Westfälische Wilhelms-Universität
Münster
Jahresbericht des Rektors 1995
Fachbereich 02 - Katholisch-Theologische Fakultät
Lehr- und Studiengänge
Die Katholisch-Theologische Fakultät in Münster ist mit 3.031
Studienfällen, 24 weniger als im Vorjahr, auch weiterhin die
größte Ausbildungsstätte für Katholische Theologie im
deutschen Sprachgebiet. Die Zahl der Erstsemester liegt mit einem Anstieg um 34
um das dreifache höher als im Vorjahr. Die in den letzten Jahren zu
beobachtende Umgewichtung der Studienziele zugunsten des Lehramtes (vor allem
Primarstufe und Sek. I) zu Lasten des Diploms und der kirchlichen
Abschlußprüfung hat sich nicht fortgesetzt. Während die Zahl der
Diplomanden gleichgeblieben ist, gab es einen Rückgang bei der Primarstufe
um etwa 9%, während die der Lehramtskandidaten für Sek. I wie Sek.
II gleichgeblieben ist. Ferner ist eine weitere Steigerung der Zahl der Promovenden
zu verzeichnen. Begründet ist dieses durch die besondere
Fächerstruktur der münsterischen Theologischen Fakultät, die vor
allem auch aus anderen Ländern (besonders Lateinamerika, Asien und Afrika,
neuerdings zunehmend aus Osteuropa) zahlreiche Nachwuchswissenschaftler
angezogen hat.
Leider geht aus der Studiengangsstatistik nicht hervor, wieviele Studierende im
Alter sich für Katholische Theologie eingeschrieben haben. Hier ist zu
überlegen, ob nicht ein besonderer Studiengang mit einem eigenen
Abschluß für diese Zielgruppe eingerichtet werden sollte.
Personal- und Nachwuchsförderung
Derzeit sind vier Lehrstühle unbesetzt: Exegese des Neuen Testaments;
Feministische Theologie; Allgemeine Religionswissenschaft; Philosophische
Grundfragen der Theologie. Während ein Ruf auf den Lehrstuhl für
Philosophie inzwischen ergangen ist, wartet die Fakultät weiterhin auf das
Ergebnis der Staat-Kirche-Verhandlungen hinsichtlich der Ausschreibung für
das Neue Testament. Diese sind nach Aussagen der Kirche schon vor Monaten
abgeschlossen worden, doch hat sich bislang das Ministerium der Universität
und der Fakultät gegenüber nicht geäußert. Für
Religionswissenschaft konnte kein Bewerber mit der gewünschten Islam-
Qualifikation gewonnen werden, so daß eine breitere Ausschreibung
erforderlich ist. Für die Feministische Theologie hat die Fakultät einen
Ausschreibungsvorschlag, der vom Ministerium gewünscht war, erarbeitet.
Die Hochschuldozentin Frau Dr. Heimbach-Steins, die sich weltweit als erste Frau
für Christliche Sozialethik in Münster habilitiert hat, hat einen Ruf nach
Bamberg angenommen. Ebenso hat der Hochschuldozent für
Liturgiewissenschaft Dr. Kranemann einen Ruf zur Leitung der weltweiten
größten Bibliothek für Liturgik am Deutschen Liturgischen Institut
in Trier angenommen.
Im Berichtsjahr gab es zwei Habilitationen: Dr. Jacob für Alte
Kirchengeschichte und Patrologie; Frau Dr. Wacker für Exegese des Alten
Testaments und Theologische Frauenforschung. Frau Wacker wurde auch mit der
Lehrstuhlvertretung für Feministische Theologie beauftragt.
Forschung und internationale Kontakte
Hier wurde weitergeführt, was im Bericht für 1994 dargelegt wurde.
Nur einige wenige Punkte seien hier genannt. Ein besonderes Proprium der
Fakultät besteht im Dialog mit dem Judentum. Dazu gibt es
Überlegungen, ein Graduiertenkolleg einzurichten, das auch andere
Fächer der Universität mit einbeziehen soll.
Die von dem 1994 emeritierten Prof. Metz in Münster begründete
Schule einer Praktischen Fundamentaltheologie, plakativ oft als Politische Theologie
gekennzeichnet, erfuhr weitere, internationale Anerkennung durch die Einrichtung
eines personenbezogenen Lehrstuhls für ihn an der Universität Wien
"für Religionsphilosophie und Weltanschauungslehre" sowie das
Ehrendoktorat der Philosophischen Fakultät der Wiener Universität
für Prof. Metz als "einen der maßgebenden und einflußreichsten
Theologen unserer Zeit".
Das Ökumenische Institut hat ein internationales Forschungssymposion durch-
geführt zum Thema "Die Orthodoxie als Chance für Europa - Europa als
Chance für die Orthodoxie" mit Wissenschaftlern aus Polen, Rußland,
Griechenland und den Niederlanden.
Das Seminar für Moraltheologie hat interdisziplinär mit Medizinern
"Feministisch-bioethische Aspekte der Gynäkologie" in einem
öffentlichen Kolloquium diskutiert.
Die Arbeits- und Forschungsstelle Feministische Theologie hat eine auch
international beachtete Bibliographie zur Feministischen Theologie erstellt.
Die umfangreichen weiteren Forschungsschwerpunkte werden in der Publikation der
WWU zum Forschungsprofil der Fakultät vorgestellt.
Entwicklung / Perspektiven
Für 1996 sind mehrere internationale Symposien geplant, u.a. gemeinsam
mit der Hebräischen Universität Jerusalem ein Psalmensymposion; eine
theologische Woche in Münster mit Vertretern aus allen Kontinenten zum
Thema "Das eine Evangelium in der Vielfalt der Kulturen", ein Symposion zum
Verhältnis von römischer und diözesaner Eigenliturgie am Beispiel
des Bistums Münster.
Angesichts der finanziellen Probleme der Universität wird auch über eine
Weiterführung der Strukturplanung der Fakultät nachgedacht werden,
um dennoch ihre besondere Stellung innerhalb der deutschen wie internationalen
Theologie erhalten zu können.
Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: JB9505
Datum: 29.02.1996; 18:10 Uhr