Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Sonderforschungsbereich 293
Mechanismen der Entzündung:
Interaktionen von Endothel,
Epithel und Leukozyten

von-Esmarch-Str. 58
48149 Münster
Sprecher: Prof. Dr. Clemens Sorg
 
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Fax: (0251) 83-565 49
e-mail: sfb293ms@uni-muenster.de
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Sonderforschungsbereiche
Sonderforschungsbereich 293 - Mechanismen der Entzündung: Interaktionen von Endothel, Epithel und Leukozyten


Endothel-Leukozyten-Interaktion

Unsere Erkenntnisse über den phasenhaften Ablauf des Beginns einer Entzündungsreaktion sind in den letzten Jahren erheblich gewachsen. Die Analyse der Induktion, Expression und Interaktion von Adhäsions-Molekülen hat entscheidende Fortschritte gemacht. Andererseits sind die Mechanismen der Transmigration von Leukozyten - auch international - noch wenig bearbeitet worden. Schließlich sind die molekularen Mechanismen der Differenzierung von Monozyten und Granulozyten, insbesondere auf der Ebene der Genregulation der verschiedenen Differenzierungs- und Funktionszustände, noch weitgehend unbekannt.

So wird im Teilprojekt A1 (Vestweber) die Funktion und Regulation zweier Liganden (PSGL-1 und ESL-1) endothelialer Selektine sowie deren molekulare Interaktion mit den Selektinen näher zu untersuchen sein. E- und P-Selektine sind durch inflammatorische Mediatoren induzierbare, endotheliale Adhäsionsmoleküle, die das Andocken von Leukozyten an das Endothel, also den ersten Schritt bei der Einwanderung in entzündetes Gewebe, vermitteln. Die Analyse der Funktion der Liganden soll in PSGL-1 und ESL-1 defizienten Mäusen anhand verschiedener Entzündungsmodelle untersucht werden.

Im Teilprojekt A3 (Gerke) werden die Transmigrationen von Leukozyten, insbesondere von Monozyten untersucht. Hierbei wird vor allem der Frage nachgegangen, welche Rolle das endotheliale Zytoskelett bei diesen Vorgängen spielt. Eigene Vorarbeiten legen eine Bedeutung des endothelialen Aktin-Zytoskeletts sowie calcium-regulierter Proteine (z.B. Calmodulin) an diesem Prozeß nahe. In Ausdehnung dieser Arbeiten sollen endotheliale Proteine, die mit dem Mikrofilament-System bzw. interendothelialen Kontaktstrukturen (junctions) assoziiert sind und Veränderungen im Verlauf der Transmigration unterliegen, beschrieben und funktionell bezüglich ihrer Regulation durch Calcium-Signale charakterisiert werden.

In Teilprojekt A4 (Roth/Harms) sollen zwei calcium-bindende Proteine und deren Rolle während der Interaktion von Monozyten mit dem Endothel untersucht werden. Inzwischen ist klar geworden, daß die Proteine bei der Adhärenz von Monozyten und Granulozyten, insbesondere bei der Bindung der b2-Integrine eine Rolle spielen. Da inzwischen nachgewiesen wurde, daß die Interaktion von Monozyten mit aktivierten Endothelien zur Freisetzung dieser Proteine führt, soll die extracelluläre Wirkung des sezernierten MRP8 und MRP14 auf den Aktivierungsgrad von Endothelzellen analysiert und eine mögliche Rolle bei der Adhärenz und Diapedese offenbart werden.

Ein weiteres Teilprojekt (Teilprojekt A5 - Galla ) befaßt sich mit der Transmigration von immunkompetenten Zellen durch das Capillar-Endothel des Gehirns. Die Besonderheit dieses Endothels liegt in der Dichtigkeit der sogenannten "tight junctions". Die Frage ist, wie diese "Permeabilität" der Blut-Hirn-Schranke unter normalen und entzündlichen Bedingungen reguliert ist und wie Leukozyten - insbesondere T-Lymphozyten - diese Barriere durchschreiten können.

Zu den schwersten Verlaufsformen invasiver, durch S. aureus verursachter Infektionen, zählen solche, die durch ihre endovaskuläre Manifestation charakterisiert sind. Das Teilprojekt A6 (Herrmann/Peters/Kehrel) befaßt sich daher mit der Aktivierung/ Schädigung des vaskulären Endothels bei S. aureus Infektionen. Infektionspathologisch kommt es hierbei zu einem Ablauf von Ereignissen, die modellhaft in der bakteriellen Endokarditis mit einer Endothelschädigung, Freisetzung subendothelialen Substrats, Immobilisierung von Thrombozyten und Fibrin, Adhäsion von Mikroorganismen, Freisetzung von Thrombozyten-Inhaltsstoffen mit mikrobizider Wirkung und sekundärer Aktivierung von Komplement und Leukozyten zu beschreiben sind. Im vorliegenden Projekt ist die Untersuchung der biomolekularen Interaktion und der molekularen sowie zellbiologischen Bedingungen der Thrombozytenaktivierung geplant. Ferner ist geplant, die Untersuchungen nunmehr unter Einbeziehung des Endothels als natürlichem Substrat für die initiale Bindung und konsekutive Proliferation und Persistenz von Staphylokokken - insbesondere im Hinblick auf die komplexen Wechselwirkungen zwischen Endothel, Thrombozyten und Staphylokokken - zu untersuchen. Damit wird der Frage der initialen Aktivierung von Endothelzellen ein neuer klinisch wichtiger Aspekt hinzugefügt.

Entzündungsreaktionen führen nicht nur zur Eliminierung des Pathogens, sondern verursachen auch als unerwünschten Nebeneffekt Gewebsuntergang bis hin zu ausgedehnter Nekrose und setzen damit auch wieder Reparaturmechanismen in Gang. Ein wichtiger von Reparaturmechanismen ist die Revaskularisierung von Gewebe. Das Teilprojekt A7 (Schönherr) beschäftigt sich mit der entzündungsbedingten Angio genese, insbesondere mit der Rolle von Decorin, einem kleinen multifunktionellen Dermatan-Sulfat-Proteoglykan. In Voruntersuchungen wurde gezeigt, daß Decorin von "aussprossenden" Endothelzellen in Kultur und von Capillar-Endothelien in entzündlich verändertem menschlichen Gewebe, aber nicht von ruhenden Endothelzellen synthetisiert wird. Der Zusammenhang zwischen Angiogenese und Decorinexpression soll in vivo am Angiogenesemodell von subkutan implantierten Polyätherschwämmchen in der Ratte verifiziert werden. Da die Expression von Decorin mit der Verhinderung der Apoptose von Endothelzellen korreliert, soll nach Kandidatengenen gesucht werden, die in die Decorin-vermittelte Apoptosehemmung eingeschaltet sind.

Ein für alle Entzündungsreaktionen zentrales Zellsystem sind die Makrophagen. Ihre Vielzahl von Funktionen in allen Organen und Geweben ist äußerst beeindruckend. Die Entstehung der Heterogenität des Makrophagensystems und ihre Beschreibung in zell- und molekularbiologischen Begriffen ist für die Forschung eine große Herausforderung. Dieser Frage widmen sich die Teilprojekte A8 - A11. Das Teilprojekt A8 (Sunderkötter) hat sich zum Ziel gesetzt, die unterschiedlichen Makrophagen-Phänotypen im entzündlichen Infiltrat zu definieren und zu erklären. Ausgangspunkt der Fragestellung ist die Beobachtung, daß im Blut der Maus zwar Leukozyten mit der klassischen Morphologie von Monozyten zu finden, diese jedoch nicht als einwandernde Zellen in einem Entzündungsgebiet zu beobachten sind. Vielmehr finden sich im Blut der Maus Zellen mit ringförmigen Kernen, die - wie sich in den ausgedehnten Vorarbeiten zeigte - sowohl Vorläufer für Granulozyten als auch für Monozyten darstellen. Dies unterstützt die Annahme, daß Makrophagen sich aus eingewanderten Vorläuferzellen entwickeln,  die möglicherweise zumindest für ihre weitere Entwicklung bipotent sind. Die Arbeitshypothese ist, daß diese Ringzellen unter bestimmten Bedingungen entweder in die monozytäre oder aber in die granulozytäre Reihe differenzieren können.

Im Rahmen des Teilprojektes A10 (Nacken/Sorg) wurde eine MRP14-knock out Maus hergestellt. Sämtliche Arbeiten wurden in Münster durchgeführt. Dies ist darüberhinaus die erste knock-out Maus für ein S100 Protein. Da MRP14 ebenso wie MRP8 in Granulozyten bis zu 40 % der zellulären Proteine ausmacht und bei Monozyten bis zu 10 % , ist um so erstaunlicher, daß diese Mäuse keinen offensichtlichen Phänotyp zeigen. Hinweise haben sich jedoch ergeben, daß diese MRP14-k.o.-Mäuse verschieden sind von ihrem Wildtyp hinsichtlich ihrer Infektresistenz und der Differenzierung von Knochenmarksstammzellen in Makrophagen. Im Rahmen einer detaillierten Phänotyp-Analyse soll insbesondere auch untersucht werden, ob die Leukozyten (Granulozyten und Monozyten) sich in ihrem Adhärenz- und Diapedese-Verhalten vom Wildtyp unterscheiden, da inzwischen von uns und anderen gezeigt wurde, daß MRP14 eine wichtige Rolle bei der Adhärenz über b2-Integrine spielt.

Das Teilprojekt A11 (Klempnauer) befaßt sich mit den frühen Vorgängen der Differenzierung von Stammzellen in die myeloisch-monozytäre Reihe. Ziel dieses Projektes ist es, Faktoren zu identifizieren, die für die Aktivierung und Differenzierung spezifischer Gene verantwortlich sind und dadurch unmittelbaren Einfluß auf die Zelldifferenzierung ausüben. Durch die Analyse von Genen, die spezifisch in granulozytären bzw. monozytären Zellen exprimiert werden, sollen in einem ersten Schritt regulatorische DNA-Elemente identifiziert werden, die für die zelltypspezifische und differenzierungsabhängige Expression dieser Gene verantwortlich sind. Dieses Projekt stellt einen der wenigen Ansätze dar zum Verständnis der Differenzierung von Stammzellen in myeloisch-monozytäre Zellen, und soll insbesondere zum Verständnis der Entstehung der Heterogenität von Makrophagen beitragen.

Vasculitiden sind ein klinisch häufiges Phänomen, sind jedoch in ihren Mechanismen wenig verstanden. So kommt es im Laufe von Entzündungsreaktionen zu Schädigung und Zerstörung von Endothel und es ist anzunehmen, daß auch Apoptose ein wichtiger Mechanismus des endothelialen Untergangs darstellt. Ziel des Projektes A12 (Schulze-Osthoff/Riehemann) ist es, die bislang wenig verstandene Rolle von CD95L und TRAIL im Endothel zu untersuchen. Einige Beobachtungen lassen vermuten, daß CD95 und TRAIL vermittelte Signalwege eine regulatorische Funktion im Endothel besitzen. Sowohl der CD95-Ligand (CD95L) als auch sein Rezeptor werden im Endothel exprimiert. Im Gegensatz zu vielen Zelltypen induziert CD95 im Endothel jedoch weder Apoptose noch andere z. T. genregulatorische Effekte. Vielmehr besitzt CD95 vermutlich eine antiinflammatorische Funktion, indem es u.a. die TNF-stimulierte Extravasion von Leukozyten inhibiert. Anhand von Expressionsstudien, pharmakologischen Experimenten und transgenen Tiermodellen sollen diese Fragen bearbeitet werden.

 
 

Hans-Joachim Peter
EMail: vdv12@uni-muenster.de
HTML-Einrichtung: Izabela Klak
Informationskennung: FO31AA01
Datum: 2003-07-24