Abteilung Literatur des Mittelalters
Anthropologische Konzepte im Mittelalter Prof. Dr. Tomas Tomasek
Geschlecht und Lebensalter, sozialer Stand und Religionszugehörigkeit sind zentrale Koordinaten mittelalterlicher Anthropologie. Dabei erscheinen Geschlecht
und Lebensalter auch im heutigen Denken zunächst als universale Gegebenheiten, sind aber zugleich immer auch soziokulturelle, d.h. im Medium und Horizont von
Sprache und Literatur hergestellte Konstrukte, die historischen Wandlungen unterliegen. Quer dazu verändern sich Auffassungen zur Korrelation von Stand,
Religion und menschlicher Natur. An mittelalterlichen Texten und Sprachsystemen sind in bezug auf diese Koordinaten konkurrierende anthropologische Konzepte der
Differenzbildung und Hierarchisierung, der Asymmetrie von Allgemeinem und Besonderem, der Integration und Ausgrenzung abzulesen. Die jeweiligen Normenhorizonte
und Begründungsverfahren gilt es herauszuarbeiten und in Traditionslinien oder auch Innovationsschübe einzuordnen.