Westfälische Wilhelms-Universität
Münster
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Zentrum für Niederlande-Studien Alter Steinweg 6/7 48143 Münster Direktor: Prof. Dr. Friso Wielenga |
Tel. (0251) 83- 2 85 11
Fax: (0251) 83- 2 85 20 e-mail: zentrum.fuer.niederlandestudien@uni-muenster.de www: http://www.hausderniederlande.de |
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002 Forschungszentren
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Die Niederlande, Jugoslawien und die internationale Strafgerichtsbarkeit
Die internationale Gemeinschaft wird verstärkt mit schweren Verbrechen konfrontiert, deren Umfang
und Auswirkungen weit über die jeweils betroffenen Regionen hinausgehen. Insbesondere die Ereignisse
in Ruanda und dem ehemaligen Jugoslawien haben die Bereitschaft wachsen lassen, neben den klassischen
Instrumenten der Einflußnahme wie Diplomatie, Wirtschaft und Militär auch das internationale
Strafrecht zur Aufarbeitung solcher Verbrechen, langfristig auch als ein mögliches Mittel der
Abschreckung und Prävention einzusetzen.
Die Niederlande haben seit langem eine große Bedeutung für internationale Rechtsfragen. Hugo
Grotius gilt als einer der Begründer des Völkerrechts. Mit dem Namen Den Haag, Gastgeberin der
Friedenskonferenzen 1902 und 1907, ist die Internationale Landkriegsordnung verbunden, welche die Exzesse
der Kriegsführung mildern sollte. Den Haag ist seit 1945 Sitz des Internationalen Gerichtshofs der
Vereinten Nationen, der bei Streitfragen zwischen Staaten angerufen werden kann. Die niederländische
Residenzstadt ist Sitz des vom UN-Sicherheitsrat eingerichteten Sondergerichts für das ehemalige
Jugoslawien und wird demnächst Sitz des Ständigen Internationalen Strafgerichtshofes, dessen
Gründung 1998 mit einer UN-Staatenkonferenz in Rom begann und schwerste Menschheitsverbrechen
ahnden soll: Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Fragen des internationalen Ausgleichs, der Friedenssicherung und der Achtung der Menschenrechte spielen
auch in der Formulierung der niederländischen Außenpolitik schon lange eine wichtige Rolle: So
wurde die neue Richtung der Kolonialpolitik in ihrer letzten Phase als 'ethisch' bezeichnet, sah sich das neutrale
Königreich vor dem Zweiten Weltkrieg als Vorbild pazifistischer Zurückhaltung, nach dem Krieg
als 'gidsland', als Avantgarde internationaler Kooperation. Auch deshalb löste die Rolle der
niederländischen Blauhelm-Soldaten beim Massaker von Srebrenica 1995 heftige innenpolitische und
internationale Diskussionen aus.
Aus Anlaß der Verleihung des Westfälischen Friedenspreises 2002 an die Chefanklägerin
des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag, Frau Carla Del Ponte,
organisierte das Zentrum für Niederlande-Studien am 5. Juni 2002 ein Kolloquium über die
Grenzen und Möglichkeiten internationaler Strafgerichte in Den Haag. Im Mittelpunkt des Kolloquiums
standen die Niederlande als Gastland und die Geschichte der internationalen Gerichte sowie die tägliche
Praxis am Beispiel der Verhandlungen im Zusammenhang mit den Kriegsverbrechen im ehemaligen
Jugoslawien. Darüber hinaus wurde das Srebrenica-Trauma in den Niederlanden thematisiert. Die
Vorträge von Floribert Baudet, Albert Kersten und Paul Stoop sind in diesem Jahrbuch abgedruckt.
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