ZB Medizin :: med information
Dienstleistungen auf dem Prüfstand:
Hits und Nieten in der ZB Medizin
Einführung
Wie in Verwaltung und Klinik ist auch in Bibliotheken das Denken in Arbeitsabläufen
und Aufgabenbereichen weitverbreitet. Als Dienstleistungsunternehmen gilt
es jedoch vor allem auf die Zufriedenheit der Kunden zu achten. Dabei
stellen sich zwei wichtige Fragen: 1. Welche Dienstleistungen bietet die
Bibliothek an? 2. Welche Dienstleistungen werden benötigt? Dienstleistungen
sind Produkte, die von der Bibliothek - ähnlich wie von einer Fabrik
- auf einen Bedarf hin hergestellt werden. Und genau wie ein Unternehmen,
das seine Produkte verkaufen möchte, muß auch die Bibliothek
auf sich ändernde (Informations)Bedürfnisse der Kunden flexibel
und schnell reagieren. Am besten ist jedoch, wenn Entwicklungen antizipiert
werden können, wie dies z.B. bei den elektronischen Zeitschriften
geschehen ist.
Bei der Ausarbeitung eines Fragebogens zu den Dienstleistungsprodukten
der ZBMed war die große Fülle und Bandbreite an Bibliothekangeboten
doch eine Überraschung. Der Übersichtlichkeit halber wurden
etliche nah verwandte Angebote unter einer Überschrift zusammengefaßt.
Trotzdem blieb am Ende noch eine stattliche Liste von 64 Produkten
übrig. Diese Liste wurde allen Subskribenten des ZBMed Newsletters
(900+) per E-Mail zugeschickt. Wichtige und unverzichtbare Dienstleistungen
sollten mit Kreuzen markiert werden. 71 Fragebögen wurden zurückgeschickt.
Die Hits
Bei der Auswertung wurde insbesondere auf die Hits und die
Nieten geachtet. Die Tabelle unten zeigt die elf am häufigsten
als unverzichtbar bezeichneten Dienstleistungen.
Hits |
Nennungen
|
Kopiermöglichkeiten |
63
|
Online-Zeitschriften |
63
|
Homepage der ZBMed, Linksammlungen |
58
|
MEDLINE |
58
|
Subito Expresslieferung von Artikeln |
52
|
Die Digitale Bibliothek NRW |
52
|
JASON: Fernleihe von Artikeln und Büchern |
47
|
Zeitschriftensuche für Print- und Online-Titel |
46
|
ZBMed Newsletter |
43
|
Impact-Faktoren |
40
|
Weitere Datenbanken (Web of Science, EMBASE alert,
AMED, BIOSIS, Cochrane Library) |
40
|
Mit je 63 Nennungen stehen die Kopiermöglichkeiten zusammen mit
den Online-Zeitschriften unangefochten an erster Stelle, gefolgt von
MEDLINE auf Platz drei - ein Hinweis auf die überragende Bedeutung
von Zeitschriften in der Medizin. Überaus erfreulich ist der 4.
Rang der ZBMed-Homepage, die als Einstiegspforte für die Bibliotheksangebote
und weitere Informationsquellen offensichtlich sehr beliebt ist. Etliche
Zähler dahinter rangieren der Zeitschriftenlieferdienst Subito
und die Digitale Bibliothek NRW. Die weiteren Plätze belegen Literaturdatenbanken
wie z.B. Embase und der ZBMed Newsletter.
Wenn man mal die Kopierer aussen vor läßt, dann kann man
folgendes festzustellen: Alle Hits sind Online-Angebote,
für deren Nutzung die Bibliothek nicht physisch aufgesucht werden
muß, und bis auf die Homepage der ZBMed haben alle oben aufgeführten
Dienstleistungen Zeitschriften zum Objekt. Beides belegt, dass bei dieser
Umfrage mehrheitlich Wissenschaftler und Ärzte (als Zeitschriftenbenutzer
par excellence) geantwortet haben, die zudem hauptsächlich online
auf die Dienstleistungsangebote der Bibliothek zugreifen. Erst auf Rang
12 folgt der erste Service, der auch einen Studenten (der nicht gerade
an seiner Doktorarbeit sitzt) interessieren dürfte, - Schließfächer
und Garderoben.
Ebenfalls von der Spitzengruppe getrennt rangieren gedruckte Zeitschriften
auf dem 17. Platz. Eine hochinteressante Feststellung, denn dies hätte
vor ein paar Jahren sicherlich noch keiner zu prophezeien gewagt. Da
Print-Zeitschriften immer weniger benutzt werden (s. med info 4.2001)
ist dies aber auch keine Überraschung mehr. Wieso dann allerdings
von denselben Antwortenden die Kopiermöglichkeiten (von gedruckten
Zeitschriften) favorisiert wurden, scheint ein Widerspruch zu sein.
Oder denkt man sich: Print-Titel brauche ich fast kaum noch, aber
wenn, dann sollten die Kopierer wenigstens funktionieren.?
Die Nieten
Der Buch- und Zeitschriftenkatalog ist eine der zentralen Dienstleistungen
der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB), wird aber von der
Klientel dieser Umfrage offensichtlich nur marginal wahrgenommen bzw.
benutzt. Während es die systematische Aufstellung der Bücher
in der ZBMed immerhin auf Platz 12 geschafft hat, muß sich der
Katalog mit Platz 27 begnügen. Das aufwendige Versehen der Bücher
mit Schlagwörtern - eine der Hauptaufgaben der Fachreferenten der
ULB und das Pendant zur Indexierung der MEDLINE mit den MESH-Begriffen
- wird offensichtlich nicht honoriert. Lediglich zehn Antwortende haben
dieses Feature als unverzichtbar angegeben - dies bedeutet Platz 51
und damit die unmittelbare Nähe zu den Nieten.
In der Tabelle unten sehen Sie die Liste der Nieten, der zehn am wenigsten
unverzichtbaren Dienstleistungen der ZBMed aus der Sicht der Umfrageteilnehmer.
"Nieten" |
Nennungen
|
Patientengerechte Literatur |
8
|
Vermittelte Datenbankrecherche |
8
|
Kurzeinführungen an der Auskunft |
7
|
Broschüre ‚Einführung in die ZBMed' |
6
|
Schöngeistige Literatur zur Medizin |
6
|
Verkauf von Lehrbüchern |
6
|
Neuerwerbungslisten |
5
|
Schulungen auf Anfrage an Ihrem Arbeitsplatz |
5
|
Zeitungsecke |
4
|
Schulungen für Mitarbeiter von Institutsbibliotheken |
3
|
Es fällt auf, dass unter diesen zehn Serviceprodukten alleine
drei Schulungsangebote auftauchen. Dies unterstreicht die Erfahrung
der Bibliothek, dass immer weniger Benutzer die Schulungen aufsuchen.
Insbesondere Wissenschaftler und Ärzte sind so gut wie gar nicht
dort anzutreffen. Das liegt weniger in der fehlenden Attraktivität
der Schulungen - die Teilnehmer sind meist sehr zufrieden - sondern
vielmehr an der Tendenz insbesondere der nicht-studentischen Bibliotheksnutzer,
möglichst alle Angebote vom eigenen Arbeitsplatz aus zu nutzen.
Um diesem Trend entgegenzukommen arbeitet die ZBMed zusammen mit der
ULB zur Zeit an einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
geförderten Projekt für ein internetgestütztes Schulungssystem
für die Medizin (s. med info 6.2000). Der Name dieses Systems ist
sein Programm: Library Online Tour & Self-paced Education. LOTSE
verspricht Online-Schulungen, die genau dann abgerufen werden können,
wenn man sie braucht.
Die Nieten enthalten außerdem Dienstleistungsangebote, die auf
eine spezielle Klientel zugeschnitten wurden. Die Adressaten (Studenten,
Bibliothekare, Patienten) waren offensichtlich unter den Antwortenden
zu wenig vertreten, um für diese Angebote votieren zu können.
Mit einer zweiten Umfrage, die allerdings diesmal nur vor Ort an die
tatsächlich die Bibliothek aufsuchenden Benutzer verteilt wird,
soll überprüft werden, welches Dienstleistungsspektrum diese
favorisieren, und ob es die erwarteten Unterschiede zu der hier gefunden
Verteilung gibt. Durch die Verteilung des ersten Fragebogens über
einen E-Mail-Newsletter ist eine Verzerrung hervorgerufen worden, da
nur Subskribenten des Newsletters diese beantworten konnten.
Zusammenfassung
Schaut man sich die großen Themenbereiche an, unter denen die
Dienstleistungen zusammengefaßt waren, so zeigt sich, dass ortsfeste,
nicht übers Netz zugängliche Servicebereiche wie Schulungen
und Arbeitsort Bibliothek bei weitem nicht so beliebt waren
wie Fernleihe, Datenbanken und Auskunft
und Information - alles Dienste, die prinzipiell vom Internet-Arbeitsplatz
aus zugänglich sind.
Dieser Aufsatz ist erschienen in der Zeitschrift med information.
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