„Kulturen des richterlichen Entscheidens“

Sonderforschungsbereich mit Vortrag von Ex-Verfassungsrichterin Lübbe-Wolff eröffnet

News Eroeffnung Sfb
Prof. Dr. Ulrich Pfister (Sprecher des SFB), Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger (Gründungssprecherin des SFB), Prof. Dr. Ursula Nelles (Rektorin der WWU), Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff (ehem. Richterin am Bundesverfassungsgericht und Festrednerin) (v.l.)
© Uni MS - Peter Grewer

Der neue Sonderforschungsbereich (SFB) „Kulturen des Entscheidens“ der Universität Münster ist feierlich eröffnet worden. Die frühere Bundesverfassungsrichterin und Rechtswissenschaftlerin Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff sprach in ihrem Festvortrag über „Kulturen des richterlichen Entscheidens“. Sie befasste sich mit unterschiedlichen Traditionen richterlichen Entscheidens und deren Vor- und Nachteilen, vor allem am Beispiel höchstrichterlicher Entscheidungen. So untersuchte sie, wie es zu einem Urteil einer Kammer oder eines Senates kommt, wenn diese aus mehreren Richtern bestehen. Das Problem wurde in unterschiedlichen historischen Epochen und wird bis heute in verschiedenen Rechtskulturen unterschiedlich gelöst, wie Prof. Lübbe-Wolff darlegte.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat den interdisziplinär ausgerichteten Sonderforschungsbereich zunächst für vier Jahre bewilligt und fördert ihn mit rund acht Millionen Euro. Dem Forschungsverbund gehören neben Historikerinnen und Historikern Forscherinnen und Forscher aus der Philosophie und Ethnologie, Byzantinistik und Judaistik, Literatur- und Rechtswissenschaft an, darunter viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der WWU. Der Antrag für den SFB war teils aus der langjährigen Zusammenarbeit am Exzellenzcluster hervorgegangen.

Entscheiden als Form des sozialen Handelns

„Die bisherige Forschung zum Entscheiden richtet ihr Augenmerk vornehmlich auf die Ergebnisse des Entscheidens, die Entscheidungen. Wir rücken den Prozess des Entscheidens ins Zentrum“, erläutert der Historiker und SFB-Sprecher Prof. Dr. Ulrich Pfister. „Entscheiden verstehen wir dabei als eine Form des sozialen Handelns, nicht als mentalen Vorgang.“ Im SFB sollen in insgesamt 20 Projekten die soziale Praxis und die kulturellen Grundlagen des Entscheidens in historisch vergleichender und interdisziplinärer Perspektive vom Mittelalter bis zur Gegenwart untersucht werden. (upm/vvm)