„Visual and Material in Jewish Culture“
Internationaler Workshop über die Bedeutung von Bildern in jüdischer Kultur
Mit der Bedeutung von Bildern in der jüdischen Kultur des Mittelalters und der frühen Neuzeit befasst sich ein internationaler Workshop des Instituts für Jüdische Studien und des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster. „Von der Beschäftigung mit dem Bilderverbot in den biblischen Zehn Geboten abgesehen, gibt es bislang kaum Erkenntnisse darüber, was jüdische Einstellungen zu Bildern und zu Fragen der Visualisierung prägte,“ erläutert die Judaistin Prof. Dr. Katrin Kogman-Appel vom Exzellenzcluster, die den Workshop organisiert. Zwar hätten zahlreiche Forscher dargelegt, welche Rolle nicht-jüdische Kontexte für die Entwicklung jüdischer Kunst spielten. „Wir wissen jedoch wenig darüber, in welcher Art und Weise diese Interaktionen nicht nur die jüdische Kunst geprägt haben, sondern auch die innerjüdische Auseinandersetzung mit Bildern und ihre Bedeutung für die jüdische Kultur.“
Der Workshop findet unter dem Titel „Visual and Material in Medieval and Early Modern Jewish Culture“ (Visuelles und Materielles in mittelalterlicher und frühneuzeitlicher jüdischer Kultur) vom 17. bis 20. Juli in Münster statt. Wissenschaftler aus den USA, England, Deutschland und Israel befassen sich mit der Schaffung von Bildern in der jüdischen Kultur und diskutieren Vermittlungsformen sowie die Verwendung, Funktion und Rezeption von Bildern. „Darüber hinaus wollen wir erörtern, was Juden auf den Straßen des mittelalterlichen Europas in ihrem alltäglichen Leben sahen“, erläutert die Humboldt-Professorin Kogmann-Appel. Damit sei eine weitere Forschungsperspektive eröffnet, die bislang kaum beachtet worden sei. „Dies betrifft nicht nur das visuelle Erleben auf der Straße, sondern auch heilige Räume wie Synagogen oder Kirchen sowie den häuslichen Bereich.“ Der Workshop beziehe in die Diskussion um visuelle Kultur die materielle Kultur gezielt mit ein. „So hoffen wir, jüdische Wahrnehmungs- und Sichtweisen auf mehreren Ebenen besser verstehen zu können.“
Zwischen Bilderverehrung und Ikonoklasmus
Die Wissenschaftler nehmen das Thema aus vielfältigen Perspektiven in den Blick. Sie analysieren Texte aus dem Ritualgesetz und Responsen und beziehen Philosophie, Naturwissenschaften, Mystik, Exegese und liturgische Poesie ein. „Wir hoffen Erkenntnisse zu erlangen über Fragen der Bilderverehrung, des Ikonoklasmus, der Schönheit, der lokalen Kultur und über mögliche didaktische Funktionen von Bildern und Objekten sowie ihre Rezeption und Ablehnung.“
Prof. Dr. Kogman-Appel organisiert den Workshop gemeinsam mit der Historikerin Prof. Dr. Elisheva Baumgarten von der Hebrew University in Jerusalem, der Judaistin Prof. Dr. Elisabeth Hollender von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main sowie mit dem Historiker Dr. Ephraim Shoham-Steiner von der Ben-Gurion University of the Negev. Am Exzellenzcluster leitet Prof. Kogman-Appel das Projekt B2-24 „From Manuscript to Printing Press: The Illustrated Book in Jewish Culture (Fourteenth–Sixteenth Centuries)“ (Von der Handschriftenkultur zum Buchdruck: das illustrierte Buch in der jüdischen Kultur des 14.-16. Jahrhundert).
Prof. Dr. Katrin Kogman-Appel hat im vergangenen Jahr eine Alexander von Humboldt-Professur erhalten. Die Humboldt-Professur ist der höchstdotierte deutsche Forschungspreis und wird von der Alexander von Humboldt-Stiftung verliehen, um renommierte Forscher aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Kogman-Appel gilt in der jüdischen Kunstgeschichte des Mittelalters als weltweit führend. Gemeinsam mit Prof. Dr. Regina Grundmann leitet sie das im Sommer 2015 gegründete Institut für Jüdische Studien an der Universität Münster. (dak/ill)