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Münster (upm/jp)
Dr. Anna Stejskalova<address>© WWU / WiRe – Nikolaus Urban</address>
Dr. Anna Stejskalova
© WWU / WiRe – Nikolaus Urban

Ein exzellentes Forschungsumfeld für internationale Gastwissenschaftler

Auf dem Weg an die Spitze: Kurzporträts von zwei Gastwissenschaftlerinnen

Weltweit steigt die Zahl der Studentinnen, doch in wissenschaftlichen Top-Positionen sind Frauen selten vertreten. Einer der Gründe: Viele talentierte Forscherinnen gründen in der „Rushhour des Lebens“ zwischen 30 und 45 Jahren eine Familie, was ihre berufliche Entwicklung viel stärker bremst als die der Männer. Zwei, die es bis an die Spitze schaffen wollen, sind die Kirchenhistorikerin Dr. Giulia Marotta und die Bioingenieurin Dr. Anna Stejskalova. Den Grundstein legten sie mit einem „Women in Research“-Stipendium. Das Programm rief die WWU gemeinsam mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ins Leben, um mehr Frauen für eine Wissenschaftskarriere zu begeistern. Wie sechs andere talentierte Wissenschaftlerinnen ab dem Postdoc-Level forschten die beiden mehrere Monate zwischen September 2018 und Februar 2019 in Münster – und erhielten spannende Einblicke in die Zukunftschancen von Topwissenschaftlerinnen.

 

Das Beste aus drei Fächern
Bioingenieurin Dr. Anna Stejskalova fand an der WWU den idealen Ort, um ihr Fachwissen zu vertiefen

Biologie, Mathe und Chemie waren in der Schule Anna Stejskalovas Lieblingsfächer. Ihr Berufswunsch Bioingenieurin entstand, als sie eine TV-Dokumentation sah. Darin züchteten Wissenschaftler künstliches Knorpelgewebe, um Menschen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. So studierte sie Bioingenieurwesen an der Czech Technical University in Prag, es folgten Stationen in Irland und den Niederlanden.

Heute erforscht sie Endometriose, eine weitverbreitete Frauenkrankheit, gegen die es immer noch keine Therapie gibt. Rund sechs bis zehn Prozent aller Frauen sind betroffen, bei ihnen wuchert Gewebe aus der Gebärmutter in die Eileiter, Eierstöcke oder in das Bauchfell, verursacht starke Schmerzen und manchmal sogar Unfruchtbarkeit.

Mit einem WiRe-Stipendium war die Nachwuchswissenschaftlerin von September 2018 bis März 2019 in Münster – der ideale Ort, um ihr Wissen zu vertiefen: „Die Forschung hier vor Ort hat einen exzellenten Ruf in der Reproduktionsmedizin.“ In der Gruppe von Prof. Martin Götte am Universitätsklinikum untersuchte Anna Stejskalova, mit welchen Mechanismen die Zellen in andere Bereiche des Körpers vordringen. „Die Arbeit des Labors könnte eines Tages dazu beitragen, spezifische Therapien gegen Endometriose zu entwickeln“, erklärt sie.

Das Forschungsumfeld, die Stadt und die Unterstützung durch die Universität – all das hinterließ großen Eindruck bei der Tschechin. In ihrer Freizeit war sie oft auf der Promenade, dem grünen Ring rund um die Innenstadt, oder am Aasee unterwegs. An der WWU fielen ihr vor allem die vielen Maßnahmen auf, die Wissenschaftlern helfen, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Ob arbeitsplatznahe Kinderbetreuung oder Extra-Mittel, um die Teilnahme von Frauen an Konferenzen zu fördern: „Gerade Wissenschaftlerinnen profitieren von solchen Lösungen – sie können eine Familie gründen und trotzdem ihre Karriere weiterverfolgen“, ist sich die Forscherin sicher.

 

Abenteuer Forschung
Dr. Giulia Marotta erhielt am Centrum für Religion und Moderne neue Impulse für ihre Arbeit

Dr. Giulia Marotta<address>© WWU / WiRe – Nikolaus Urban</address>
Dr. Giulia Marotta
© WWU / WiRe – Nikolaus Urban
Als Giulia Marotta ein Kind war, stellte sie sich das Wissenschaftler-Dasein wie bei Indiana Jones vor – aufregend, gefährlich und voller Abenteuer. Heute erarbeitet sich die Forscherin neue Themen, entdeckt unbekannte Zusammenhänge und übernimmt anspruchsvolle Projekte. „Meine Arbeit als Kirchenhistorikerin ist auf jeden Fall abenteuerreich und aufregend. Aber anders als Indiana Jones riskiere ich nicht mein Leben“, sagt sie lachend.

Die bekennende Katholikin bewegten schon im Studium Glaubensfragen, deshalb wählte sie Kulturanthropologie und Ethnologie als Schwerpunkte. Nachdem sie das Promotionsstudium in Geschichte an der Universität Palermo, der französischen Universität Savoie und der Universität Freiburg beendet hatte, folgten Postdoc-Stationen in der Schweiz, Frankreich und den USA. Im Rahmen des Stipendienprogramms WiRE verbrachte die Italienerin mehrere Monate an der WWU – von November 2018 bis Februar 2019. Dort beschäftigte sie sich mit der Geistlichen Maude Petre und ihrer Perspektive auf modernistische Bestrebungen innerhalb der katholischen Kirche Anfang des 20. Jahrhunderts.

Welche Sicht hatten Frauen auf diese Bewegung? Und lassen sich die Erkenntnisse auch auf andere Religionen übertragen – und ihren Einfluss auf politischen und sozialen Wandel? Diesen und anderen Fragen ging Giulia Marotta am deutschlandweit einzigartigen Centrum für Religion und Moderne nach, das eng mit dem Exzellenzcluster „Religion und Politik“ kooperiert. Dort schätzte sie vor allem den lebendigen Austausch zwischen den Wissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen und Ländern, der die verschiedenen Forschungsprojekte durch neue, interdisziplinäre Perspektiven bereicherte. Der Zugang zu besonders umfassender Geschichtsliteratur des Christentums, unterstützende Strukturen sowie ein gut ausgestatteter Arbeitsplatz trugen außerdem dazu bei, dass Giulia Marotta viele innovative Forschungsergebnisse erzielte. WiRe bot ihr dabei viele spannende Einblicke in die Zukunftschancen als Spitzenwissenschaftlerin in Münster: „Vor allem die Unterstützung durch die Mitarbeiter der WWU war aus meiner Sicht absolut einzigartig.“

 

Autorin: Juliette Polenz

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