WWU Münster
Westfälische Wilhelms-Universität
Münster


Jahresbericht des Rektors 1994

Fachbereich 17 - Chemie



Vorbemerkungen

Der Fachbereich Chemie umfaßt 11 Institute (Anorganische Chemie, Biochemie, Lebensmittelchemie, Mineralogie, Organische Chemie, Pharmazeutische Biologie und Phytochemie, Pharmazeutische Chemie, Pharmazeutische Technologie, Physikalische Chemie, Didaktik der Chemie, Haushaltswissenschaft und Didaktik der Haushaltslehre); in ihm sind 1 Professorin und 43 Professoren tätig.

Lehre, Studiengänge

Die Zahl der Studienfälle ist auch gegenüber dem Vorjahr geringfügig von 3.360 auf 3.343 gefallen. In den chemischen Fächern liegt die gerechnete Lehrauslastung nunmehr unter 100%, die beiden strengen nc-Fächer (Pharmazie, Lebensmittelchemie) sind voll ausgelastet. In den vier grundständigen Studiengängen (Chemie [außer Lehramtsstudiengang], Pharmazie, Lebensmittelchemie, Mineralogie) wurden in 1994 insgesamt 304 das Studium abschließende Prüfungen abgelegt; es wurden 111 Promotionen durchgeführt. Insgesamt arbeiten derzeit über 300 Doktoranden in den Instituten des Fachbereichs.

Trotz des geringen Rückganges der Anfängerzahlen im Diplomstudiengang Chemie hat sich auch im Haushaltsjahr 1994 die reale Überlastsituation nicht entspannt, da zugleich eine steigende Zahl von Studierenden für das höhere Lehramt zu verzeichnen war. Die Ausbildung wird weiterhin generell durch personelle und räumliche Engpässe beeinträchtigt, die durch die Vorschriften der Gefahrstoffverordnung und Vorgaben der Approbationsordnung (in den pharmazeutischen Fächern), vor allem aber wegen der nun auch für den Bereich Chemie greifenden Stellenbesetzungssperre zusätzlich verschärft werden. Trotz des Einsatzes auch der Drittmittelbeschäftigten in der Lehre entspricht die Betreuungsrelation, vor allem in den Praktika, in allen Fächern des Fachbereichs nicht den Erfordernissen. Die im Rahmen des Programms "Qualität der Lehre" bewilligten Personal- und Sachmittel, die zur Intensivierung der Betreuung und Durchführung des Mentorenprogramms genutzt werden, bringen nur teilweise eine Entlastung. Die Arbeitsplätze für Diplom- und Doktorarbeiten reichen nicht aus. Wegen der Überlast und fehlender Investitionsmittel bestehen weiterhin große Defizite bei der "Sicherheitsausbildung" und Realisierung der Auflagen der Gefahrstoffverordnung. Zur Ausbildung der Studierenden in der Online-Nutzung von Chemiedatenbanken wurden dem Fachbereich Chemie im Rahmen des von der GDCh unterstützten BMFT-Projektes Endnutzerförderung Chemie-Datenbanken entsprechende Mittel bewilligt.

Personal, Nachwuchsförderung

Der Personalbestand der Institute reicht eigentlich nicht aus, um für die Studierenden in den Studienfächern des Fachbereichs Chemie eine qualitativ hochwertige und zugleich zügige Ausbildung zu sichern, den Doktoranden Arbeitsplätze zu garantieren und die vielfältigen Serviceleistungen für Fächer des Fachbereichs selbst und andere Fachbereiche zu erbringen. Nur durch die Einwerbung erheblicher Drittmittel ist es möglich, mehr als 50 % der in den Instituten tätigen Doktoranden aus solchen Quellen (DFG, BMFT, EG, Fonds der Chemischen Industrie, Graduiertenkollegs, VW-Stiftung, Industriekooperationen u.a.) zu finanzieren.

Wegen der immer noch anhaltenden wirtschaftlichen Rezession erhält z. Z. nur ein kleiner Teil der ausgebildeten (promovierten) Absolventen eine feste Anstellung.

Im Berichtsjahr konnten 2 Habilitationsverfahren abgeschlossen werden, weitere Verfahren stehen an, darunter befinden sich - und dies ist einmalig im Fachbereich Chemie - drei Habilitandinnen. Eine Kollegin und 5 Kollegen aus unserem Fachbereich erhielten ehrenvolle Rufe auf C4- bzw. C3-Stellen auswärtiger Universitäten, zwei Berufungen an unseren Fachbereich konnten erfolgreich abgeschlossen werden, zwei weitere werden noch verhandelt.

Forschung und internationale Kontakte

Obwohl die permanente Überlast im Bereich der Lehre zu gravierenden Behinderungen und Verzögerungen der Forschungsmöglichkeiten führt, wird in den Instituten des Fachbereichs Chemie erstklassige, international anerkannte Forschung betrieben. Die Forschungsproduktivität wird durch die hohe Zahl der Diplom- und Doktorarbeiten ebenso eindrucksvoll belegt wie durch die große Zahl von Veröffentlichungen, die zahlreichen Einladungen zu Vorträgen auf Tagungen im In- und Ausland, die Tätigkeiten vieler Kollegen als Gutachter und ihre Repräsentanz in höchsten nationalen und internationalen Fachgremien, sowie die Verleihung hochwertiger Wissenschaftspreise an Kollegen unseres Fachbereichs (Prof. Dr. Thomas Scheper [Dechema-Preis der Max-Buchner-Stiftung, Dozenten-Stipendium des Fonds der Chemischen Industrie] und Prof. Dr. Günter Harsch [1. Wettbewerbs-Preis Umweltfreundlicher Chemieunterricht ]). Über die Beteiligung an Messen, z.B. Hannover-Messe und Achema, haben einzelne Arbeitsgruppen ihre Forschungsaktivitäten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Entwicklung / Perspektiven

Durch die Eckdatenverordnung und das neue Universtätsgesetz wurden die Regelstudienzeit und einige andere studienrelevante Parameter neu festgelegt. Zu deren Umsetzung wird z. Z. versucht, die Studienordnungen neu zu erstellen und den Studienplan neu zu organisieren. Der Fachbereich Chemie hat beantragt, die Regelstudienzeit für das Fach Chemie auf 10 Semester - vorgegeben sind 9 Semester - festzulegen. Diese 10 Semester sind für eine effektive Ausbildung zwingend erforderlich. Die im Bereich Chemie an der Grundausbildung beteiligten Institute wollen die geringfügige Entlastung durch abnehmende Anfängerzahlen weiterhin im Sinne einer qualitativ bessseren und rascheren Ausbildung nutzen. Das im WS 1994/95 eingebrachte Mentorenprogramm soll den Studierenden, vor allem den Studienanfängern, u.a. einen direkteren Kontakt zu den Hochschullehrern des Fachbereichs Chemie, zur Klärung spezifisch inhaltlicher, allgemeiner und fachübergreifender Fragen, die das Studium betreffen, ermöglichen. Gleichzeitig sollen die Praktika im Grund- und Hauptstudium aktualisiert und neu gestaltet werden.

Die zunehmende Belastung in Lehre und Administration, u.a. durch Stellenreduzierungen und Stellenbesetzungssperre, zieht gleichzeitig eine Reduzierung der Forschungsaktivitäten nach sich. Die Perspektiven sind wenig vielversprechend. Durch Stagnation in der Großgerätebeschaffung und realer Reduzierung der Haushaltsmittel (bei gleichzeitig steigenden Kosten) werden auch die Chancen zur Drittmitteleinwerbung geringer, d. h. die Situation im Bereich Lehre und Forschung wird sich weiter verschlechtern.

Ein besonderes Problem stellt aber auch die Altersstruktur im Fachbereich dar. Schon jetzt ist absehbar, daß durch die steigende Zahl von Emeritierungen und Pensionierungen die Berufungsreserve des Fachbereichs nicht mehr ausreichen wird, um entsprechend hochqualifizierte Wissenschaftler für Münster gewinnen zu können. Aber auch im Bereich der Kustoden, die für die großen Institute der Chemie äußerst wichtig sind, gibt es Nachwuchsprobleme, die nur schwer zu lösen sind.


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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: D2JB9420
Datum: 28.06.1995; 02:37 Uhr