WWU Münster

Westfälische Wilhelms-Universität
Münster



Jahresbericht des Rektors 1996

Universitäts- und Landesbibliothek



Bei rückläufigen Mitteln und steigenden Literaturpreisen stand die Bibliothek vor der Aufgabe, nicht nur die Literaturversorgung auf dem gleichen Stand zu erhalten, sondern gleichzeitig das Angebot elektronischer Medien zu erweitern. Drei Möglichkeiten wurden vor allem genutzt:

Haushaltsmittel, Erwerbung

Da 1996 erhebliche Literaturmittel aus Hochschulsonderprogrammen und dem Bibliotheksprogramm des nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministeriums entfielen, mußte die Bibliothek nochmals Fortsetzungen abbestellen. 10 % der Zeitschriftenausgaben sollen 1996/97 eingespart werden, um die Preissteigerung aufzufangen. Damit die Informationsversorgung der Universität gewährleistet bleibt, werden bei der Abbestellung folgende Kriterien angewendet:

Trotz knapper Mittel müssen auch die neuen Informationsmedien den Benutzern verfügbar gemacht werden. Das 1995 aufgebaute breite Angebot an CD-ROM-Datenbanken wurde nochmals erweitert; die Universität stützte das Projekt aus global erwirtschafteten Mitteln. Last minute"-Sondermittel des Wissenschaftsministeriums und der Universität ermöglichten schließlich im Dezember noch dringende Buchkäufe, vor allem für die Lehrbuchsammlung.

Benutzung

Anfang des Jahres führte die Bibliothek eine umfassende Befragung ihrer Benutzer durch. Erfreulicherweise sind die Benutzer insgesamt recht zufrieden mit der Bibliothek; besonders die Hilfsbereitschaft und fachliche Kompetenz der Mitarbeiter erhielten gute Noten. Als extrem wichtig stuften die Benutzer lange Öffnungszeiten ein. Die Bibliothek reagierte ab Wintersemester 1996/97 mit der Öffnung auch am Samstagnachmittag und erweiterten Zeiten im Handschriftenlesesaal. Auch die Zahl der Arbeitsplätze und der Taschenschränke in der Vorhalle wurde auf Wunsch der Benutzer erhöht.

Im Rahmen eines EU-Projekts (Entscheidungs-Unterstützungs-Systeme in Bibliotheken) wurden zahlreiche Untersuchungen zur Benutzung und zu den Arbeitsabläufen in der Bibliothek durchgeführt. Erstaunlich hoch ist inzwischen die Nutzung von Literatur innerhalb der Bibliothek: Den etwa 1 Millionen Ausleihen stehen ca. 600.000 Präsenzbenutzungen gegenüber. Hier zeigen sich die Vorteile der offenen Magazine, aber auch veränderte Arbeitsgewohnheiten der Studierenden, die ihre Arbeit vom häuslichen Arbeitsplatz in die Bibliothek verlegen.

In mehreren Abteilungen wurden Arbeitsabläufe verschlankt und neustrukturiert, um die Literatur rascher bereitzustellen und Personalkapazitäten für den wachsenden Auskunftsbedarf freizustellen.

Kataloge

Gerade in Zeiten schwindender Ressourcen ist es wichtig, den vorhandenen Literaturbestand rasch und umfassend nachzuweisen. Ende 1995 waren von den etwa 5,4 Millionen Bänden der Universität maschinenlesbar erfaßt:

Obgleich dies bereits dem Bestand einer mittleren Universitätsbibliothek entspricht, wäre eine vollständige Erfassung der Bestände in absehbarer Zeit nicht zu leisten. Eine Planungsgruppe des Wissenschaftsministeriums unter Beteiligung von Münster hat nun ein Konzept entwickelt, das die Retrokonversion" der Zettelkataloge in den alten Universitäten durch Einsatz von Fremdfirmen erheblich beschleunigen soll. Mittel für ein Vorprojekt wurden bereits 1996 bereitgestellt. So besteht Hoffnung, daß in wenigen Jahren auch die alten Universitäten ihren gesamten Literaturbestand online abfragen können.

Elektronische Bibliothek

Der 1995 aufgebaute Bestand an CD-ROM-Datenbanken konnte mit wesentlicher Unterstützung aus Zentralmitteln gehalten und nochmals leicht erweitert werden. Die meisten CD-ROM sind nun im Universitätsnetz verfügbar; 1997 sollen detaillierte Nutzungsuntersuchungen erfolgen.

Um Internet-Nutzung und Nutzung neuer Medien zu intensivieren, wurde im 2. Obergeschoß der Bibliothek ein Computer-Lesesaal mit inzwischen 24 PC's eingerichtet, der fast ständig voll belegt ist. Internet- und CD-ROM-Schulungen durch Fachpersonal der Bibliothek wurden wegen des hohen Bedarfs ständig erweitert.

Ende 1996 erhielt die Bibliothek HSP-Mittel für weitere Benutzer-PC's und vor allem für Hard- und Software im Rahmen des landesweiten Programms IBIS (Internet-basiertes Informationssystem).

Altbestände

Neben neuen Medien und Arbeitsformen darf die Pflege der wertvollen Altbestände nicht vernachlässigt werden. Zum zweiten Mal standen Mittel des nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministeriums für die Verfilmung der durch Papierzerfall gefährdeten Bestände bereit. Neben westfälischen Lokalzeitungen wurden wieder münsterische, maschinenschriftliche Dissertationen der Nachkriegszeit verfilmt. Für die Einzelrestaurierung besonders wertvoller Bände - auch in Institutsbibliotheken - wurden insgesamt 82.000 DM aufgewendet, davon 30.000 DM aus Sondermitteln.

Zusammen mit den nordrhein-westfälischen Archiven wurde ein Memorandum zur Erhaltung des vom Papierzerfall bedrohten nordrhein-westfälischen Schrifttums erarbeitet und der zuständigen Ministerin für Stadtentwicklung, Kultur und Sport überreicht.

Die Handschriftenbearbeitertagung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die von der Bibliothek organisiert wurde, vereinte Experten aus dem In- und Ausland. Rechtzeitig zur Tagung erschien das Verzeichnis der mittelalterlichen münsterischen Handschriften, das mit DFG-Mitteln erstellt wurde. Eine Ausstellung westfälischer, mittelalterlicher Handschriften begleitete die Tagung.

Landesbibliothekarische Aufgaben

Seit 1996 ist eine Online-Version der nordrhein-westfälischen Bibliographie benutzbar.

Die Arbeitsstelle Historische Bestände in Westfalen" erschloß mehrere ältere Bibliotheken: die Klosterbibliothek Clarholz, die Privatbibliothek Levin Schücking im Westfälischen Landesmuseum und die Bibliothek Landsberg-Velen in Balve-Wocklum. Das schon zur Tradition gewordene Münsterische Kolloquium zu alten Buchbeständen wurde vom Wissenschaftsministerium unterstützt.

Zweigbibliotheken, Bibliothekssystem

Auch 1996 wurden die Planungen zur Zusammenlegung kleinerer Bibliotheken zu größeren Einheiten vorangetrieben. Vorbereitet wurde die Aufnahme der Bibliothek der Wirtschaftswissenschaft und ihrer Didaktik in die Zweigbibliothek Sozialwissenschaften.

Durch die 1995 erfolgte Zusammenführung der politikwissenschaftlichen Bestände wurde für dieses Fach eine wesentlich breitere Literaturbeschaffung möglich.

In der Zweigbibliothek Medizin war der auf Wunschlisten der Fakultät hin aufgebaute Zeitschriftenbestand durch zahlreiche Übernahmen aus Klinikbibliotheken und erhebliche Preissteigerungen über den vorhandenen Finanzrahmen hinausgewachsen. Sondermittel der Verwaltung und der Fakultät sowie gezielte Abbestellungen von Doppelexemplaren und weniger benutzten Titeln schlossen die Finanzlücke, sodaß 1997 die nun 1.050 Zeitschriften gehalten werden können.

Arbeit in Gremien

Mehr und mehr ist die Universitäts- und Landesbibliothek in regionalen, nationalen und internationalen Gremien vertreten, vor allem mit ihren Schwerpunkten Qualitätsmanagement", Kostenrechnung", Bestandserhaltung" und Internet-Nutzung". Anfang des Jahres erschien ein in Münster erstelltes internationales Handbuch zur Leistungsmessung in wissenschaftlichen Bibliotheken.

Planungen 1997

Der durch technische Entwicklungen verzögerte Online-Katalog soll nun Anfang 1997 bereitgestellt werden.

Etwa im März dürfte die landesweite Umwandlung der alten Zettelkataloge beginnen, die die Bibliothek 1997 ständig beschäftigen wird.

Ein DFG-Projekt wie ein internationales Projekt zur Kostenrechnung in wissenschaftlichen Bibliotheken sollen mehr Klarheit über den Ressourcen-Einsatz bringen.


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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: JB9643
Datum: 1997-04-19