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Münster (upm/kk)
Dr. Olga Fromm<address>© Privat</address>
Dr. Olga Fromm
© Privat

„Nachhaltigkeit muss im Fokus stehen“

Dr. Olga Fromm hat sich mit der Herstellung von Batterien aus Bambus beschäftigt

Wie sieht die Zukunft nachhaltiger Batterietechnologien aus? Mit dieser Frage hat sich Dr. Olga Fromm in ihrer Dissertation am MEET Batterieforschungszentrum der WWU beschäftigt. Im Interview mit Kathrin Kottke erklärt sie, welche Herausforderungen Batterien für die Umwelt mitbringen und welche Alternativen es für „grüne“ Batterien gibt.

 

Die Bedeutung nachhaltiger Batterietechnologien und Materialen wächst stetig – wieso ist das so?

Lithium-Ionen-Batterien (LIB) sind aktuell die Energiespeichertechnologie der Wahl für verschiedene Anwendungen: zum Beispiel wie tragbare Elektronik, Elektromobilität oder stationäre Energiespeicher. Neben den Schlüsselanforderungen für Batterien, einschließlich hoher Energie- und Leistungsdichte, Lebensdauer und Sicherheit, müssen zukünftige Entwicklungen auf die Nachhaltigkeit der Batterie entlang der gesamten Wertschöpfungskette fokussieren, denn der aktuelle CO2-Fußabdruck von diesen Batterien ist noch groß.

 

Warum wird gerade die Umweltbilanz von Elektroautos diskutiert?

Im Vergleich zu Benzin- oder Dieselautos schneiden Elektroautos deutlich besser ab in ihrer Umweltbilanz – vorausgesetzt sie werden mit grünem Strom geladen. Elektroautos könnten aber noch umweltfreundlicher hergestellt werden, wenn es gelingt „grünere“ Batterien zu entwickeln. Das Produktionsverfahren von Batteriezellen ist aktuell noch sehr energieintensiv, sie können noch nicht vollständig recycelt werden und ein Teil der eingesetzten Materialien sind aufgrund ihrer geringen Verfügbarkeit und der Umweltfolgen ihres Abbaus problematisch. In meiner Arbeit setze ich vor allem bei dem letzten Punkt an, bei den Materialien, die als „kritisch“ eingestuft werden.

Dazu muss man zunächst verstehen, wie eine Batterie aufgebaut ist: Eine LIB und deren Untereinheiten, die Zellen, sind geschlossene Systeme, die aus zwei Elektroden, Anode und Kathode, bestehen, welche durch einen elektrolyt-getränkten Separator voneinander getrennt sind. Kommerziell verfügbare LIB beinhalten zum einen Übergangsmetalle wie Kobalt und Nickel, die in den Kathodenmaterialien eingesetzt werden und deren Vorkommen auf nur wenige Länder weltweit begrenzt ist. Auf der Anodenseite werden typischerweise Kohlenstoffe, und dabei insbesondere Graphite, zur Speicherung des Lithiums eingesetzt. Es gibt dabei zwei wesentliche Typen an Graphiten, zum einen Naturgraphite und zum anderen synthetische Graphite. Die größten Vorkommen von Naturgraphit sind in China lokalisiert und der Abbau geht teilweise mit starken Umweltschäden wie Wasser- und Luftverschmutzung einher. Synthetische Graphite werden andererseits aus Nebenprodukten der Erdölraffinerie, dem sogenannten Petrolkoks, synthetisch hergestellt. Aufgrund der umweltrelevanten Probleme, die ohnehin mit dem Abbau fossiler Brennstoffe einhergehen, ist es sinnvoll, Materialien aus nachhaltigen Ressourcen für die Anode zu designen.

 

Gibt es bereits Ansätze für die Entwicklung nachhaltiger Batterien?

In der Forschung – gerade auch am MEET – gibt es vielversprechende Ansätze: Die Verringerung des Kobaltanteils in der Kathode oder die Herstellung der Elektroden auf Wasserbasis sowie das innovative Recycling von LIB spielen eine große Rolle, um insbesondere kritische Elemente zurückzugewinnen und wieder neu einzusetzen. Auch durch die Erhöhung der Lebensdauer durch sogenannte „Second Life“ Anwendungen, wie die Nutzung von Elektroautobatterien für stationäre Speicheranwendungen, kann unter definierten Umständen die Umweltbilanz von Batterien deutlich verbessert werden.

Zudem gibt es noch zahlreiche Anwendungen, neben der Elektromobilität, bei denen die Energiedichte keine so entscheidende Rolle spielt, und bei denen es mehr Spielraum gibt, trotz Energiedichteeinbußen eine bessere Umweltbilanz zu erreichen. Bei stationärer Energiespeicherung beispielsweise sind insbesondere niedrige Anschaffungs- und Betriebskosten, eine hohe Lebensdauer und Sicherheit entscheidend. Neben den LIB werden hier zahlreiche alternative Batteriesysteme für stationäre Anwendungen entwickelt, die genau diese Anforderungen adressieren. Beispiele sind die Entwicklungsansätze zu Natrium-Ionen Batterien oder Dual-Ionen Batterien, welche auf den Einsatz von Lithium oder Übergangsmetallen wie Kobalt verzichten können, allerdings ihre Kostenvorteile noch nicht voll herausgearbeitet haben.

Welchen Beitrag leistet Ihre Dissertation im Bereich „grüne“ Batterien?

Ich habe die Herstellung synthetischer graphitischer Kohlenstoffe aus nachhaltigen Materialien und deren Anwendung als Anodenmaterial in LIB untersucht. Generell gibt es vielfältige Ansätze zur Herstellung von Speichermaterialien aus nachhaltigen Materialien oder Abfallprodukten. Ich habe mich für die Herstellung aus Hölzern beziehungsweise Holzabfällen, insbesondere Bambus, interessiert, denn Bambus wächst enorm schnell. Um den Kohlenstoff zu gewinnen, musste ich zunächst die Bambusstücke in einem Ofen behandeln, um das vorhandene Wasser und andere Elemente zu eliminieren. Nach diesem Schritt wurde das Material, welches zum größten Teil aus Kohlenstoff besteht, weiter unter der Schutzatmosphäre auf über 800 Grad geheizt – das ist der eigentliche Schritt der Karbonisierung. Um einen geeigneten Graphitierungsgrad zu erhalten, benötigt man relativ hohe Temperaturen von bis zu 3000 Grad. Nach dem Karbonisieren und Graphitieren habe ich die erhaltenen Kohlenstoffe zerkleinert und gesiebt, das Pulver zu einer Elektrodenpaste auf Wasserbasis verarbeitet und als Anodenmaterial untersucht. So konnte ich systematisch den Einfluss der Temperaturbehandlung auf die Performanz in der Batteriezelle untersuchen.

 

Wird es in ein paar Jahren Batterien aus Bambus geben?

Das ist im Prinzip möglich, aber bis zur echten Massenproduktion ist es noch ein langer Weg. Aktuell ist der Ansatz zur Herstellung von vollkommen umweltfreundlichen Batterien sehr zukunftsorientiert und müsste zunächst im großtechnischen Maßstab getestet werden. Hinzu kommt, dass das Vorkommen an Naturgraphit in China sehr hoch ist und die Preise für Graphit in den nächsten Jahren nach aktuellen Prognosen weiter fallen werden. Daher wird es vorerst kaum möglich sein, die klassischen Naturgraphite oder synthetischen Graphite zu ersetzen.

Dennoch liefert meine Arbeit einen wichtigen Beitrag: Die neuen Erkenntnisse zur Herstellung von Kohlenstoffen und Graphiten aus nachhaltigen Materialien können direkt zur Materialoptimierung genutzt werden. In der zukünftigen Forschung wird es wichtig sein, durch Einsatz von die Reaktion beschleunigenden Hilfsstoffen, wie Katalysatoren, die Temperatur zur Graphitherstellung zu verringern. Dieser Aspekt hat schon jetzt direkte Relevanz für die Industrie, da der Graphitisierungsschritt bei rund 3000 Grad den größten Anteil der Herstellungskosten synthetischer Graphite ausmacht.

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung „wissen|leben“ Nr. 5, 10. Juli 2019.

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