Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Klinik und Poliklinik für
Psychiatrie und Psychotherapie

Albert-Schweitzer-Str. 11
48149 Münster
Direktor: Prof. Dr. Volker Arolt
 
Tel. (0251) 83-56601/-56602
Fax: (0251) 83-56612
e-mail: kpsych@uni-muenster.de
www: http://medweb.uni-muenster.de/institute/psych
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Molekulare Psychiatrie


Neuroplastizität

In der Entstehung psychotischer Erkrankungen (Schizophrenien, affektive Psychosen) spielen neben genetischen Faktoren auch Umweltfaktoren eine wichtige Rolle. So finden sich Hinweise darauf, dass im Gehirn Betroffener subtile chronisch entzündliche Vorgänge ablaufen, die sowohl funktionelle wie morphologische Veränderungen verursachen können. Es wird angenommen, dass den entzündlichen Vorgängen akute Infektionen, die Aktivierung eines slow virus und/oder Autoimmunreaktionen zugrunde liegen könnten. Dies führt zu einer Aktivierung der Mikroglia und Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen. Die Entzündungsreaktion ist jedoch derart, dass es nicht zu massiven Zelluntergängen kommt mit der Folge einer gliösen Narbenbildung. Vermutlich werden statt dessen Apoptosemechanismen in Gang gesetzt, die zu einer Rarifizierung von Dendriten und Synapsen und zu einer Schrumpfung der Neurone führen.

Im Zentrum des Interesses steht die Funktionsweise des astrozytären Proteins S100B. S100B fördert konzentrationsabhängig neurodegenerative oder -regenerative Mechanismen. Mikromolare in vitro Konzentrationen fördern die Differenzierung von Neuronen und Astroglia, beschleunigen Alterungsprozesse und degenerative Mechanismen. Nanomolare Konzentrationen hingegen unterstützen die Proliferation von Neuronen und damit die Ausbildung von Dendriten und Synapsen.

In primären hippocampalen Zellen der Ratte konnten wir zeigen, dass S100B in Konzentrationen zwischen 0,02 ng/ml und 200 ng/ml einen neuroprotektiven Effekt entfaltet. Dieser Effekt wird nur wirksam, wenn IkBa degradiert wird. Außerdem wurde deutlich, dass S100B NF-kB auf einem vom RAGE-Rezeptor unabhängigen Weg induziert.

Die Ergebnisse fanden Eingang in klinische Studien mit an einer schizophrenen oder affektiven Psychose erkrankten Patienten. Es konnte gezeigt werden, daß insbesondere schizophrene Patienten mit führender Negativsymptomatik (kognitive Störungen, Affektverflachung, sozialer Rückzug) eine erhöhte Konzentration dieses gehirnspezifischen Proteins S100B aufweisen. In der Gruppe der depressiven Störungen fand sich eine S100B-Erhöhung lediglich bei melancholisch (endomorph) Depressiven, während Patienten mit nicht-melancholischen Depressionsformen normale S100B-Werte aufwiesen. Dabei stellte S100B klinisch einen maßgeblichen Faktor in Bezug auf die Therapieresponse der melancholisch Depressiven dar. Derzeit steht noch der Nachweis aus, ob die in klinischen Gruppen erhöhten S100B-Werte eine astrozytäre Schädigung widerspiegeln oder Ausdruck einer verstärkten aktiven Freisetzung durch die Astrozyten sind mit dem Ziel, eine stattfindende oder stattgehabte Schädigung zu reparieren.

Beteiligte Wissenschaftler:

Dr. med. Matthias Rothermundt (Leiter), Prof. Dr. med. Volker Arolt, Dr. med. Markus Diedrich, Dr. med. Marion Peters, Dipl. hum. biol. Gerald Ponath, Priv. Doz. Dr. Jochen H.M. Prehn (IZKF-Nachwuchsgruppe)

Veröffentlichungen:

Rothermundt M, Missler U, Arolt V, Peters M, Leadbeater J, Wiesmann M, Rudolf S, Wandinger KP, Kirchner H: Increased S100B blood levels in unmedicated and treated schizophrenic patients are correlated with negative symptomatology. Molecular Psychiatry 6 (2001) 445-449

Rothermundt M, Arolt V, Wiesmann M, Missler U, Peters M, Rudolf S, Kirchner H:S-100B is increased in melancholic but not in non-melancholic major depression.Journal of Affective Disorders 66 (2001) 89-93

Svensson B, Peters M, König HG, Poppe M, Levkau B, Rothermundt M, Arolt V, Kögel D, Prehn J: Vascular endothelial growth factor protects cultured rat hippocampal neurons against hypoxic injury via an antiexcitotoxic, caspase-independent mechanism. Journal of Cerebral Blood Flow & Metabolism 22 (2002) 1170-1175

Rothermundt M, Peters M, Leadbeater J, Wiesmann M, Rudolf S, Wandinger KP, Kirchner H, Arolt V: S100B as indicator for ongoing neuroplastic activity in schizophrenia. In: Arolt V (Ed): Thieme Web-Book Psychoneuroimmunology, Thieme, Stuttgart, 2002, pp 12-15

 
 

Hans-Joachim Peter
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Datum: 2003-07-30