WWU Münster
Westfälische Wilhelms-Universität
Münster



Jahresbericht des Rektors 1995

Universitäts- und Landesbibliothek



Das Jahr 1995 brachte mehrere langgewünschte Verbesserungen im Dienstleistungsangebot der Bibliothek wie in den Arbeitsmöglichkeiten für die Benutzer:

Raumplanung

Der Erweiterungsbau zwischen Bibliothek und Juridicum, der am 15.01.1996 eingeweiht wird, bietet vor allem die dringend benötigten zusätzlichen Benutzerarbeitsplätze. Im Obergeschoß - von den Lesesälen über einen Brückengang zugänglich - entstand ein Lesesaalbereich mit 32 Arbeitsplätzen, der die Westfalicabestände aufnimmt und vor allem der Regionalforschung dienen soll. Im Erdgeschoß erhält die Bibliothek endlich wieder einen Ausstellungsbereich, der vom Fuß- gängerdeck her betreten wird und daher im Bedarfsfall auch außerhalb der Öffnungszeiten der Bibliothek zugänglich bleiben kann. Zwei Glasfenster mit Büchermotiven von Erwin Löhr wurden von den münsterischen Buchhandlungen gestiftet.

Gleichzeitig mit dem Erweiterungsbau wurde die Sanierung des Fußgängerdecks zwischen Juridicum und Bibliothek beendet. Seit Jahren staute sich bei Regenfällen das Wasser auf dem Deck und floß an wechselnden Stellen in die darunterliegenden Büchermagazine. Das Deck wurde abgedichtet, begrünt und mit Bänken aufgelockert; auch die zur Aa führende Treppe wurde neu und sicher gestaltet.

Um der Raumnot zu steuern, wurde eine weitere Kompakt-Regalanlage eingebaut, diesmal in der Zweigbibliothek Sozialwissenschaften. Wie in den Vorjahren wurden wieder ca. 30.000 nicht mehr benötigte Bände ausgesondert.
Die Aussicht auf Speichermöglichkeit in der "Reiterkaserne" erlaubte es nun auch, größere Bestände aus Institutsbibliotheken zu übernehmen, die dort nicht mehr untergebracht werden können.

Benutzung

Die Öffnung der Zeitschriftenbestände (ca. 250.000 Bände) brachte den gewünschten Erfolg: Die Zeitschriften werden zum größtenteil nur noch angelesen und Aufsätze kopiert; damit stehen die Bände sofort dem nächsten Benutzer zur Verfügung. Durch diese Aktion - aber auch durch die Zugangsbeschränkungen während der Umbauten am Fußgängerdeck - gingen die Ausleihzahlen leicht zurück.

Seit Beginn 1995 sind die Freihandmagazine und der Katalogsaal wie die Lesesäle ab 8.00 Uhr geöffnet. Auch dies ist eine Service-Verbesserung, durch die sich die Benutzung stärker über den Tag verteilt.

Weitere Erleichterungen für die Benutzung ergaben sich im Bereich der Fernleihe. Das Schnellbestellsystem JASON, bei dem Aufsätze elektronisch bestellt und binnen 48 Stunden geliefert werden, ist nun landesweit in Nordrhein-Westfalen angelaufen. Die konventionelle Fernleihe via Leihschein konnte durch organisatorische Umstellung im Hause ebenfalls um mehrere Tage beschleunigt werden.

Elektronische Bibliothek

Eine Bibliothek ist heute nicht mehr nur ein Speicher für Printmedien, in dem Bücher für den vermuteten Bedarf beschafft und angeboten werden, sondern sie muß gleichzeitig elektronische Medien vorhalten oder im Bedarfsfall vermitteln. Sie wandelt sich damit zur elektronischen oder "virtuellen" Bibliothek.

Wichtigster Schritt in diese Richtung war der Ausbau des CD-ROM-Angebots im Netz der Universität, der in Zusammenarbeit mit dem Rechenzentrum erfolgte. Durch eine Umfrage wurden die dringendsten Desiderate an CD-ROM sowie der bereits vorhandene Bestand ermittelt. Die Datenbanken werden soweit rechtlich erlaubt auf Platten kopiert und mit gestuften Mehrfach-Lizenzen im Universitätsnetz angeboten.

1995 wurde auch die Internet-Nutzung in der Bibliothek intensiviert. An fast allen Benutzer- und Mitarbeiter-PC's kann im Internet recherchiert werden. Die Bibliothek bietet ihrerseits Informationen im Internet an. Insbesondere in der medizinischen Fakultät wurden Schulungen in Internet-Nutzung durchgeführt.

Kataloge

Von den ca. 5,35 Mio. Bänden der Universität sind nun ca. 1,92 Mio. maschinenlesbar erfaßt. Insgesamt 115 Instituts- und Fachbereichsbibliotheken katalogisieren bereits mit Hilfe der Datenverarbeitung. In der ULB selbst wie in vielen Institutsbibliotheken wird mit hohem personellem Einsatz versucht, auch die älteren Zettelkataloge in maschinenlesbare Form umzuwandeln. Dabei werden soweit möglich vorliegende Titelaufnahmen im Verbundkatalog der nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken genutzt.

Haushaltsmittel, Erwerbung

Normale Beschaffung ohne größere Einschnitte war wie in den Vorjahren nur durch die Sondermittel möglich, die aus den Hochschulsonderprogrammen und einem speziellen Bibliotheksprogramm des Wissenschaftsministeriums zur Verfügung standen. Im Rahmen einer Ausstellung "20 Jahre UTB" erhielt die Bibliothek als Geschenk eine umfangreiche Sammlung dieser wissenschaftlichen Taschenbuchreihen.

Altbestände

Der Papierzerfall des seit etwa 1850 gedruckten Schrifttums bedroht die Literaturbestände in allen Bibliotheken. 1995 stellte das nordrhein- westfälische Wissenschaftsministerium erstmals Mittel für die Verfilmung zerfallender Literatur zur Verfügung. In Münster wurden neben westfälischen Zeitungen münsterische maschinenschriftliche Dissertationen der Nachkriegszeit verfilmt; farbig auf Mikrofiches gespeichert wurde der wertvolle Bestand alter Karten. Auch für die Einzelrestaurierung besonders wertvoller Bände stellte das MWF wieder insgesamt 70.000 DM zur Verfügung.

Der längst überbelegte Handschriften- und Rara-Lesesaal wurde 1994 umgebaut und stand 1995 in erweiterter benutzergerechter Form zur Verfügung.

Eine kleine Sammlung mit alten Tafelbänden und einem Handschriften-Fragment konnte aus Privatbesitz erworben werden.

Landesbibliothekarische Aufgaben

Die Arbeitsstelle "Historische Bestände in Westfälischen Bibliotheken" erschließt und pflegt wertvolle Sammlungen in nicht-staatlichen Bibliotheken der Region. 1995 wurde die Erschließung der umfangreichen Bibliothek des Landesoberbergamts Dortmund abgeschlossen. Die Ausstellung dazu wurde in insgesamt fünf Städten gezeigt.

Die Aufgaben der drei Universitäts- und Landesbibliotheken in Bonn, Düsseldorf und Münster wurden im März in Anwesenheit des Kultusministers der Öffentlichkeit vorgestellt.

Sondersammelgebiet "Niederländischer Kulturkreis"

Der im Rahmen der DFG-Sondersammelgebiete betreute Schwerpunkt fand im Haus der Niederlande seinen angemessenen Standort. Das Haus vereint nun die drei Bibliotheken der Universität, die speziell das Thema Niederlande pflegen. Zur Eröffnung stellte die ULB "Treffelijke Boecken", schöne niederländische Altbestände, in einer Ausstellung vor.

Zweigbibliotheken/ Bibliothekssystem

Größtes Problem des Bibliothekssystems in Münster ist weiterhin die Streuung des Literaturbestandes auf über 200 Einzelbibliotheken mit zum Teil sehr unzureichenden Öffnungszeiten. Erste Fortschritte zeigen sich jedoch. So wurden 1995 erstmals gezielt mehrere kleine Bibliotheken zu größeren leistungsfähigen Einheiten zusammengeführt, so die bereits erwähnten drei Bibliotheken im Haus der Niederlande, die Bestände der politikwissenschaftlichen Bibliotheken in der Zweigbibliothek Sozialwissenschaften und der größere Teil der sportwissenschaftlichen Literatur in der Bibliothek des Fachbereichs. Die Zweigbibliothek Medizin übernahm weitere Bestände aus ehemaligen Klinikbibliotheken. Ein herausragendes Ereignis war im September die Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Medizinbibliotheken in Münster. Zusammen mit dem Fachbereich Physik wurde eine Zweigbibliothek Physik vorbereitet: Die aktuellen Physik-Zeitschriften wurden in den Räumen des Physikalischen Instituts zusammengeführt und können dort wesentlich effektiver genutzt werden.

Arbeit in regionalen, nationalen und internationalen Gremien

Die ULB war in zahlreichen deutschen und internationalen Arbeitsgruppen und Kommissionen vertreten, vor allem zu den Themen "Qualitätsmanagement in Bibliotheken", "Bestandserhaltung", "Fortbildung" und "Internet-Nutzung". Im März veranstaltete die Bibliothek eine deutsch-britische Konferenz zu Finanzproblemen wissenschaftlicher Bibliotheken.

Planung 1996

Wichtigstes Anliegen ist der Online-Katalog der Buchbestände der Universität, der 1995 vorbereitet wurde. Im Frühjahr soll eine erste Version im Netz zur Verfügung stehen.
Die maschinenlesbare Erfassung der Zettelkataloge muß mit noch größerem Nachdruck vorangeführt werden, damit das für alle Benutzer kaum durchschaubare System unterschiedlicher Kataloge möglichst bald beendet werden kann.

Um ihre Dienstleistungen gezielt verbessern zu können, führt die Bibliothek im Januar 1996 eine Benutzerbefragung durch, die Aufschluß über Probleme und Wünsche geben soll.


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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: JB9543
Datum: 29.03.1996; 22:30 Uhr