle Gäste am Tag der offenen Tür am 20. September erwartet, erläutert die Wissenschaftlerin im Gespräch mit Brigitte Heeke.

Wenn ich jetzt frage, ob Sie Steine klopfen, ist unser Interview direkt beendet, stimmt’s?

Genau, denn wir sind Geophysiker und keine Geologen. Wir erforschen mit physikalischen Methoden das Erdinnere. So richtig tief können wir ja nicht in die Erde hineinschauen, Bohrungen gehen derzeit maximal bis zehn, zwölf Kilometer runter.

Ist das nicht schon sehr tief?

Überhaupt nicht. Die Erde hat einen Durchmesser von fast 13.000 Kilometern. Da sind zwölf Kilometer gerade mal so, als würden Sie bei einem Apfel an der Schale kratzen. In den tiefsten Bohrlöchern herrschen bereits lebensfeindliche Temperaturen und Drücke. Viel weiter herunter geht es also in absehbarer Zeit nicht. Es lohnt sich aber, weiter hinein zu forschen, denn wir verstehen das Innere unserer Erde immer noch nicht gut. Mit seismischen Methoden lassen sich beispielsweise seismische Wellen messen, die tief in die Erde eingedrungen sind und Informationen aus tiefen Schichten zur Oberfläche bringen. Das trägt zu unserem Verständnis über den Aufbau der Erde und die Bewegung der Materialien im Erdinneren und dem Phänomen der Kontinentalverschiebung und Plattentektonik bei. Die Plattentektonik gestaltet und bestimmt unsere Landschaften und Lebensbedingungen entscheidend mit. Die Seismologie hilft auch dabei, Erdbeben und Vulkanausbrüche zu verstehen und die Risiken dieser Naturgefahren abzuschätzen.

Die Deutsche Gesellschaft für Geophysik blickt in diesem Jahr auf ihr 100-jähriges Bestehen zurück. Welche Bedeutung hat Ihre Forschung heute?

Prof. Dr. Christine Thomas vom Institut für Geophysik<address>© privat</address>
Prof. Dr. Christine Thomas vom Institut für Geophysik
© privat
Geophysiker untersuchen beispielsweise das Vorkommen begehrter Rohstoffe. Was künftig spannend wird, ist die Suche nach Wasser. Die Untersuchung von Prozessen und Strukturen in der tiefen Erde hilft, unseren Planeten besser zu verstehen. Zum Beispiel untersuchen Geophysiker die Veränderung des Erdmagnetfeldes, die Bildung von Gebirgen oder Vulkanen. Wir untersuchen aber auch archäologische Stätten, denn mit geophysikalischen Methoden kann man Artefakte sehen, ohne zu bohren oder zu graben. Unsere Erkenntnisse helfen zudem, Kampfmittel im Boden zu erkennen und zu räumen. Wer sich sein Bild von der Themenvielfalt in unserem Fach machen möchte, ist beim Tag der offenen Tür in der Geophysik willkommen. Die seismologische Fachöffentlichkeit ist vom 25. bis 29. September in Münster zu Gast. Bei dem bundesweiten Treffen sprechen wir unter anderem über Erdbeben an Vulkanen, Eisbeben in Antarktika, Seismologie in der Eifel und sogar auf dem Mars.

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