Arbeitsgruppe „Emische und etische Perspektiven auf Religion und Politik“ (bis 2012)

Literatur:

Clifford Geertz, „Religion as a Cultural System“, und Talal Asad, „Anthropological Conceptions of Religion: Reflections on Geertz“. Für die Texte und Fragen zur AG kontaktieren Sie bitte Michael Höckelmann.

Die im Exzellenzcluster ‚Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und Moderne‘ vertretenen Disziplinen beschreiten zum Teil sehr verschiedene methodische Wege, um mit der Spannung zwischen emischer und etischer Perspektive umzugehen. Während einige bestrebt sind, die Bedeutung von Texten und Ritualen in Bezug auf ihr jeweiliges kulturelles Umfeld, d.h. unter Berücksichtigung der emischen Perspektiven von Autoren/Darstellern und Rezipienten/Publikum, zu rekonstruieren, sind andere bemüht, diese primär im Rahmen externer Diskurse zu erklären. Beide Vorgehensweisen sind berechtigt und müssen auch nur als Idealtypen verstanden werden, denen in der konkreten Forschungsarbeit je nach Art und Umfang des Quellenmaterials unterschiedliches Gewicht zukommt.

Durch das Bewusstmachen der beiden Perspektiven werden die eigenen historischen, sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Voraussetzungen und ‚das Eigene‘ des Forschungsgegenstandes in einem dialektischen Prozess bewusst und transparent gemacht. In der Arbeitsgruppe soll deshalb das Spannungsfeld zwischen hermeneutischen und analytischen Herangehensweisen, sowie im Hinblick auf die Erforschung vormoderner und außereuropäischer Kulturen die Anwendbarkeit etischer Kategorien wie Normativität, Inszenierung, integrative Verfahren, Gewalt sowie Religion und Politik problematisiert werden. Auch für die wissenschaftliche Beschäftigung mit modernen, europäischen Kulturen kann es fruchtbar sein, Fragen nach den Grenzen und Überschneidungen dieser Begriffe aufzugreifen.

Ziel der Arbeitsgruppe ‚Emische und etische Perspektiven auf Religion und Politik‘ ist es, den Austausch zwischen solchen Disziplinen und Wissenschaften, die stärker die emische Perspektive (z.B. Philologien, Ethnologie) betonen, mit solchen, welche die etische (z.B. Sozialwissenschaften) in den Vordergrund rücken, zu fördern und dabei dem kulturvergleichenden Anspruch des Clusters gerecht zu werden. Universale Begriffe sowie ihre Anwendbarkeit auf antike und außereuropäische Kulturen (und somit auch auf moderne, europäische Kulturen) sollen hinterfragt werden. Wir wollen  die an konkrete kulturelle und linguistische Bedingungen angepassten analytischen Werkzeuge gemeinsam erproben und anwenden. Die Arbeitsgruppe ist dabei keine Neugründung, sondern geht aus der Arbeitsgruppe „Vermischung von Religionen – religiös multiple Identitäten“ hervor, aus deren Arbeit sie wichtige Erkenntnisse gewinnen konnte.

Zusammengefasst zielt die Arbeitsgruppe darauf ab:

  • methodisch: die Unterscheidung von emischer und etischer Perspektive in der Projektarbeit zu akzentuieren und diese auf andere Disziplinen (z.B. vormoderne Philologien) zu übertragen, damit Möglichkeiten der Synthese beider Perspektiven aufgezeigt werden.
  • historisch-vergleichend: die sprachlich-kulturellen Kontexte zu klären, unter denen Begrifflichkeiten wie Religion, Politik, Kultur, Wissenschaft etc. überhaupt erst entstehen und welche Strategien im Umgang mit dem Religiösen und Politischen gewählt werden.
  • praktisch: einen Workshop mit externen Forscher/-Innen durchzuführen, bei dem die Vielfalt emischer Religionsverständnisse verschiedener Kulturen und Epochen vorgestellt und systematisch verglichen wird.