Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie
und operative Intensivmedizin

Albert-Schweitzer-Str. 33
48149 Münster
Direktor: Univ.- Prof. Dr. H. Van Aken
 
Tel. (0251) 83- 47252 / 53 /58
Fax: (0251) 88704
e-mail: anaest@anit.uni-muenster.de
www: http://medweb.uni-muenster.de/institute/anaest
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin
Klinische Kardioanästhesie / Immungenetische Prädisposition


Natriuretische Peptide
- Natriuretische Peptide bei operativen Intensivpatienten - Zerebrales Salzverlust-Syndrom

Hintergrund:
Natriuretische Peptide bei operativen Intensivpatienten und herzchirurgischen Patienten
Bislang sind drei natriuretische Peptide im menschlichem Blutplasma beschrieben worden. Das "atrial natriuretic peptide" (ANP), das "brain natiuretic peptide" (BNP) und das "C-type natriuretic peptide" (CNP). ANP und BNP sind kardiale Hormone mit natriuretischen und vasodilatatorischen Eigenschaften. Beide Hormone werden vermehrt sezerniert bei Krankheiten, die zu einem erhöhten Herzzeitvolumen oder einer zunehmenden intravasalen Druckbelastung führen. Hauptbildungsort des ANP sind die myoendokrinen Zellen des Herzmuskels, die sich im rechten und linken Vorhof befinden. Eine quantitativ geringere Sekretion erfolgt auch aus endokrinen Zellen beider Herzkammern. Nachgewiesene Reize für die ANP-Sekretion sind die Erhöhung des transmuralen Druckes und eine Zunahme der Herzfrequenz. BNP wurde erstmalig 1988 im Schweinehirn als zweites natriuretisches Peptid entdeckt. Beim Menschen wird BNP hauptsächlich im Ventrikel, aber auch im Atrium des Herzens synthetisiert. Trotz der ähnlichen Struktur von BNP und ANP, weisen eine unterschiedliche Genexpression, die unterschiedlichen Sekretionsorte und der unterschiedliche Metabolismus auf separate physiologische Eigenschaften hin. Der Bildungsort und die physiologischen Eigenschaften des CNP hingegen sind bislang unbekannt.

Zerebrales Salzverlustsyndrom:
Drei Hypothesen wurden in den letzten Jahrzehnten entwickelt, um Hyponatriämien bei akuten Hirnerkrankungen zu erklären. Erstens das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion, das eine Dilutionshyponatriämie verursacht; zweitens eine Abnahme des extrazellulären Natriums und eine Zunahme des intrazellulären Kaliums bedingt durch eine Hemmung der Na+/K+-ATPase; und drittens das sogenannte zerebrale Salz-Verlustsyndrom, charakterisiert durch eine gesteigerte Natriurese und Diurese, die zu einer negativen Natriumbilanz führen. Als Ursache des zerebralen Salz-Verlustsyndroms wird eine zerebrale Dysfunktion hinsichtlich der Steuerung der renalen Natriumreabsorption angenommen. Jedoch konnte der postulierte hirneigene natriuretische Faktor bislang nicht identifiziert werden.

Ergebnisse:
Natriuretische Peptide bei operativen Intensivpatienten und herzchirurgischen Patienten
Bei operativen Intensivpatienten finden sich im Vergleich zur laboreigenen Kontrolle etabliert an gesunden Probanden sowohl erhöhte ANP als auch erhöhte BNP Konzentrationen. Während die ANP Konzentrationen bei allen Patienten unabhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung gleichmäßig erhöht waren, zeigten die BNP Konzentrationen eine deutliche Variation und zwar abhängig von der jeweiligen Erkrankung. So fanden sich deutlich erhöhte BNP Konzentrationen vor allem bei Patienten mit spontanen Subarachnoidalblutungen und bei Patienten, die sich herzchirurgischen Eingriffen unterziehen mussten. Demgegenüber korrelierten die ANP und nicht die BNP Konzentrationen mit Parametern des Wasser- und Elektrolythaushalts, so dass bei operativen Intensivpatienten ANP in die Aufrechterhaltung des Wasser- und Elektrolythaushalts involviert ist. Weder ANP noch BNP sind Prädiktoren für Morbidität und weiteren Krankheitsverlauf kritisch kranker Patienten. Auf diesen Ergebnissen aufbauend wurden die Plasmakonzentrationen von ANP und BNP bei Patienten untersucht, die sich einer aortokoronaren Revaskularisation oder einem Mitral- oder Aortenklappenersatz unterziehen mussten. Erhöhte ANP Konzentrationen waren bei allen Patienten unabhängig von der Grunderkrankung während der Reperfusionsphase am Ende der extrakorporalen Zirkulation nachweisbar. Die BNP Konzentrationen waren bei den Patienten mit koronarer Herzerkrankung postoperativ erhöht in Abhängigkeit vom Ausmaß der vorbestehenden myokardialen Funktionseinschränkung und der intraoperativen Myokardischämie. Präoperativ erhöhte BNP Konzentrationen waren assoziiert mit einer postoperativen Letalität erhoben über einen Zeitraum von 2 Jahren. Die Patienten mit Mitral- und Aortenklappenvitium hatten schon präoperativ deutlich erhöhte BNP Konzentrationen, die sich perioperativ nicht änderten. ANP und BNP haben somit bei herzchirurgischen Patienten ein unterschiedliches Sekretionsmuster, wobei ANP in die akute Volumenregulation involviert ist und BNP in Abhängigkeit von der Myokardischämie vermehrt sezeniert wird und bei chronischer Volumen und/oder Druckbelastung des linken Ventrikels chronische erhöht ist ohne auf eine kurzzeitige Myokardischämie zu reagieren.

Zerebrales Salzverlustsyndrom:
Bei Patienten mit aneurysma-bedingter Subarachnoidalblutung konnte in einer klinischen Studie eine gesteigerte Diurese, Natriurese und fraktionelle Natriumausscheidung bei unveränderter Kaliumauscheidung gefunden werden im Vergleich zu einer Kontrollgruppe von Patienten, bei denen ein Hirntumor entfernt wurde. Die BNP-Konzentrationen waren bei den Patienten mit Subarachnoidalblutung schon präoperativ und im gesamten weiteren Untersuchungsverlauf im Vergleich zu den Tumorpatienten erhöht, bei parallel supprimierten Aldosteron-Konzentrationen, während ANP-, Kortisol-, ADH- und Renin-Konzentrationen in beiden Gruppen im Normbereich lagen. Erhöhte vermutlich zerebral sezernierte BNP-Konzentrationen führen zu einer konsekutiven Suppression der Aldosteron-Konzentrationen und tragen auf diesem Weg zu der Entwicklung eines zentralen Salzverlustsyndroms bei. Erhöhte BNP und zum Teil auch ANP Konzentrationen fanden sich sowohl bei Kindern mit angeborenem Hirntumor als auch bei Kindern mit einem zerebralen Infarkt aufgrund einer traumatischen Dissektion der Arteria Carotis, die klinisch ebenfalls ein zerebrales Salzverlustsyndrom entwickelt hatten. BNP und auch ANP sind demnach ein Teil eines Regelkreises dessen Extreme das Syndrom der inadäquaten ADH Sekretion und das zerebrale Salzverlustsyndrom sind.

Beteiligte Wissenschaftler:

Mitarbeiter: Prof. Dr. E. Berendes, Dr. C. Schmidt, Dr. S. Wirtz, Dr. M Grosse Hartlage

Kooperationen: PD. Dr. M. Walter, Dr. B. Schlüter (Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Institut für Arterioskleroseforschung), Prof. Dr. David Garbers (Department of Biochemistry, Southwestern Medical Center, Dallas)

 
 

Hans-Joachim Peter
EMail: vdv12@uni-muenster.de
HTML-Einrichtung: Izabela Klak
Informationskennung: FO05AGA02
Datum: 2003-07-29