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Münster (upm/kk)
<address>© Grafik: Lorelyn Medina - stock.adobe.com</address>
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Logisches Denken fördern

Alexander Best untersuchte in seiner Promotion, was sich Grundschullehrer unter Informatik vorstellen

Eine sprechende Puppe, ein ferngesteuertes Rennauto oder ein Walkie-Talkie: Kinder kommen oft schon sehr früh mit informatischen Strukturen und Prozessen in Kontakt – der Bezug zur Informatik ist für sie natürlich nicht erkennbar. Diese Lücke sollte schon im Primarbereich berücksichtigt werden, um die Kinder auf eine digitalisierte Gesellschaft vorzubereiten, fordert die Gesellschaft für Informatik und Wissenschaftler der WWU. „Informatik fördert das logische und strukturierte Denken und befähigt nicht nur zur Nutzung, sondern auch zur Gestaltung von Informatiksystemen. Vor allem Lehrkräfte benötigen entsprechende Kompetenzen und Qualifikationen, um informatische Bildung in der Grundschule erfolgreich umzusetzen“, sagt Alexander Best, der in seiner Dissertation am Arbeitsbereich Didaktik der Informatik erstmals die Vorstellungen von Grundschullehrkräften zur Informatik sowie zum Informatikunterricht untersucht hat.

In Deutschland gibt es keine curricularen Vorgaben, informatische Bildung in den Grundschulunterricht zu integrieren. Während in weiterführenden Schulen Informatik als Schulfach mit ausgebildeten Fachlehrkräften fest verankert ist, gilt das Fachlehrkraftprinzip für den Primarbereich nicht. „Umso wichtiger ist es, dass Lehrer eine richtige Vorstellung davon haben, was Informatik ist und leistet. Diese Vorstellung ist in ihren Köpfen unterschiedlich verankert und wurde während der eigenen Schulzeit, Freizeit, im Studium oder im beruflichen Umfeld geprägt“, erklärt Alexander Best. Demnach fühlen sich Lehrer aufgrund ihrer biografischen Zugänge Informatik-Insidern oder -Outsidern zugehörig.

Die Analysen basieren auf zehn Interviews mit Lehrkräften und haben vier Sichtweisen identifiziert: eine mathematische, mediengeprägte, gesellschaftliche und gestaltungsgeprägte. Die mediengeprägte Sichtweise ist vor allem mit der reinen Nutzung von Informatiksystemen, zum Beispiel einem Tablet oder Smart-Board, assoziiert – das informatische Fachwissen ist kaum vorhanden. Im Gegensatz dazu stellen die mathematische und gestaltungsgeprägte Sichtweisen einen fachlichen Zugang zu informatischer Bildung dar. Dabei ist zu differenzieren, dass die mathematische Sichtweise die Formalisierung von Rechenvorschriften, wie der Addition oder Subtraktion in Form eines programmierten Taschenrechners, auf Informatiksystemen versteht.

Die gestaltungsgeprägte Sichtweise verbindet hingegen die kreative Gestaltung eines eigenen Informatiksystems, zum Beispiel in Form eines Spiels, mit Informatik. Bei der gesellschaftlichen Sichtweise setzen sich die Lehrkräfte intensiv mit der Auswirkung, dem Nutzen und den Gefahren von Informatiksystemen auseinander – beispielsweise die Bedeutung von automatisierten Kassensystemen.

In den letzten Jahren meldeten sich immer mehr Politiker und Praktiker mit der Forderung zu Wort, Kinder frühzeitig mit Informatik in Berührung zu bringen. In Nordrhein-Westfalen existiert seit 2019 ein überarbeiteter Medienkompetenzrahmen, der sich mit der Entwicklung eines sicheren, kreativen und verantwortungsvollen Umgangs mit digitalen Medien beschäftigt. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings liegt der Fokus auf der Medienbildung. Aspekte der Informatik sind nur rudimentär vertreten“, erläutert Prof. Dr. Marco Thomas vom Institut für Didaktik der Mathematik und Informatik der WWU.

Die Wissenschaftler orientieren sich daher an den Kompetenzen für informatische Bildung im Primarbereich der Gesellschaft für Informatik, an denen auch mehrere Grundschullehrkräfte mitgewirkt haben. „Die Verzahnung von Theorie und Praxis ist ein wichtiger Ansatz. So können Herausforderungen, aber auch Chancen für informatische Bildung gemeinsam in den Blick genommen werden. Für die Praxis gilt es, auf Basis des theoretischen Hintergrundes Konzepte zu entwickeln, die Informatik nicht als zusätzliche Belastung, sondern als integrativen Bestandteil einer Bildung unter den Bedingungen der Digitalisierung zu verstehen“, sagt Katja Möhring, Lehrerin an der St. Martini Grundschule Greven und Medienberaterin im Kompetenzteam des Kreises Steinfurt.

Alexander Best untersuchte in seiner Dissertation die Vorstellungen von Grundschullehrkräften zur Informatik sowie zum Informatikunterricht.<address>© privat</address>
Alexander Best untersuchte in seiner Dissertation die Vorstellungen von Grundschullehrkräften zur Informatik sowie zum Informatikunterricht.
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Die Identifizierung der Sichtweisen schafft passgenaue Angebote für Lehrkräfte und Studierende. Erste Ergebnisse wurden beispielsweise in die WWU-Ringvorlesung „Digitalisierung in Schule und Hochschule“ integriert – die Erkenntnisse flossen zudem in das Grundschullehramts-Seminar „Digitale Medien und informatische Bildung im Mathematikunterricht“ ein. Im Mittelpunkt sollte dabei die Vermittlung informatischer Kompetenzen von Schülern stehen, die eine Grundvoraussetzung für eine aktive, selbstbestimmte und soziale Teilhabe an einer digitalen Welt und erforderlich für einen erfolgreichen Bildungsweg sind.

Autorin: Kathrin Kottke

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 5, 15. Juli 2020.

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