Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Institut für Medizinische Mikrobiologie

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48149 Münster
Direktor: Prof. Dr. Georg Peters
 
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Biologie und Pathogenese von Staphylokokken-Infektionen


Biologie von Infektionen durch Small Colony-Variants (SCVs) von Staphylokokken

Nach bisherigem Verständnis ist S. aureus im Wirt primär ein extrazellulär überlebender und proliferierender Erreger mit hohem pathogenen Potential. S. aureus-Infektionen können jedoch auch ausgeprägt chronisch-persistierend mit begrenzter Aggression und entsprechend limitierter inflammatorischer Wirtsreaktion verlaufen, obwohl der verursachende S. aureus-Stamm das gesamte Potential der entsprechenden "akuten" Virulenzfaktoren besitzt. Durch die Beobachtung, daß bestimmte chronische Verläufe von S. aureus-Infektionen mit der Isolierung phänotypischer S. aureus-Varianten, die intrazellulär persistieren können, assoziiert sind, konnte ein neues Konzept im Verständnis dieser chronisch-persistierenden Verlaufsformen erarbeitet werden. Diesem Konzept zugrunde liegen die aufgrund ihres reduzierten Wachstums auf soliden Nährmedien als "Small Colony Variants" (SCVs) bezeichneten phänotypischen Varianten. SCVs von S. aureus repräsentieren Subpopulationen der Spezies mit vom normalen Phänotyp abweichenden Charakteristika. In grundlegenden Untersuchungen konnten wir eine Assoziation von Elektronentransportdefekten (z.B. in der Häminbiosynthese) und dem SCV-Phänotyp aufdecken sowie Hinweise für spezifische Veränderungen in der Expression von Virulenzfaktoren aufzeigen.

Zur Analyse der Expression von Virulenzfaktoren bei SCVs wurden Mutanten in einem Häminbiosynthesegen (hemB) konstruiert, die den Phänotyp der SCVs widerspiegeln. Bei Untersuchungen zur Fibrinogen- und Fibronectin-vermittelte Adhäsion konnten wir anhand dieser Mutanten nachweisen, daß die Adhäsion sowohl zu Fibrinogen- als auch zu Fibronectin-beladenen "Coverslips" im Vergleich zum isogenen Elternstamm signifikant stärker ausgeprägt war. In weiteren Untersuchungen zeigte sich, daß die hemB-Mutante mehr anti-ClfA-Antikörper und FITC-markiertes Fibronectin bindet. Auch konnten wir darstellen, daß sowohl RNAIII-positive als auch RNAIII-negative hemB-Mutanten effizienter durch humane embryonale Nierenzellen internalisiert werden als die entsprechenden Elternstämme (in Zusammenarbeit mit der AG Vaudaux, Genf).

In einer weiteren Studie wurden die physiologischen Grundlagen im Zusammenhang mit der besonderen Antibiotikaresistenz der SCVs untersucht. Bei Wachstum in chemisch definiertem Medium (CDM) fiel der DY-Wert bei den SCV-Isolaten (im Gegensatz zu isogenen Elternstämmen mit normalem Phänotyp) unverzüglich auf einen Bereich unter -100 mV, wenn Glukose verbraucht und andere Stoffe wie Acetat und Laktat kein weiteres Wachstum mehr ermöglichten. Dementsprechend fiel bei den SCVs auch die Empfindlichkeit gegenüber Aminoglykosiden um einen Faktor zwischen 10 und 30 ab. Wenn für die Empfindlichkeitsprüfung CDM verwendet wurde, variierte die Antibiotikasensitivität der SCVs entsprechend der Höhe des DY (in Zusammenarbeit mit der AG Sahl, Bonn).

In zwei Tiermodellen wurden die konstruierten hemB-Mutanten (in einem Tiermodell zusätzlich eine menD-Mutante mit einem Defekt in einem der Menadion-Gene) mit SCV-Phänotyp auf ihre Virulenz im Vergleich zu den isogenen Elternstämmen mit normalen Phänotyp untersucht. In einem Model der septischen Arthritis mit MMRI-Mäusen wiesen die mit der Mutante infizierten Mäuse eine höhere Frequenz und eine signifikant stärkere Ausprägung der Arthritis auf, allerdings bei signifikant niedriger bakterieller Last in den untersuchten Nieren und Gelenken. In einem Kaninchen-Endokarditis-Modell wies die hemB-Mutante eine vergleichbare Infektiosiät wie der isogene Elternstamm auf, jedoch wurden im Vergleich zu einer menD-Mutante keine persistierenden Bakterien in der Niere nachgewiesen (in Zusammenarneit mit den AGs Tarkowski, Göteborg; Bayer, Los Angeles; Proctor, Madison).

Da in früheren Studien gezeigt werden konnte, daß SCVs durch Antibiotika (z.B. Gentamicin, Trimethoprim-Sulfamethoxazol [TMP/SMZ]) induziert bzw. selektioniert werden können, wird z.Z. eine Studie durchgeführt, die sich mit der Prävalenz von SCVs bei Patienten mit AIDS unter TMP/SMZ-Prophylaxe befaßt. Kürzlich konnten wir erstmals S. aureus SCVs unter Einsatz einer 16S rRNA Hybridisierung auch in situ direkt aus klinischem Untersuchungsmaterial nachweisen. Ein neuer Zugang zum Studium des SCV-Phänotyps auf der Basis der micro-Array-Technik (Gene chips) wird derzeit etabliert.

Weitere Studien zum SCV-Phänotyp, siehe Forschungsbericht-Punkte zu den Themen "Mukoviszidose" und "Resistenz".

Drittmittelgeber:

Bundesminister für Forschung und Technologie (Network of Competence "Pathogenomics"); IMF EI 119912

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Christof von Eiff, PD Dr. Karsten Becker, Dr. Barbara Kahl, Dr. Frank Kipp, Dr. Reza Khoschkhoi, Gabriele Lubritz, cand. rer. medic. Nahed Al Laham, cand. med. Birgit Haselow, Univ.-Prof. Dr. Georg Peters

Veröffentlichungen:

Von Eiff, C. K. Becker, D. Metze, G. Lubritz, J. Hockmann, T. Schwarz, G. Peters. Intracellular Persistence of Staphylococcus aureus Small Colony Variants (SCVs) within Keratinocytes: A Cause for Antibiotic Failure in a Patient with Darier's Disease. Clin. Infect. Dis. 32: 1643-1647 (2001)

Vaudaux, P., P. Francois, C. Bisognano, W.L. Kelley, D.P. Lew, J. Schrenzel, R.A. Proctor, P.J. McNamara, G. Peters, C. von Eiff. Increased expression of clumping factor and fibronectin-binding proteins by hemB mutants of Staphylococcus aureus expressing small colony variant phenotypes. Infect. Immun. 70: 5428-5437 (2002)

Baumert, N., C. von Eiff, F. Schaaff, G. Peters, R.A. Proctor, H.-G. Sahl. Physiology and antibiotic susceptibility of Staphylococcus aureus small colony variants. Microb. Drug Resist. 8: 253-260 (2002)

Schmitz, F.J. A.C. Fluit, A. Beeck, M. Perdikouli, C. von Eiff. Development of chromosomally encoded resistance mutations in small-colony variants of Staphylococcus aureus. J. Antimicrob. Chemother. 47: 113-115 (2001)

Rolauffs, B., T.M. Bernhardt, C. von Eiff, M.L. Hart, D. Bettin. Osteopetrosis, femoral fracture, and chronic osteomyelitis caused by Staphylococcus aureus small colony variants (SCV) treated by girdlestone resection - 6-year follow-up. Arch. Orthop. Trauma Surg 122: 547-550 (2002)

Von Eiff, C., Peters, G., Proctor, R.A. Small Colony Variants of Staphylococcus aureus: mechanisms for production, biology of infection, and clinical significance. In: Honeyman, A.L., Friedman, H., Bendinelli, M. Staphylococcus aureus infection and disease. Kluwer Academic/Plenum Publishers, New York, p. 17-34 (2001)

Von Eiff, C., G. Lubritz, C. Heese, B. Ritzerfeld, K. Becker, G. Peters. Staphylococcus aureus small colony variants in patients with AIDS, P 099. 53. Tagung der Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, Aachen 2001, International Journal of Medical Microbiology, Vol. 291 (Suppl. 32), Abstract P 099 (2001)

Von Eiff, C., F. Kipp, K. Becker, G. Peters. Comparison of different methods to identify methicillin resistance in SCVs of Staphylococcus aureus. 53. Tagung der Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, Aachen 2001, International Journal of Medical Microbiology, Vol. 291 (Suppl. 32), Abstract P 011 (2001)

Kipp, F., W. Ziebuhr, K. Becker, V. Krimmer, N. Höß, G. Peters, C. von Eiff. Detection of methicillin resistant Staphylococcus aureus small colony variants (SCVs) by 16S rRNA-directed in situ hybridisation in a patient with brain abscess. 53. Tagung der Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, Aachen 2001, International Journal of Medical Microbiology, Vol. 291 (Suppl. 32), Abstract P 001 (2001)

Von Eiff, C., B. Haselow, G. Peters, K. Becker. Molecular marker analysis in electron transport-deficient Staphylococcus aureus small colony variants. 2nd International Conference "Genomics in Infectious Diseases", Würzburg, Abstract, p. 44 (2002)

Vaudaux, P., P. Francois, C. Bisognano, W.L. Kelly, D.P. Lew, J. Schrenzel, R.A. Proctor, P.J. Namara, G. Peters, C. von Eiff. Increased expression of ClfA and FnBPs by hemB mutants of Staphylococcus aureus expressing small colony variant (SCV) phenotypes. 10th International Symposium on Staphylococci and Staphylococcal Infections, Tsukuba, Japan, Abstract ISSSI 264- 01 (2002)

W. Ziebuhr, J. Hacker, G. Bierbaum, A. Reipert, S. Engelmann, M. Hecker, C. von Eiff, K. Becker, G. Peters, R. Rosenstein, F. Götz. Genome analyses and expression profiling of S. aureus and S. epidermidis using DNA-microarrays“Gegenwart und Zukunft der bakteriellen Genomforschung in Deutschland“, DECHEMA, GenoMik-Kompetenznetzwerke, Bielefeld, 10.-11.10.2002, P49, S. 76

 
 

Hans-Joachim Peter
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Datum: 2003-07-30