WWU Münster
Westfälische Wilhelms-Universität
Münster



Jahresbericht der Universität 1997

Fachbereich 17 Chemie und Pharmazie



Vorbemerkungen

Herausragende Ereignisse waren 1997 im Fachbereich Chemie die Fertigstellung und Inbetriebnahme des neuen Gebäudes für das Institut für Lebensmittelchemie sowie die Arbeitsaufnahme des Sonderforschungsbereiches 424 "Molekulare Orientierung als Funktionskriterium in chemischen Systemen".

In den elf Instituten des Fachbereichs Chemie (Anorganisch-Chemisches Institut (AC), Institut für Biochemie (BC), Institut für Lebensmittelchemie (LC), Institut für Mineralogie (Mi), Organisch-Chemisches Institut (OC), Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie (PB), Institut für Pharmazeutische Chemie (PZ), Institut für Pharmazeutische Technologie (PT), Institut für Physikalische Chemie (PC), Institut für Didaktik der Chemie (DC), Institut für Haushaltswissenschaft und Didaktik der Haushaltslehre (HW)), wurden in 1997 vier Neuberufungen sowie zwei Habilitationen durchgeführt. Eine neue Professur für Chemische Mikrosensorik - auch im Zusammenhang mit dem Institut für Chemo- und Biosensorik - wurde im Institut für Physikalische Chemie etabliert. Mehrere ehrenvolle Preise wurden an einzelne Mitglieder des Fachbereichs Chemie in 1997 vergeben. Für die Lehreinheiten Chemie und Lebensmittelchemie innerhalb des Fachbereichs Chemie wurde erstmalig eine vollständige Evaluation vorgenommen, die zur Vorlage an die Expertenkommission des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen weitergereicht wurde.

Lehre, Studiengänge

Die Zahl der Studienvolläquivalente ist gegenüber dem Vorjahr um 3,1 % auf 3.082 etwas abgesunken. In den chemischen Fächern liegt die (gerechnete) Lehrauslastung - ohne Berücksichtigung der Ausbildung der vielen Doktorandinnen/Doktoranden - bei ca. 86nbsp;%, die im Vergleich mit den anderen Universitäten in Nordrhein-Westfalen besonders hoch ist. Die beiden strengen NC-Fächer Pharmazie und Lebensmittelchemie sind nach wie vor voll ausgelastet, wobei es im Bereich der Pharmazie für einen Arbeitsplatz in Münster vier Bewerberinnen/Bewerber gibt. In den vier grundständigen Studiengängen (Chemie [außer Lehramt], Pharmazie, Lebensmittelchemie und Mineralogie) allein wurden 1997 mehr als 300 das Studium abschließende Prüfungen abgelegt; mit 121 Promotionen wurde im Fachbereich Chemie in diesem Jahr fast die Anzahl des Vorjahres (123) erreicht. Insgesamt arbeiten derzeit über 300 Doktorandinnen/Doktoranden in den verschiedenen Instituten des Fachbereichs. Hierbei sind die zahlreichen Doktorarbeiten in anderen Fachbereichen, die von Kollegen des Fachbereichs Chemie betreut werden, noch nicht eingerechnet.

In den Diplomstudiengängen haben im WS 1997/98 108 Studierende sich für das Studium der Chemie in Münster entschieden, eine Zahl, die im Vergleich zu den meisten anderen chemieausbildenden Universitäten in Deutschland ungewöhnlich hoch ist. Die hohe Akzeptanz des Studienortes Münster im Fach Chemie - gleiches gilt auch für die Lebensmittelchemie und Pharmazie - ist auf die kurze Gesamtstudiendauer (auch nach offiziellen Erhebungen) und auf die hohe Qualität von Forschung und Lehre in Münster zurückzuführen, die die Berufschancen von Absolventinnen/Absolventen der Chemie in Münster deutlich begünstigen.

Die Ausbildung der Studierenden im Fachbereich Chemie wird allerdings weiterhin durch personelle, räumliche (außer Lebensmittelchemie) und finanzielle Engpässe beeinträchtigt, die durch gesetzliche Vorgaben (z. B. Approbationsordnung in den pharmazeutischen Fächern), vor allem aber wegen der für den Bereich Chemie und Mineralogie greifenden Stellenbesetzungssperre zusätzlich verschärft wird. Trotz des - von den Geldgebern nicht vorgesehenen - Einsatzes auch der Drittmittelbeschäftigten und der vielen Stipendiaten in der Lehre entspricht die Betreuungsrelation, vor allem in den besonders betreuungsintensiven Praktika, in allen Fächern des Fachbereichs nicht den Erfordernissen einer zeitangepaßten Ausbildung. Auch der altersbedingte Verschleiß am Gebrauchsbestand (z. B. Mikroskopie in der Pharmazeutischen Biologie und Phytochemie) erweist sich als immer stärker limitierend.

Als voller Erfolg für die Studierenden hat sich die Ausbildung in der Online-Nutzung von Chemiedatenbanken im Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes Endnutzerförderung Chemie-Datenbanken erwiesen, das jedoch zum 30.06.1997 ausgelaufen ist. Um den erkennbaren Nutzen dieses Projektes für Lehre und Forschung weiter aufrecht zu erhalten, ist jetzt eine vergleichsweise teure (ca. 40.000 DM/Jahr) Folgeeinrichtung nötig, die zukünftig auf Dauer den Fachbereich zusätzlich belasten wird.

Im Bereich Chemie sind die Bemühungen, eine neue Prüfungsordnung (unter Berücksichtigung der Eckdatenverordnung) auf der Basis einer Neustrukturierung des Studiengangs Diplom-Chemie mit Vierfachprüfung unter Einbindung der Biochemie und der Analytischen Chemie und weiterer anderer Wahlfächer zu erarbeiten, weiter fortgeschritten, aber noch nicht endgültig abgeschlossen, da es notwendig erscheint, auch bundesweite Entwicklungen mit einzubeziehen.

Im Bereich der Mineralogie sind Koordinationsgespräche hinsichtlich eines gemeinsamen Studienganges mit den Geowissenschaften eingeleitet worden.

Die Studienordnungen und Zwischenprüfungsordnungen für das Lehramt Chemie und die Hauswirtschaftswissenschaften wurden zur Genehmigung weitergeleitet.

Personal, Nachwuchsförderung

Die dem Fachbereich zugewiesenen Haushaltsmittel reichen nicht aus, um den Studierenden in den Studienfächern des Fachbereichs eine dem anspruchsvollen Anforderungsprofil der Naturwissenschaften angemessene Ausbildung innerhalb normaler Studienzeiten bieten zu können. Auch die vielfältigen Serviceleistungen einzelner Gruppen für andere Arbeitsgruppen des Fachbereichs und der Universität können vor diesem finanziellen Hintergrund auf Dauer nicht aufrechterhalten werden. Gegenwärtig ist es nur durch Einwerbung erheblicher Drittmittel möglich, die Mehrheit der in den Instituten arbeitenden Doktorandinnen/Doktoranden für die umfangreichen Lehr- und Forschungsaufgaben entsprechend zu entlohnen. Der Anteil der drittmittelgeförderten Mitarbeiter (DFG, BMBF, EG, VW-Stiftung, Fond der Chemischen Industrie, Industriepartner, verschiedene Stiftungen u. a.) liegt in einigen Instituten schon deutlich über 80%.

Im Berichtsjahr konnten zwei Habilitationsverfahren (Dr. R. Krämer und Dr. R. Pöttgen [AC]) erfolgreich abgeschlossen werden. Soweit erkennbar, sind etwa 20 Habilitandinnen/Habilitanden im Fachbereich Chemie tätig. Die Herren Prof. Galinski, Prof. Klempnauer (BC), Prof. Mezger (MI), Prof. Knoll (PC) haben 1997 ihre Arbeit als neue Kollegen in der Universität Münster im Fachbereich Chemie aufgenommen; Herr PD Dr. Klaffke wird seine Arbeit am 02.01.1998 aufnehmen.

Forschung, internationale Kontakte

Die hohe Forschungsproduktivität und -effektivität im Fachbereich Chemie wird durch die hohe Zahl von Diplom- und Doktorarbeiten ebenso eindrucksvoll belegt wie durch die große Zahl von Veröffentlichungen (siehe Forschungsbericht) in hochrangigen Zeitschriften, die zahlreichen Einladungen zu Vorträgen auf Tagungen im In- und Ausland, die Tätigkeiten der Kollegin und vieler Kollegen als Gutachter oder Herausgeber und ihre Repräsentation in höchsten nationalen und internationalen Fachgremien, aber auch durch die besondere Würdigungen von Beiträgen auf internationalen Tagungen und insbesondere durch die Verleihung hochrangiger Wissenschaftspreise an Kolleginnen und Kollegen unseres Fachbereichs. Hinsichtlich des Leistungskriteriums Drittmitteleinwerbung nimmt der Fachbereich Chemie auch 1997 wiederum einen Spitzenplatz in der Universität Münster ein, er liegt damit auch deutlich über dem Landesdurchschnitt im Bereich Chemie. Von den Kolleginnen und Kollegen der Institute des Fachbereichs sind die vielfältigen internationalen Forschungskontakte mit Arbeitsgruppen in allen Teilen der Welt durch gegenseitige Besuche und gemeinsame Forschungsarbeiten weiterhin intensiv gepflegt und noch forciert worden.

Der Sonderforschungsbereich 424 Molekulare Orientierung als Funktionskriterium in chemischen Systemen hat zum 01.01.1997 die Arbeit aufgenommen. Einzelne Institute des Fachbereichs sind an bereits bestehenden Sonderforschungsbereichen anderer Fachbereiche sowie an DFG-Schwerpunktprogrammen aktiv beteiligt.

Die International Workgroup on Organometallic Chemistry and Catalysis (IWC) ist in Münster mit zwei Arbeitskreisen etabliert und hat mit maßgeblicher Unterstützung des Wissenschaftsministeriums eine Reihe von ersten Aktivitäten durchgeführt.

Der Fachbereich Chemie ist dem Bund, dem Land Nordrhein-Westfalen und der Universität dankbar für die bereitwillige Unterstützung zur Beschaffung von Großgeräten im Rahmen des HBFG-Programms ESCA (PC), Röntgendiffraktometer (OC) und Elektronen-Ionsations-MS (OC) und für die Finanzierung der Grundausstattung zur Einrichtung des neuen Sonderforschungsbereiches.

Entwicklungen - Perspektiven

Der Fachbereich Chemie ist bemüht, die hohe Akzeptanz des Chemie- und Pharmazie-Studienortes Münster durch die Studierendenschaft weiter durch ein umfassendes auf aktuelle und moderne Forschung ausgerichtetes Lehr- und Ausbildungsangebot intensiv zu fördern. Mit dazu gehören auch Vorlesungsangebote etwa zum Patentwesen und -recht oder zum Erwerb des Sachkundenachweises gemäß § 5 Chemikalien-Verbotsverordnung. Durch die in Arbeit befindliche neue Studien- und Prüfungsordnung soll den Studierenden ein optimales Studium im Studiengang Diplom-Chemie in Münster innerhalb kürzester Zeiten ermöglicht werden, wobei jetzt den Studierenden im Hauptstudium eine größere individuelle Wahlmöglichkeit innerhalb dieses Studienganges eingeräumt wird.

Im Bereich Baumaßnahmen sind neben der kompletten, dringend notwendigen Sanierung des Gebäudes des Anorganisch-Chemischen Instituts die bereits seit Jahren beantragte Erweiterung im Bereich des Instituts für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie immer noch nicht in Angriff genommen worden. Nach dem nun erfolgten Umzug des Instituts für Lebensmittelchemie in das neue Gebäude, fehlt hier als letztes chemisches Institut im naturwissenschaftlichen Zentrum nur noch das Institut für Physikalische Chemie. Entsprechende Planungen sollten unverzüglich auf den Weg gebracht werden.

Ein besonderes Problem stellt die Altersstruktur im Fachbereich dar. Schon jetzt ist absehbar, daß durch die steigende Zahl von Emeritierungen und Pensionierungen in den nächsten Jahren die Berufungsreserve des Fachbereichs nicht mehr ausreichen wird, um entsprechend hochqualifizierte Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftler für Münster gewinnen zu können. Dies gilt umso mehr, als daß das Rektorat hat erkennen lassen, daß es zukünftig bei Berufungen nicht mehr in der Lage sein wird, sich in dem bisherigen Umfang beteiligen zu können. Auch im Bereich der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter, und hier insbesondere im Bereich der Kustoden, die für die großen Institute der Chemie unverzichtbar sind, gibt es Nachwuchsprobleme, die durch die derzeitige restriktive Personalpolitik noch verschärft werden.

Ein permanentes Problem stellt die Stellenbesetzungssperre dar, die wegen der starken Fluktuation der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter in der Chemie gerade diesen Fachbereich überdurchschnittlich trifft, de facto zu einem Stellenabzug führt und nach Meinung des Fachbereichs mit der Idee des Globalhaushaltes nicht vereinbar ist.

Die Unterhaltung der Bibliotheken bereitet dem Fachbereich wegen der kontinuierlich steigenden Kosten und der Notwendigkeit, sich neuer Medientechniken bedienen zu müssen (z.B. Nutzung von CD-ROM-Datenbanken) große Probleme und erfordert zwingend die Bereitstellung zusätzlicher zentraler Mittel.


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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: JB9717
Datum: 1998-02-05 ---- 1998-08-28