WWU Münster
Westfälische Wilhelms-Universität
Münster



Jahresbericht der Universität 1998

Rechenschaftsbericht des Rektorates über das Jahr 1998
für die Sitzung des Konvents am 04. Februar 1998



Herr Vorsitzender,
meine sehr geehrten Damen und Herren!


Bevor ich entsprechend Art. 38 Abs. 1 Nr. 3 der Universitätsverfassung den Bericht des Rektorats für das Jahr 1998 erstatte, wollen wir gemeinsam der im vergangenen Jahr verstorbenen Mitglieder unserer Universität gedenken. Ich darf Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

Die Westfälische Wilhelms-Universität hat im vergangenen Jahr 18 Mitglieder und Angehörige durch Tod verloren. Sie wird allen Verstorbenen ein ehrendes Angedenken bewahren.


1. Hochschulrechtliche Lage

Nachdem es in den vorangegangenen Jahren nicht gelungen war, das Verfahren zur Anpassung der Universitätsverfassung an die Bestimmungen des geltenden Universitätsgesetzes auf Universitätsebene abzuschließen, hat der Konvent im vergangenen Jahr die Vorschläge des Senats beschlossen. Am 15.01.1999 wurde die 3. Satzung zur Änderung der Verfassung der Westfälischen Wilhelms-Universität im Amtsblatt des MSWWF veröffentlicht.

Im vergangenen Jahr wurden 8 Prüfungsordnungen und 53 Studienordnungen verabschiedet. Die große Zahl erklärt sich daraus, daß in einer Fülle von Fächern und Fachgebieten Studienordnungen erstmals erarbeitet werden mußten, weil sie vorher nicht vorhanden waren und den anderen Studienordnungen angepaßt werden mußten.

Die Grundsätze für das Verfahren wegen Verdachts auf wissenschaftliches Fehlverhalten an der Universität sind in Kraft gesetzt worden. Sie sind entstanden aus Empfehlungen der Forschungsgemeinschaft. Es wurde empfohlen, daß in diesem Bereich die Hochschulen eine Art Ehrencodex aufstellen sollten.

Daneben sind die Grundsätze für die Eintragung von Vereinigungen noch einmal überarbeitet worden, desgleichen die Verwaltungs- und Benutzungsordnung für das Sprachenzentrum, die Satzung des Studentenwerkes und die Ordnung des Fachbereichs 11 - Philologie, der neu gegründet worden ist. Aufsichtsmaßnahmen des Rektorats über Organe, Gremien und Funktionsträgerinnen und Funktionsträger dieser Universität waren in 1998 nicht erforderlich.

Hinsichtlich der gesetzlichen Rahmenbedingungen möchte ich auf drei Punkte hinweisen: Am 25. August 1998 ist das 4. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes in Kraft getreten. Als Eckpunkte dieses neuen Gesetzes sind die Einführung der leistungsorientierten Finanzierung der Hochschulen, die systematische Evaluation von Forschung und Lehre, die Einführung eines Leistungspunktsystems sowie die Möglichkeit zweistufiger Studiengänge mit den Abschlüssen eines Bachelorgrades bzw. eines Mastergrades zu nennen.

Bereits vor Inkrafttreten des geänderten Hochschulrahmengesetzes ist den Hochschulen der Referentenentwurf eines auf das neue Rahmenrecht bezogenen Hochschulgesetzes zur Stellungnahme übersandt worden. Kernaussage dieses Gesetzentwurfes ist die Zusammenfassung des Universitätsgesetzes und des Fachhochschulgesetzes, mit der der Weg zur Vereinheitlichung von Universitäten und Fachhochschulen eingeschlagen wird. Gegen diese Tendenz hat sich die Universität in ihrer Stellungnahme mit aller Entschiedenheit gewandt. Ob es in der laufenden Legislaturperiode des Landtags noch zur Verabschiedung des geplanten Hochschulgesetzes kommen wird, kann zur Zeit nicht abgeschätzt werden.

Neben dem Referentenentwurf eines neuen Hochschulgesetzes wurde den Hochschulen nahezu zeitgleich der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Hochschulmedizin zur Stellungnahme zugeleitet. Dieser Gesetzentwurf sieht einschneidende Änderungen in der Organisations- und Leitungsstruktur der Medizinischen Einrichtungen vor und zielt offensichtlich auf eine stärkere Verselbständigung der Medizinischen Einrichtungen ab. Die Universität hat sich in ihrer Stellungnahme entschieden gegen diese Tendenz gewandt.

Die seit mehreren Jahren verfolgte Neuordnung der Philosophischen Fakultät wurde im Berichtszeitraum abgeschlossen. Durch Beschluß des Senats vom 29.04.1998 wurde mit Wirkung zum 01.10.1998 der neue Fachbereich 08 - Psychologie und Sportwissenschaft - aus den bisherigen Fachbereichen 08 (alt) - Psychologie - und 20 - Sportwissenschaft - errichtet. Mit Beschluß des Senats vom 17.06.1998 wurde der neue Fachbereich 06 - Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften - mit Wirkung zum 01.04.1999 aus den Fachbereichen 06 (alt) - Sozialwissenschaften - und 09 - Erziehungswissenschaft - gebildet. Nach Ausgliederung des Instituts für Musikpädagogik aus dem Fachbereich 21 und Zuordnung zum Fachbereich 07 mit Wirkung zum 01.10.1998 wurde der Fachbereich 21 durch Beschluß des Senats vom 01.07. 1998 zum selben Zeitpunkt aufgehoben. Das Ziel der Neuorganisation, die Zusammenfassung der bisherigen elf Fachbereiche der Philosophischen Fakultät zu vier großen Einheiten, ist somit erreicht.

Im Zuge der Umsetzung des Strukturkonzepts des Systems der Informationsverarbeitung der Westfälischen Wilhelms-Universität sind fachbereichsübergreifende dezentrale Informationsverarbeitungsversorgungseinheiten (IVV) gebildet worden.

2. Haushalt

Die Führung des Haushaltes gestaltete sich im Berichtsjahr schwieriger als in den vorangegangenen Jahren. Die Gründe lagen in der Notwendigkeit, begonnene Baumaßnahmen fortzuführen; ferner nenne ich Kostensteigerungen im Bau- und Erhaltungsbereich und darüber hinaus Kosten im Energiebereich, die durch Buchungsprobleme nicht rechtzeitig erkannt worden waren. Im Laufe des Sommers mußte die Zuweisung von Haushaltsmitteln korrigiert werden. Das hat dazu geführt, daß Planungsprobleme auftraten. Die Fachbereiche und Fakultäten, die schon Haushaltsmittel fest eingeplant hatten, mußten im Laufe des Sommers diese Planungen umstellen.

Es wurde immer wieder auch in verschiedenen Gremien dieser Universität der Verdacht geäußert, die geschilderte Situation sei als Effekt der "Finanzautonomie" der Universitäten eingetreten. Besser wäre es gewesen, diesen Stimmen zufolge, zum alten Haushaltsrechts zurückzukehren mit seiner strengen Titelbindung, dem Jährlichkeitsprinzip und ähnlichen Vorgaben mehr. Meiner Meinung nach wären unsere Probleme erheblich größer geworden, wenn wir die entstandene Fehlentwicklung nach altem Haushaltsrecht hätten abwickeln müssen. So hätten wir um erhebliche Unterstützung diverser Ministerien in Düsseldorf bitten müssen und dabei wären vermutlich massive Probleme auf die Universität Münster zugekommen.

Es hat sich gezeigt, daß die erwähnten Schwierigkeiten mit den Mitteln, die uns zur Verfügung gestellt worden sind, autonom zu bewältigen waren. Wir konnten mit unseren Mitteln erreichen, daß zum Jahresabschluß 1998 der Haushalt ausgeglichen abgeschlossen werden konnte, d. h. wir brauchten keine Zusatzmittel von außen, wir brauchten keine Genehmigungen von Düsseldorfer Ministerien. Und es hat sich sogar herausgestellt, daß - und deshalb sage ich, es war ein Planungsproblem und nicht insgesamt ein Finanzproblem - im Jahresabschluß 1998 bei den Fachbereichen und Fakultäten ein Mittelrest von 1,7 Mio DM und im Zentralbereich ein Mittelrest von knapp 600.000 DM gebildet worden ist. Die Fachbereiche und Fakultäten können diesen Rest übertragen und als Investitionskapital in 1999 einsetzen. Der Mittelrest im zentralen Bereich wird zur Abdeckung von Vorbelastungen benötigt.

Zusammenfassend möchte ich zweierlei festhalten: Erstens, daß wir in der Lage waren, auch solche Probleme autonom in unserer Universität zu bewältigen und zweitens natürlich, daß Verbesserungen vorgenommen werden müssen; daran arbeiten wir im Rektorat und in der Verwaltung.

Die Verbesserungen, die bereits eingeleitet worden sind, kann man unter dem Stichwort "Controlling" zusammenfassen. Wir arbeiten an der Installation eines entsprechenden Controlling-Systems, das im übrigen nichts mit "Kontrolle" zu tun hat, sondern ein Planungsverfahren darstellt. Die Umsetzung eines solchen Verfahrens wird noch etwas Zeit in Anspruch nehmen, genauso wie die Einstellung eines Controllers bzw. einer Controllerin.

Im Haushaltsjahr 1998 hat die Universität Münster einschließlich der Medizinischen Einrichtungen Finanzmittel in Höhe von insgesamt 1.207.892.000 DM ausgegeben. Das bedeutet eine Steigerung von mehr als 3 % gegenüber dem Vorjahr.

Die Haushaltsmittel beim Kapitel 05 121 (vormals 06 121) - ohne Medizinische Einrichtungen - verteilen sich in etwa zu 69,2 % auf Personalkosten, zu 10,0 % auf Bau- und Bauunterhaltungskosten sowie Gebäudebewirtschaftungskosten, zu weiteren 9,6 % auf den Drittmittelhaushalt und lediglich zu 11,2 % auf die Titelgruppe 94.

In der Titelgruppe 94 standen danach rund 43,7 Mio. DM für Ausgaben der Lehre und Forschung zur Verfügung. Dieser Ansatz lag gegenüber den Haushaltsmitteln 1997 um 650.400 DM höher.

Die Fachbereiche und ihre Einrichtungen konnten im Berichtszeitraum zur Finanzierung der Aufgaben für Lehre und Forschung rund 27,8 Mio. DM aus der Titelgruppe 94 verwenden, weitere 1,1 Mio. DM standen aus finanzautonomen Mitteln zur eigenverantwortlichen Verwendung zu Verfügung.

Im vergangenen Haushaltsjahr sah sich das Rektorat angesichts eines drohenden unausgeglichenen Gesamthaushalts (s.o.) veranlaßt, die Finanzmittel der Fachbereiche pauschal um 7 % zu kürzen. Dies bedeutete ein Einsparvolumen von ca. 2,3 Mio. DM. Darüber hinaus wurden die angesparten Haushaltsreste 1997 für die Verausgabung in 1998 gesperrt. Diese Haushaltsreste werden - wie erwähnt - im Haushaltsjahr 1999 den Fachbereichen wieder zugewiesen.

Besonders betroffen von haushaltswirtschaftlichen Maßnahmen waren die Fachbereiche ferner durch die im Haushaltsplan 1998 verfügte globale Minderausgabe in Höhe von 2,6 Mio. DM, in deren Folge die Fachbereiche eine Einsparungsauflage in Höhe von 1,4 Mio. DM zu erwirtschaften hatten.

Von den insgesamt verausgabten 40,8 Mio. DM für Lehre und Forschung entfielen in 1998 auf Hilfskraftvergütungen 18,6 Mio. DM, auf Literaturbeschaffung 8,1 Mio. DM, auf den laufenden Sachbedarf 12,1 Mio. DM und auf Investitionen 2 Mio. DM. Trotz der hohen Sparauflagen können nach Abschluss des Haushaltsjahres 1998 die Fachbereiche - wie erwähnt - noch 1,7 Mio. DM nicht verausgabte Finanzmittel in das Haushaltsjahr 1999 übertragen.

Die Universitäts- und Landesbibliothek hat mehr als 3,9 Mio. DM für Zeitschriften, neueLiteratur und neue Medien (CD-ROM und ähnliches) eingesetzt. Das Zentrum für Informationsverarbeitung hat für Hard- und Softwarebeschaffung rund 2,3 Mio. DM ausgegeben.

Für die Zentren und Zentralen Betriebseinheiten liegt ein Rechnungsergebnis in Höhe von 1,9 Mio. DM für Lehre und Forschung vor.

Im Rahmen der zentral bewirtschafteten Finanzmittel in der Lehre und Forschung konnten für Fachbereiche und ihre Einrichtungen von der zentralen Beschaffungsabteilung über den zentralen Gerätefonds sowie den zentralen Möbelfonds 1,4 Mio. DM ausgegeben werden. Für Reisekosten und zur Unterstützung des Drucks ausgezeichneter Dissertationen konnten 0,5 Mio. DM verwendet werden.

In Folge der Kürzung im Bereich der globalen Haushaltsmittel, der Titelgruppe 94 und der hohen Belastungen im Rahmen der Bauunterhaltung konnten bedauerlicherweise Maßnahmen zur Verbesserung der Geräteausstattung nicht vollzogen werden.

Zur Durchführung der notwendigen Unterhaltungsmaßnahmen an Grundstücken, Gebäuden und Räumen konnten weitere Haushaltsmittel für die Fachbereiche und ihre Einrichtungen in Höhe von 1,2 Mio. DM aufgewendet werden. Diese Haushaltsmittel sind durch Einsparungen im Rahmen der Titelbewirtschaftung, aus finanzautonomen Mitteln und zu einem geringen Teil aus der zentralen Reserve der Titelgruppe 94 bereitgestellt worden.

Im folgenden will ich kurz auf die Entwicklung der großen Baumaßnahmen eingehen:

Da wir hier getrennte Haushalte haben, beginne ich mit den Medizinischen Einrichtungen, die einige wirklich große Erfolge im vergangenen Jahr im Bereich der Neubaumaßnahmen erzielt haben. Im Januar 1998 wurden die OP-Bereiche der Kliniken für Allgemeine Chirurgie sowie für Unfall- und Handchirurgie fertiggestellt. Im Mai 1998 wurde ein ganz wesentlicher Teilbereich des ZMBE, des Zentrums für Molekularbiologie der Entzündung, fertiggestellt und konnte auch von den Instituten bezogen werden. Das sind Bereiche, die im ehemaligen Britischen Militärhospital angesiedelt sind. Im Dezember 1998 wurde das Zentrum für Knochenmarktransplantation fertiggestellt und eingeweiht und ist inzwischen in Betrieb gegangen. Im Berichtsjahr konnten außerdem im Institut für Anatomie und in der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde ergänzende Forschungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden.

Im übrigen Bereich der Universität ist als große einmalige Baumaßnahme die sogenannte Zentralversorgung mit Klima und Kälte im naturwissenschaftlichen Bereich fertiggestellt worden. Zu erwähnen ist ferner die Erneuerung der Fernsprechzentrale, die uns zwischenzeitlich leider auch einige Ausfälle beschert hatte. Daneben sind natürlich sehr viele Umbau-, Erneuerungs- und Erweiterungsbauten abgeschlossen worden; zum Teil laufen Bauarbeiten auch noch in 1999 weiter, wie z.B. beim Niels-Stensen-Kolleg - eine Maßnahme, die in 1999 abgeschlossen sein wird. Der Anbau eines Laboratoriums in der Meeresbiologischen Wattstation in Carolinensiel wurde ebenso errichtet wie ein Anbau im Institut für Mikrobiologie. Erwähnen möchte ich auch die Zusammenlegung der Sozialwissenschaftlichen Bibliotheken zu einer großen Zweigbibliothek in der Scharnhorststraße. Das war eine Baumaßnahme, die immerhin 450.000 DM gekostet hat. Sie dient einem Ziel, das die Universität insgesamt verfolgt, nämlich der Schaffung eines sogenannten virtuellen einschichtigen Bibliotheksystems. Im Ergebnis sollen die vielen verzweigten, mehr als 200 Einzelbibliotheken durch ein einschichtiges Bibliothekssystem ersetzt werden. Virtuell deshalb, weil wir nicht ein großes zentrales Universitätsbibliotheksgebäude zur Verfügung stellen; bei unserer großen Streulage in Münster muß es natürlich bei einer virtuelle Einschichtigkeit bleiben. Dazu sind freilich noch weitere Zusammenlegungen erforderlich.

Im Haushaltsjahr 1998 wurden im Rahmen des Notzuschlagsprogramms mit 2,45 Mio. DM für überlastete Fächer 8,6 % weniger Mittel vom Wissenschaftsministerium zugewiesen als 1997 (2,68 Mio. DM). Es konnten 18 Fächer/Lehreinheiten gefördert werden. Landesweit standen 1998 lt. Haushaltsplan 29,65 Mio. DM zur Verfügung. Ausweislich des Haushaltsplanentwurfs wird der Ansatz 1999 um fast ein Drittel gekürzt werden.

3. Lehre und Studium

Die Studierendenzahlen sind im Jahr 1998 im wesentlichen gehalten worden. Wir haben im Winter- und Sommersemester 1998 sogar einen historischen Höchststand für die Universität Münster erreicht. Im Wintersemester 1998/99 geht diese Zahl etwas zurück. Aber dieser Rückgang ist ein allgemeiner Landestrend; wir halten uns da noch sehr im Rahmen. Im jetzt laufenden Semester studieren an unserer Universität 45.199 Studierende. Erstmalig ist im Berichtszeitraum ein Überhang an Frauen (mit 22.616 gegenüber 22.583 Männern) zu verzeichnen. Münster bleibt die drittgrößte Universität in der Bundesrepublik. Vor uns liegen - wie schon in den Vorjahren - Köln mit über 63.000 Studierenden und die LMU in München. Die Zahl der Studienanfänger, definiert als Studierende im ersten Fachsemester, war im Berichtsjahr erneut leicht rückläufig; wir haben ein Minus von 4,2 %. Das sind zwar noch relativ kleine Prozentpunkte, aber ich sehe hier einen Trend, den wir im Auge behalten müssen.

Wenn wir diese Zahlen betrachten und die nicht vermehrte Zahl der Lehrenden, dann kann sich die Betreuungssituation nicht verbessert haben. Auch im laufenden Jahr mußte wir mit einer Fülle von Zulassungsbeschränkungen eine Kappung der Nachfrage erreichen. Nur auf diese Art und Weise konnten wir im Ergebnis erreichen, daß einigermaßen erträgliche Studienbedingungen in Münster aufrechterhalten werden konnten.

Die Prüfungs- bzw. Absolventenzahlen haben sich für Münster sehr günstig entwickelt: Im Prüfungsjahr 1995 haben wir mit 5.234 bestandenen Abschlußexamen die höchste Absolventenzahl in der Geschichte unserer Universität erreicht. Mit dieser Absolventenzahl liegt die Universität Münster noch vor der Universität Köln, die ja erheblich größer ist (die Universität Köln hatte 5.171 Absolventen). 1996 blieb die Zahl der bestandenen Prüfungen - bereinigt - nahezu unverändert.

Schließlich noch ein Hinweis zur Herkunft der Studierenden, und zwar zunächst der deutschen Studierenden. Es fällt auf, daß die große Zahl der Studierenden aus Nordrhein-Westfalen (79,5 %) und dem benachbarten Niedersachsen (12,1 %) kommt. Das bedeutet, daß die Attraktivität der Universität Münster für Studierende aus der übrigen Bundesrepublik relativ gering ist. Ich würde mir wünschen, daß die Universität Münster auch für viele Studierende in den übrigen Bundesländern so interessant wird, daß sie sich entschließen, nach Münster zu kommen, auch wenn der Trend zum Studium an einem weiter entfernten Studienort allgemein eher rückläufig zu sein scheint.

Das Berichtsjahr war gekennzeichnet durch eine in dieser Intensität an der Universität Münster erstmalige Reform der Lehrerausbildung, die sich als Mammutunternehmen entpuppte, da alleine 60 Studienordnungen für Lehramtsstudiengänge und Lehramtsfächer neu erarbeitet werden mußten. Darüber hinaus waren für die Fächer der Philosophischen Fakultät erstmalig und für alle weiteren Lehramtsfächer erneut an die Bestimmungen der Lehramtsprüfungsordnung angepaßte Zwischenprüfungsordnungen zu erarbeiten, die zum Teil erheblich veränderte Vorgaben umzusetzen hatten. Mit wenigen Ausnahmen ist dieses Vorhaben fristgerecht zum 01.10.1998 abgeschlossen worden.

Im Berichtsjahr ist es der Universität Münster nach intensiven Vorarbeiten in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und mehreren Abstimmungsgesprächen mit dem MSWWF gelungen, die Genehmigung für einen Modellversuch zu bekommen, mit dem es möglich sein wird, die Studiengänge der Betriebswirtschaftslehre, der Volkswirtschaftslehre und der Wirtschaftsinformatik mit dem Diplom wie bisher abzuschließen, aber auch den Grad eines Bachelor of Science bzw. Master of Science zu erwerben.

Einen Beitrag zur Internationalisierung des Studienangebots leistet der Fachbereich Sozialwissenschaften, dessen Anträge auf Einführung von Doppeldiplomstudiengängen mit dem Institut d'Etudes Politiques in Lille und der Universität Klausenburg genehmigt worden sind. Für das deutsch-französische Doppeldiplom hat das Deutsch-Französische Hochschulkolleg finanzielle Förderung zugesagt. Weitere Abkommen zur Einrichtung von Doppeldiplomstudiengängen befinden sich in Vorbereitung.

Die in vielerlei Hinsicht intensive Kooperation mit den niederländischen Nachbarhochschulen und niederländischen Bildungs- und Wissenschaftsorganisationen hat zur Aufnahme des Studienbetriebs im area-studies-Studiengang Niederlandestudien geführt, der intensiv verknüpft ist mit dem Doppeldiplom, das zusammen mit der Universität Nijmegen angeboten wird.

Auch in den Naturwissenschaften ist es gelungen, die Studienreform voranzutreiben. Problemlos hat das Ministerium dem beantragten Diplomstudiengang Geoinformatik, der von den Fachbereichen Mathematik und Informatik und Geowissenschaften gemeinsam verantwortet wird und auf entsprechende Forschungskooperationen gegründet ist, seine Genehmigung erteilt.

4. Forschungsförderung, Forschungstransfer und Drittmittel

Im Bereich von Forschungsförderung, Forschungstransfer und Drittmittel ist eine sehr erfreuliche Entwicklung zu vermerken: nämlich ein deutlich positiver Trend in der Drittmitteleinwerbung. Im Jahr 1998 konnte bei der Drittmitteleinwerbung das Volumen - bezogen auf das Kapitel 05 121 - um mehr als 13 % auf über 43 Mio. DM gesteigert werden. Das ist ein wirklich großer Fortschritt, denn diese 43 Mio. DM entsprechen in ihrer Höhe erstmals der Höhe der in der Titelgruppe 94 für Forschung und Lehre vom Land zur Verfügung gestellten Mittel. Hier zeichnet sich ein Trend ab, den man nur begrüßen kann, denn wir müssen vieles über diese Drittmittel finanzieren, was früher über Landesmittel finanziert worden ist. Die Einwerbung von Drittmitteln ist für jede Universität lebensnotwendig geworden, unsere Grundfinanzierung wird sich nicht mehr alleine mit Landesmitteln darstellen lassen.

Die Forschungsförderung und die Forschungsergebnisse haben im übrigen dazu geführt, daß wir sehr gute Einwerbungen bei den Sonderforschungsbereichen zu melden haben. Der SFB 478 "Geometrische Strukturen in der Mathematik" ist im Januar 1998 in Arbeit gegangen. Damit sind in unserer Universität derzeit fünf Sonderforschungsbereiche eingerichtet. Freilich müßten wir nach der Größe unserer Universität etwa acht Sonderforschungsbereiche haben, verglichen mit anderen Universitäten ähnlicher Struktur. Wir haben insofern noch ein Defizit und die Konsequenz lautet: wir müssen uns weiter bemühen, Sonderforschungsbereiche hier nach Münster zu ziehen. Zum Glück sind insgesamt die Pläne für vier weitere Sonderforschungsbereiche derzeit in fortgeschrittenem Stadium, und wir hoffen, daß in absehbarer Zeit auch hier positive Zeichen gesetzt werden.

Im vergangenen Jahr wurde im Bereich der Medizinischen Fakultät das Programm "Innovative medizinische Forschung - IMF" erfolgreich weitergeführt. Das Landesministerium stellt für dieses Programm zur Stärkung des medizinischen Forschungsprofils 500.000 DM zur Verfügung; 3 Mio. DM müssen jährlich aus dem sogenannten Zuführungsbetrag aufgebracht werden.

Auch am Physikalischen Institut gab es im Berichtsjahr Anlaß zur Freude: dieses Institut beteiligte sich unter Federführung des Kollegen Fuchs erfolgreich an einem Wettbewerb des "Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie" zur Förderung und Einrichtung von sogenannten Nanotechnologiekompetenzzentren. Eines dieser Zentren konnte für Münster gewonnen werden. Ein sehr schöner Erfolg, zu dem man den Physikern nur gratulieren kann.

Schließlich ist im Berichtszeitraum die Gründung der Forschungsstelle für gewerblichen Rechtsschutz an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zu erwähnen.

Als Einzelpersonen möchte ich besonders unsere zwei Leibniz-Preisträger herausstellen. Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis ist der höchstdotierte deutsche Wissenschaftspreis, der mit 3 Mio. DM für Forschungszwecke ausgestattet ist. Im Frühjahr 1998 hat der Kollege Vestweber vom Zentrum für Molekularbiologie der Entzündung als Zellbiologe diesen Preis bekommen; im vergangenen Dezember (überreicht ist er noch nicht, aber wir wissen schon, daß er ihm verliehen worden ist) hat der Kollege Cuntz vom Mathematischen Institut als Mathematiker diesen begehrten Preis bekommen. Das ist eine ganz hervorragende Leistung und ich will hinzufügen: an unserem Mathematischen Institut arbeiten damit 3 Leibniz-Preisträger - ein echter Qualitätsausweis.

Die Arbeitsstelle Forschungstransfer, die AFO, intensivierte im Berichtszeitraum ihre Aktivitäten auf den Gebieten der Existenzgründungsberatung und der Internationalisierung des Forschungstransfers. Darüber hinaus prägte die Vorbereitung auf das 5. EU-Rahmenprogramm "Forschung und Technologie" die Arbeit der AFO. Erwähnen möchte ich auch den Erfolg der AFO beim Wettbewerb des MSWWF zum Thema "Existenzgründungen aus Hochschulen"; das PR-Konzept der AFO verhalf unserer Universität zu einem Preisgeld von DM 50.000 und der Auszeichnung "Gründerhochschule".

5. Stellensituation

Auch im Jahre 1998 wurde die haushaltsgesetzliche Stellenbesetzungssperre von 12 Monaten weitergeführt. Ausnahmen von dieser Stellenbesetzungssperre bestanden wiederum für Planstellen und Stellen der Medizinischen Einrichtungen, die der Krankenversorgung dienen, sowie für Planstellen in Lehreinheiten mit erschöpfender Nutzung der Ausbildungskapazität. Darüber hinaus waren einzelne Fächer, die zu mehr als 100 % ausgelastet sind, von der Stellenbesetzungssperre ausgenommen.

Von den 121 im Rahmen der Maßnahmen zur Konzentration und Neuordnung von Studienangeboten/Studiengängen seit 1983 zur Umsetzung vorgesehenen Stellen sind im Haushaltsjahr 1998 weitere 3 Stellen in das Kapitel 05 110 umgesetzt worden.

Neben den Stellen aus den Hochschulsonderprogrammen I und III sind im Rahmen der Verordnung zur Sicherung der Aufgaben im Hochschulbereich 2 weitere Stellen umzusetzen.

Von den 18 C 1-Planstellen, die seit 1995 mit einem kw-Vermerk versehen sind, wurden bis Ende 1998 7 Planstellen abgebaut. Die restlichen 11 kw-Vermerke sind bis zum 31.12.2000 zu realisieren.

Von den ursprünglich für 12 Fiebiger-Professuren bis spätestens Ende 2000 bereitzustellenden Ersatzstellen sind inzwischen 6 realisiert, nachdem 1998 eine weitere C 3-Planstelle weggefallen ist.

1998 wurden 28 C 4/C 3-Stellen ausgeschrieben. Nach 39 Berufungsverhandlungen und 4 Bleibeverhandlungen konnten 24 C 4/C 3-Professoren und Professorinnen ernannt werden.

Aufgrund einer aufgabenkritischen Überprüfung des Stellenbestandes - Organisationsuntersuchung 1993 - ist der Bereich der Zentralen Universitätsverwaltung von weiteren Stellenstreichungen betroffen. So sind seit dem Haushaltsplan 1994 insgesamt 23 Stellen mit kw-Vermerken versehen, von denen bisher 10 realisiert worden sind.

Auch der Bereich des Büro-, Registratur-, Kanzlei- und Kassendienstes in den Instituten und Seminaren ist von Stellenkürzungen betroffen. Hier werden insgesamt 11 Stellen für Verwaltungsangestellte, Vergütungsgruppe VI b/VII BAT bis zum Ablauf des Jahres 2002 entfallen, hiervon wurde eine bereits realisiert.

6. Situation der Studierenden

Das entscheidende Problem, das ich unter dieser Überschrift ansprechen möchte, ist die soziale Situation der Studierenden, die allerdings von der Universität kaum zu beeinflussen ist. Ich nenne hier die Situation im Bafög-Bereich. Sie wissen, daß die Entwicklung der Förderungsquote, die Zahl der zu Fördernden, nach unten weist. Es war einmal anvisiert, daß etwa zwischen 25 und 30 % der Studierenden gefördert werden könnten oder sollten, im Moment sind wir je nach Zählung zwischen 15 und 17 % angelangt. Es wäre dringend eine Veränderung dahingehend notwendig, daß mehr Studierende in die Förderung hineinfallen.

Das zweite, was im Bereich der sozialen Situation der Studierenden hier in Münster zu vermerken wäre, ist, daß sich nach unseren Informationen die Situation auf dem Wohnungsmarkt entspannt hat, so daß durch die Zurverfügungstellung einer relativ großen Zahl von Wohnheimplätzen, es sind über 6.000, insgesamt eine Entspannung auch für Studierende eingetreten sein müßte.

Eine negative Entwicklung ist an einem Punkt für die ausländischen Studierenden eingetreten. Das Studentenwerk vermietet diesen die Plätze im Wohnheim nur unter der Voraussetzung, daß 6 Monate fest gemietet werden müssen und die Miete für diese 6 Monate im Voraus bezahlt werden muß. Das führt dazu, daß vor allem in unseren internationalen Programmen (Erasmus, Sokrates) erhebliche Probleme auftauchen. Im Sommersemester ist niemand daran interssiert für sechs Monate zu mieten, wenn er nur für die Vorlesungszeit des Semesters hier in Münster ist. Vor allem Studierende aus den ehemaligen Ostblockstaaten sind nicht in der Lage, 6 Monate im voraus zu bezahlen. Das Rektorat steht in Verhandlungen mit den entscheidenden Gremien, um diese Diskriminierung ausländischer Studierender abzustellen. Für deutsche Studierende gilt die Regelung nämlich nicht.

Schließlich möchte ich auf den PC-Arbeitsplatz für sehbehinderte Studierende, den sogenannten Blindenarbeitsplatz, hinweisen. Er ist angesiedelt im Gebäude der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Dieser Arbeitsplatz konnte gerade im letzten Jahr wieder mit Hilfe einer Berliner Stiftung technisch umfassend renoviert und modernisiert werden, so daß er wieder auf dem neuestem Stand der Technik zur Verfügung steht. Die Nutzung kann als sehr erfreulich bezeichnet werden.

7. Internationale Beziehungen

Zunächst möchte ich hier auf die Zahl der ausländischen Studierenden eingehen. Wenn wir auf die Gesamtzahl schauen, so haben wir einen stetigen Anstieg zu verzeichnen. Im Sommersemester 1993 waren es 2.200 und im Moment sind wir bei etwa 3.100. Es sind jedes Semester etwa 100 Studierende hinzugekommen, so daß insgesamt eine Quote von heute 6,9 % am Anteil der gesamten Studierenden erreicht worden ist. Selbst in Universitäten, die einen traditionell großen Anteil an ausländischen Studierenden haben, wird die Quote von 8 bis 10 % selten überschritten. Auch in englischen und amerikanischen Universitäten liegt die durchschnittliche Quote bei 8 bis 9 %. Wir stehen demnach nicht ganz schlecht da, aber die Situation ist weiter verbesserungswürdig.

Zu den Herkunftsländern: Die meisten ausländischen Studierenden kommen nach wie vor aus Europa (1.808), vor Asien (745), Afrika (356), Amerika (157) und Australien (2). Der große Anteil der europäischen Länder liegt auf der Hand, ist allerdings dadurch etwas aufgebläht, weil die Statistik die türkischen Studierenden in Europa und nicht in Asien integriert. Diese Gruppe bildet die größte Gruppe ausländischer Studierender (im Wintersemester 1998/99 sind das alleine 379 von insgesamt 3.117). Die nächstfolgende Gruppe in Europa stellen die Studierenden aus Griechenland mit 128. Bedauerlich ist, daß Nord-Amerika doch sehr gering vertreten ist. Dabei handelt es sich allerdings um ein Problem aller deutschen Universitäten.

Nun zu den Studierenden, die von unserer Universität jedes Jahr für eine längere Zeit ins Ausland gehen: Im Berichtsjahr haben wir im Rahmen des Sokrates-Programms 41.334 ECU eingeworben und 186.813 ECU für Studierendenstipendien. Etwa 350 Studierende haben an den Erasmus-Programmen teilgenommen. Hinzu kommen ca. 650 Studierende nach individuellen Bewerbungen sowie etwa 500 Studierende, die im Ausland ein Praktikum absolvieren. Das sind Zahlen, die nach wie vor verbesserungsfähig sind. Schließlich werden bei Auslandsaufenthalten auch Schlüsselqualifikationen vermittelt, die sich auf Fragen wie Sprachfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit und ähnliches mehr beziehen, Schlüsselqualifikationen, die alle Studierenden erwerben sollten.

Ich möchte an dieser Stelle auch "Die Brücke" erwähnen, die die ausländischen Studierenden betreut. "Die Brücke" hat kürzlich in einem Wettbewerb, der vom DAAD ausgeschrieben war und an dem 100 Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen teilgenommen haben, einen 1. Platz erreicht. Grund war die ausgezeichnete Betreuung der ausländischen Studierenden. Das spricht, so glaube ich, für sich.

Zum Bereich der Gastwissenschaftler: Zum einen haben wir an unserer Universität kontinuierlich etwa 26/27 Gastprofessoren. Erfreulich sind auch die Zahlen der ausländischen Stipendiaten im Bereich der Wissenschaftler. In 1998 waren es vom Deutschen Akademischen Austauschdienst 16 Stipendiaten, von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung 30, von der Heinrich-Herz-Stiftung 16, von Fulbright 2 und von EU-Programmen 16 Stipendiaten; das sind ordentliche Zahlen und ich denke, hier sind wir auf dem richtigen Weg.

Zum Bereich des Internationalen möchte ich schließlich noch auf die Partnerschaften und Verbindungen mit ausländischen Universitäten hinweisen. In diesem Rahmen sind viele Partnerschaften, z.B. mit den Universitäten Seattle, Florianópolis etc. verlängert worden. Neu geschaffen worden sind die Partnerschaft mit dem Institute for Cultural Research in Vientiane, Laos, eine Partnerschaft mit der Universität Granada in Spanien und eine Partnerschaft mit der Universität Orléans in Frankreich.

Ganz neu ist auch die Teilnahme der Universität Münster an einem Netzwerk, das in der EUREGIO gegründet worden ist. Es hat den schönen Namen N.E.U., nicht weil es neu ist, sondern weil das Akronym "Network of Euregional Universities" bedeutet. Es geht um EUREGIO-Universitäten; beteiligt sind aus Deutschland noch die Universitäten Dortmund und Osnabrück, aus den Niederlanden die Universitäten Nijmegen und Twente und aus Belgien die Universität Leuven. Dieses Netzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, die schon bestehenden Forschungsverflechtungen zu intensivieren, gemeinsame Projekte anzustoßen, dafür natürlich auch EU-Mittel einzuwerben, und im Ergebnis auch darüber nachzudenken, ob man nicht auch die Lehre in bestimmten Bereichen miteinander verflechten kann. Die Probleme liegen hier bei den unterschiedlichen Studienstrukturen: Die Studienangebote sind in den niederländischen und belgischen Universitäten eher in Studienmodulen zusammengefaßt; für diese Studienmodule gibt es im Anschluß Credits, die man "mitnehmen" kann. Das entspricht unserem bisherigen System nicht, so daß wir für die Zukunft über vergleichbare Studienbedingungen nachdenken müssen.

8. Beziehungen zu Stadt und Region

Unsere Universität ist nicht nur eine Institutionen, die als Hauptaufgabe Lehre und Forschung hat, sondern sie stellt auch ein kulturelles und wissenschaftliches Kompetenzzentrum für das Münsterland dar. Die Funktion des regionalen Kompetenzzentrums haben wir auch im letzten Jahr weiter verfolgt. Deshalb waren wir bei nahezu allen Veranstaltungen, die in Münster im Jahr des Westfälischen Friedens zu diesem Anlaß abgehalten worden sind und bei denen Wissenschaft gefragt war, beteiligt.

Wir haben im vergangenem Jahr wieder für die Abgangsjahrgänge der Umland-Gymnasien den "Tag der offenen Tür" durchgeführt. Wir bieten die Veranstaltung gemeinsam mit der Fachhochschule an und dies mit steigendem Erfolg. Wir wollen das Konzept in diesem Jahr zusammen mit der Stadt Münster und den städtischen Verkehrsbetrieben noch weiter intensivieren und erweitern.

Sehr gut angenommen werden auch die ausgelagerten Hochschultage, z. B. in Papenburg oder in Bocholt. Sie sollen dazu dienen, im Münsterland, Emsland usw. das Angebot der Universität bekannt zu machen. Diese Initiative hat uns sehr viel Achtung im Umland eingebracht; es besteht ein großes Interesse, diese Hochschultage fortzuführen.

Schließlich sind wir beteiligt an der Münsterlandkonferenz, die versucht, Entwicklungslinien für das Münsterland herzustellen, und am Münsterlandprogramm. Das Netzwerk, das N.E.U., habe ich schon genannt.

Erwähnen möchte ich noch die Gründung des Zentrums Handwerk und Wissenschaft. Dieses Zentrum soll eine Schnittstelle zwischen Universität und Fachhochschulen einerseits sowie dem Handwerk andererseits sein. Aus unserer Sicht aus zwei Gründen: Zum einen sollen Forschungsergebnisse schneller an den Markt gebracht, schneller umgesetzt werden. Zum anderen stellt das Handwerk inzwischen auch für Hochschulabsolventen einen interessanten Arbeitsmarkt dar, den es auszuschöpfen gilt.

Worauf ich noch am Schluß hinweisen möchte, ist, daß die Universität Münster eine der größten Ausbildungsstätten im Bereich der beruflichen Ausbildung in Münster ist. Wir bilden im Jahre 1998 immerhin 221 Auszubildende aus. Und schließlich wird im Bereich der Aus- und Fortbildung von Bediensteten der Universität sehr viel getan. Im Berichtszeitraum ist eine Steigerung der Angebote der Aus- und Fortbildung von 13,8 % zu vermelden. Auch das leistet unsere Universität.


Ziele und Aufgaben

Die Westfälische Wilhelms-Universität versteht sich nicht nur als Universität in Münster und im Münsterland, wir müssen auch unsere Position in Europa klären und finden. Über kurz oder lang werden wir im Wettbewerb mit allen europäischen Universitäten stehen, und zwar auch im Wettbewerb um EU-Mittel. Die Universität Münster ist hier in keiner schlechten Situation, wir müssen aber die Position im Spitzenbereich der europäischen Universitäten sichern und ausbauen. Ich will dies an verschiedenen Punkten verdeutlichen:

Zum Bereich der Lehre habe ich schon als Ziel unserer Universität erwähnt, daß unsere Studierenden problemlos ins Ausland gehen können solen, ohne ihre Studienkarriere verlängern zu müssen. Umgekehrt sollten ausländische Studierende ebenso problemlos zu uns kommen können. Eine Lösung der vorhandenen Schwierigkeiten besteht darin, daß die Studierenden einzelne Studienmodule wie Bausteine zu einer Studienkarriere zusammenstellen können. In der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät ist es so vorgesehen. Und in vielen ausländischen Staaten sind entsprechende Regelungen vorgesehen. Die Verfolgung dieses Ziels an unserer Universität setzt Engagement und ein gewisses Umdenken voraus, aber diese Entwicklung ist dringlich und sollte auch von uns für alle Studiengänge angestrebt werden.

Dazu muß als zweite Stufe kommen, daß am Ende dieser Studienmodule (nicht am Ende der gesamten Karriere) Leistungspunkte bzw. Credits stehen, die transferierbar sind und im Ergebnis einen Abschluß ergeben. Die Credits können auch im Ausland erworben werden, ohne daß sich deshalb das Studium verlängert. Das European-Credit-Transfer-System, das ECTS, hat genau dies EU-weit im Auge.

Ein Nebeneffekt könnte darin liegen, daß wir am Ende dieser so gestalteten Karrieren Abschlüsse wie Bachelor oder Master einbauen können, die eine europäische oder weltweite Verträglichkeit haben. Alles das ist im übrigen als Standard in der "Pariser Erklärung" der Kultusminister für die Europäische Union vorgeschlagen worden.

Ein weiterer Punkt, den ich erwähnen möchte, ist die Frage nach der inhaltlichen Organisation des Studiums. Hierzu gehört ein Aspekt, den der Kollege Grob sehr intensiv verfolgt, nämlich die Integration von Multimedia in die Lehre. Das Rektorat verspricht sich hiervon eine ganz erhebliche Verbesserung. Zum Glück sind wir in Münster in diesem Bereich schon erheblich weiter als viele andere Hochschulen.

Wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, wie wir die Angebote an Beratung und Betreuung verbessern können. Viele positive Berichte aus Studienaufenthalten in anderen Staaten leben davon, daß die Studierenden sagen: "Dort konnte ich jederzeit zu meinem Tutor hingehen und der hatte immer Zeit." Dort ist häufig eine andere Kultur gewachsen, die auch mit einem anderen Personaleinsatz verbunden ist, und sehr oft sind auch andere Betreuungsrelationen gegeben. Trotzdem sollten wir uns auch auf diesem Feld möglichst hohe Ziele setzen.

Im Forschungsbereich sollten wir durch die Einwerbung von neuen Sonderforschungsbereichen möglichst schnell auf eine Zahl von acht bis neun SFB's kommen. Leider gibt es einige Großbereiche in der Universität Münster, die durch Abwesenheit glänzen. Das ist meine eigene Fakultät, der Bereich der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und der Bereich der Sozialwissenschaften. Es wäre schön, wenn auch in diesen Bereichen stärker in die Richtung von Sonderforschungsbereichen gearbeitet würde.

Von großem Interesse muß weiterhin die Ansiedlung von großen Forschungseinrichtungen sein. Wir müssen uns darum bemühen, daß Einrichtungen wie z. B. ein Institut der Blauen Liste, ein Max-Planck- und ein Fraunhofer-Institut auch in Münster angesiedelt werden. Für jede dieser drei Institutionen haben wir Kerne: das ICB, das Institut für Arterioskleroseforschung und das Institut für Reproduktionsmedizin. Die bestehende Situation ist jedenfalls auf Dauer nicht hinzunehmen.

Die staatliche Finanzierung wird entweder auf dem Stand bleiben, den wir im Moment haben, oder sie wird noch zurückgefahren werden. Auf der anderen Seite muß uns klar sein, daß das Geld, das wir für die Forschung brauchen, vor allem im gesamten Bereich der Naturwissenschaften, in der Grundfinanzierung nicht mehr abgedeckt wird durch das, was aus Titelgruppe 94 zu gewinnen ist. Die Konsequenz kann nur sein: Entweder wir verwalten hier in absehbarer Zeit ein Museum - sehr nett, vielleicht gehören wir dann zum Weltkulturerbe. Oder wir erschließen uns andere Quellen. Der Weg kann aus meiner Sicht nur sein, daß wir andere Quellen erschließen und diese können nur die sogenannten Drittmittel sein. Das Rektorat wird bei der Suche nach Drittmittel selbstverständlich gerne hilfreiche Hinweise geben und auch sonst Unterstützung gewähren.

Im Bereich der Infrastruktur haben wir uns für die nächsten Jahre vorgenommen, eine Art Arrondierung zu erreichen, z.B bei der Stärkung der Autonomie der Fachbereiche in der Bewirtschaftung von Stellen. Ein Stichwort lautet: Zuweisung der Mittel der Titelgruppe 94 nach einem leistungsbezogenen Mittelverteilungsschlüssel.

Größerer Handlungsbedarf im Rahmen der Infrastruktur besteht noch bei der Informationsversorgung. Im Entwurf eines neuen Universitätsgesetzes ist schon die Möglichkeit erkennbar, daß die beiden Bereiche Universitätsbibliothek und Universitätsrechenzentrum organisatorisch zusammenwachsen. Dieses Zusammenwachsen wird notwendig sein, aber bevor wir soweit kommen, wird es darum gehen, in der Zusammenlegung von Bibliotheken fortzuschreiten - um die Verwaltungskosten zu senken und die Benutzbarkeit zu erhöhen. Im übrigen steht dahinter auch das Programm des Landes zum einschichtigen Bibliotheksbetrieb.

Im Bereich der elektronischen Medien muß unser DV-System weiter ausgebaut werden. Der Vernetzungsgrad in unserer Universität ist noch nicht so hoch, wie ich mir das wünschen würde. Wir sind im Moment bei etwa 45 %. Das ist für eine so große Universität mit einer sehr weiten Streulage noch nicht sehr viel. Hier ist noch eine gewaltige Arbeit notwendig. Da hier große finanzielle Mittel eingesetzt werden müssen, werden wir auf der anderen Seite auch sparen und im DV-Bereich Standardisierungsmaßnahmen durchführen müssen. Das ganze wird im übrigen von der IV-Kommission mit vorbereitet und durchdacht.

Auch am Verhältnis der übrigen Fachbereiche und Fakultäten zur Medizinischen Fakultät müssen wir arbeiten, weil es möglicherweise einen gewissen Trend gibt, sich zu entfremden. Ein Stichwort hierzu lautet: Hausberufung. Ein Thema, das in der Medizinischen Fakultät anders gehandhabt wird, als im Rest der Universität - was im Senat immer wieder zu erstaunten Nachfragen und Irritationen führt. Das Rektorat wird aber daran festhalten und auch darum kämpfen, daß die institutionelle Situation der Medizinischen Fakultät und der Medizinischen Einrichtungen insgesamt innerhalb der Universität so erhalten bleibt, wie wir sie im Moment vorfinden. Das ist keine Selbstverständlichkeit und Signale von der politischen Ebene machen deutlich, daß wir in der Tat darum kämpfen müssen.

Wichtig für die Universität Münster ist auch das Verhältnis zur Region. Wir sind kulturelles und wissenschaftliches Kompetenzzentrum im Münsterland. Und deshalb müssen wir auf die Region zugehen und umgekehrt versuchen, die Vertreter der Region hier mit in die Universität einzubinden. Das war immer Programm aller Rektorate gewesen und es wird genauso fortzuführen sein. Es ist nicht so, daß dies selbstverständlich ist. So hatten wir z.B. zwei Vortragsreihen, die für die Verfolgung dieses Projektes sehr wichtig waren: "Stadt und Universität" einerseits und unsere Vortragsreihe, die in der Schloßaula läuft, andererseits. Beide Reihen dämmern vor sich hin und zwar aus Gründen, die man nicht klar verfolgen kann. Diese Situation muß sich ändern, denn sonst werden wir in bestimmten Bereichen von den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt nicht mehr wahrgenommen - und das wäre sehr schade.

Gestatten Sie mir zum Abschluß noch einen Hinweis: Die Landesregierung hat sich vorgenommen, sehr viele Reformprojekte umzusetzen, ein Teil davon betrifft auch die Universitäten. Und es könnte sein, daß dies eine Menge Kraft des Rektorats binden wird. Das eine Projekt "Qualitätspakt" ist Ihnen bekannt. Das zweite Projekt, das uns ereilen kann, ist das Projekt "Neuorganisation des Liegenschaftsmanagements im Lande". Das dritte Projekt, das uns ereilen kann, ist das Projekt "Neuorganisation der Stellung der Medizinischen Einrichtung insbesondere in der Krankenversorgung im Lande". Das vierte Projekt, das uns ereilen kann, ist die "Neuorganisation der Medizinischen Einrichtungen qua Fakultäten". Und schließlich existiert auch noch das Projekt einer Novellierung des Universitätsgesetzes. Wenn nur zwei Drittel oder die Hälfte dieser Projekte von der Landesregierung bis zum Anfang des nächsten Jahres tatsächlich durchgeführt werden, dann werden die Universität und das Rektorat alle ihre Kraft benötigen, um überhaupt mit der Umsetzung der Auswirkungen dieser Projekte in interne Strukturen unserer Universität Schritt zu halten.


Ich danke Ihnen.




Münster, 4. Februar 1999


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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: JB980E
Datum: 1999-08-09