Westfälische Wilhelms-Universität
Münster
Jahresbericht des Rektors 1995
DFG-Forschergruppe "Regulation der männlichen
reproduktiven Funktionen" und Konfokale DFG-Forschergruppe Hamburg-Münster
"Der männliche Gamet: Produktion, Reifung, Funktion" am Institut für
Reproduktionsmedizin
Mit dem Beginn des Berichtsjahres wurde am Institut für
Reproduktionsmedizin und am Institut für Hormon- und
Fertilitätsforschung der Universität Hamburg eine Konfokale DFG-
Forschergruppe Der männliche Gamet: Produktion, Reifung, Funktion
für einen Zeitraum von vorerst drei Jahren eingerichtet. Damit wurde dem
von den Mitarbeitern beider Institutionen gemeinsam vorgebrachten Antrag nach
Prüfung und Begutachtung durch eine internationale Gutachterkommission
entsprochen. Sprecher der Forschergruppe wurde Prof.Dr.med. Eberhard Nieschlag,
FRCP. Gemeinsames Ziel der insgesamt acht Teilprojekte ist die Erforschung eines
Kerngebietes der Reproduktion, die Entwicklung der männlichen Keimzellen
bis Fertilisation der Eizelle. Dadurch sollen Diagnose und Behandlung von
Fertilitätsstörungen verbessert und eine praktikable Methode der
Fertilitätskontrolle für den Mann entwickelt werden. Am Institut
für Reproduktionsmedizin werden fünf Teilprojekte mit ca. 650.000 DM
an Sachmitteln und sowie vier Wissenschaftliche Mitarbeiter, zwei Technische
Mitarbeiter, eine Wissenschaftliche Hilfskraft und eine Dokumentationsassistentin
bereitgestellt. Die bislang großzügige Förderung der
Forschungsaktivitäten des Instituts für Reproduktionsmedizin durch die
DFG nach dem Übergang des Instituts von der Max-Planck-Gesellschaft auf
die WWU bleibt somit bestehen und unterstreicht weiterhin die Bedeutung und
Notwendigkeit gemeinsamer Forschung von Naturwissenschaftlern und Medizinern
auf dem Gebiet der Fortpflanzungsmedizin.
Die DFG-Forschergruppe bearbeitet folgende Fragestellungen:
- Keimzellspezifische Gene im Primatenhoden
- Transgene Tiemodelle zur Untersuchung der Hodenfunktion und Fertilität
- Spermienreifung im Nebenhoden
- Beurteilung des männlichen Fertilitätspotentials
- Interaktion zwischen männlichen und weiblichen
Fortpflanzungsfunktionen
- Männliche Kontrazeption
Aus den zahlreichen Ergebnissen der Forschungsaktivitäten seien die
folgenden Ergebnisse hervorgehoben:
- In einem hypophysektomierten Patienten konnte eine aktivierende Mutation
des FSH-Rezeptors nachgewiesen werden. Durch diese Mutation wurde die
Keimzellreifung trotz fehlender Hirnanhangsdrüse und fehlender Sekretion der
reproduktiven Hormone aufrechterhalten. Dies ist ein sensationeller Befund, der
wichtige Informationen über die hormonelle Regulation des Hodens liefert.
- In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum wurde im
transgenen Tiermodell ein Transkriptionsfaktor nachgewiesen, der für die
Reifung der haploiden Keimzellen essentiell ist. Nach Elimination des kodierenden
Gens war die Keimzellreifung unterbrochen, obwohl die Sekretion der reproduktiven
Hormone nicht vermindert war. Damit steht möglicherweise erstmalig ein
Tiermodell für die idiopathische männliche Infertilität zur
Verfügung.
- Die Technik der in-vivo Darstellung von teilungsaktiven Zellen durch die
Bromodeoxyuridintechnik wurde am Tiermodell nicht-humaner Primaten etabliert.
Mit diesem Ansatz können frühe Keimzellen markiert und auf ihrem
Weg bis hin zum Spermium verfolgt werden. Es konnte gezeigt werden,
daß die Rate der meiotischen Teilungen nicht durch gonadotrope Hormone
beeinflußt wird.
- Mit Testosteron kann die Keimzellbildung zum Zwecke der Kontrazeption
unterdrückt werden. Eigene Studien zeigten, daß die Wirksamkeit des
Testosterons vom zirkulierenden Spiegel des Sexualhormon-bindenden Globulins
abhängt und daß die Effizienz durch GnRH-Antagonisten noch
wesentlich erhöht werden kann.
- Das Reifungsmuster und Bewegungsverhalten der Samenfäden
während der Passage durch den Nebenhoden sowie die hormonelle
Regulation dieser Vorgangs wurden erstmals am präklinischen Tiermodell
nicht-humaner Primat untersucht.
- Für die molekulargenetische Analyse von Samenfäden im Rahmen
der Mikroinjektion von Spermien in Eizellen und der In-vitro-Fertilisation zur
Behandlung von Störungen der Zeugungsfähigkeit wurde eine Methode
der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung entwickelt.
Die Aktivitäten der Forschergruppe und deren nationale und internationale
Würdigung finden im Berichtszeitraum ihren Niederschlag in 55
Veröffentlichungen und etwa 60 Vorträgen, zu denen Mitarbeiter des
Instituts eingeladen wurden.
Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: JB9537
Datum: 27.03.1996; 22:40 Uhr