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Münster (upm/kk)
<address>© Brasilien-Zentrum</address>
© Brasilien-Zentrum

Brasilien-Zentrum feiert zehnjähriges Jubiläum

Höhepunkte und Ausblicke einer langjährigen strategischen Partnerschaft

Seit mehr als 50 Jahren kooperiert die WWU mit Hochschulen im rund 9.000 Kilometer entfernten Brasilien – längst hat sie sich deutschlandweit zu einer Universität mit besonders vielfältigen und intensiven Kontakten nach Brasilien entwickelt. Mit der Zeit wuchs eine strategische Partnerschaft, aus der vor exakt zehn Jahren, im Juni 2010, schließlich das Brasilien-Zentrum entstand. „Es war an der Zeit, unsere Brasilien-Aktivitäten in Forschung, Lehre und Studium sowie Transfer zu bündeln und Beratungs- und Unterstützungsangebote zu professionalisieren“, blickt der wissenschaftliche Leiter des Zentrums, Prof. Dr. Bernd Hellingrath, auf die Gründung zurück.

Zu den zentralen Aufgaben des Brasilien-Zentrums gehören der Empfang und die Beratung von Wissenschaftlern und Studierenden, sowohl aus der WWU als auch aus brasilianischen Institutionen, sowie die Koordinierung und Begleitung brasilianischer Wissenschaftlerdelegationen und individuelle Besuche. Seit 2012 unterhält die WWU ein Verbindungsbüro in São Paulo, um die Kontaktpflege vor Ort auszubauen. „Für die Brasilianer ist der persönliche Kontakt sehr wichtig, um Vertrauen zu schaffen“, sagt die gebürtige Brasilianerin Anja Grecko Lorenz, die lange das Verbindungsbüro geleitet hat und seit zwei Jahren Geschäftsführerin des Brasilien-Zen-trums in Münster ist.

Ein Höhepunkt der vergangenen zehn Jahre war die Einrichtung des „Brazil-Chair“ im Jahr 2012. „Mit der wechselnden Gastprofessur kommen exzellente Wissenschaftler aus Brasilien zu uns. Oft ergeben sich daraus dauerhafte Kooperationen, von denen die wissenschaftliche Qualität unserer Forschung sehr profitiert und die neue Forschungsvorhaben ermöglichen“, erklärt Bernd Hellingrath, der vor allem die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Brasilianer schätzt.

Besondere Forschungsnetzwerke entstanden mithilfe des Brasilien-Zentrums zwischen der WWU und der Universität São Paulo (USP), beispielsweise auf dem Gebiet der Naturstoffchemie, in dem die Wissenschaftler an neuen Naturstoffen gegen sogenannte vernachlässigte Krankheiten forschen. Weitere Kooperationen bestehen auf dem interdisziplinären Gebiet „Städte und Klima“, das inhaltlich von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät federführend koordiniert und vom Brasilien-Zentrum administrativ geleitet wird. In diesem Themenfeld treffen sich in zahlreichen Workshops und anderen Formaten Wissenschaftler beider Universitäten zum intensiven Austausch und arbeiten gemeinsam an einer Vielzahl von Forschungsfragen. Viele weitere Fachbereiche und Institute an der WWU arbeiten eng mit ihren brasilianischen Kollegen zusammen, unter anderem die Wirtschaftsinformatiker, die Landschaftsökologen und die Musikhochschule.

Trotz der angespannten politischen Situation unter der Führung von Präsident Jair Bolsonaro hält das Brasilien-Zentrum an der Zusammenarbeit fest. „Natürlich stellen die finanziellen Kürzungen in der Wissenschaft ein Problem dar, die bereits 2014 aufgrund der wirtschaftlichen Rezession in Brasilien einsetzten. Aber der vereinigte Widerstand wissenschaftlicher Interessensvertretungen konnte Schlimmeres verhindern“, erklärt Anja Grecko Lorenz, die die Proteste teilweise vor Ort erlebte. Die aktuelle Corona-Pandemie bedeutet zusätzliche Hürden für die Kooperation, und gegenseitige Besuche bleiben vorerst aus, sodass auch hier wie überall an der WWU auf digitale Kommunikationsmedien zurückgegriffen wird.

In den kommenden Monaten arbeiten Bernd Hellingrath und sein Team an einer Evaluation der bisherigen Arbeit. „Wir möchten die Ausrichtung des Brasilien-Zentrums neugestalten. Dazu gehört unter anderem der Kooperationsausbau mit weiteren Ländern in Südamerika – eine Reihe von Kontakten bestehen unter anderem bereits mit Argentinien“, kündigt er an. Darüber hinaus arbeiten er und sein Team an einem Rahmenabkommen mit der USP, um für alle Fachbereiche der WWU eine Doppelpromotion zu ermöglichen. „Das hat viele Vorteile für die wissenschaftlichen Nachwuchskräfte. Sie gewinnen sehr gute Fremdsprachenkenntnisse sowie einen weiten Einblick in die unterschiedlichen Forschungs- und Lebensumfelder in Brasilien und Deutschland“, ergänzt der Wirtschaftsinformatiker.

Die Jubiläumsfeier wurde aufgrund der Corona-Pandemie ins Jahr 2021 verlegt.

 

 

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 4, 17. Juni 2020.

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