Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Institut für Informations-,
Telekommunikations- und Medienrecht

Leonardo Campus 9
48149 Münster
Komm. Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. Thomas Hoeren
 
Tel. (0251) 83-29919
Fax: (0251) 83-21177
e-mail: rechtsinformatik@uni-muenster.de
www: http://www.itm.uni-muenster.de/
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 03 - Rechtswissenschaftliche Fakultät
Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht
Zivilrechtliche Abteilung: rechtsinformatik@uni-muenster.de
Tel. (0251) 83- 29919, Prof. Dr. Thomas Hoeren


Forschungsstelle für Gewerblichen Rechtsschutz

Hochaktuelle Entwicklungen, wie etwa die Diskussion um den Patentschutz von Software, die Bedeutung des Markenschutzes für Internet-Domains und die Umsetzung der Biopatentrichtlinie in das deutsche Recht, belegen die enge Verwandtschaft zwischen dem vergleichsweise jungen Informationsrecht und dem traditionellen Gewerblichen Rechtsschutz. Dieser Umstand sowie die bekannte Tatsache, dass; der Immaterialgüterschutz gemessen an seiner praktischen Bedeutung in Forschung und Lehre ein Schattendasein fristet, führten im Sommersemester 1998 zur Einrichtung der Forschungsstelle für Gewerblichen Rechtsschutz. Die Forschungsstelle ist dem ITM räumlich und organisatorisch angegliedert. Ihr Direktor ist Prof. Dr. Thomas Hoeren, der die Arbeit auch inhaltlich betreut. Die Forschungsstelle versteht sich in besonderer Weise als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Wirtschaft - eine Tugend, die sich nicht zuletzt auch aus der besonderen Art der Finanzierung erklärt. Da nur sehr begrenzt auf Hochschulmittel zurückgegriffen werden kann, erfolgt die Finanzierung zum einen durch projektbezogene Drittmittel, zum anderen aus den Mitteln eines Fördervereins, dessen Mitglieder überwiegendUnternehmen der gewerblichen Wirtschaft (u. a. Miele, Claas und BASF) sowie Patentanwälteund Verbände aus der Region sind. Die Aktivitäten der Forschungsstelle koordinierten im Jahre 2001 Jochen Hübner und Michael Nielen. Im Jahr 2002 übernahm Michael Veddern die Betreuung der Forschungsstelle.

  1. Forschung

    Forschungsschwerpunkt im Berichtszeitraum waren Fragen des Domain-, Marken-,  Arbeitnehmererfinderrechtes sowie der Patentierbarkeit von Software und biotechnologischen Erfindungen. Die Ergebnisse der Forschungstätigkeiten flossen in verschiedenste Veröffentlichungen zu Spezialfragen des Gewerblichen Rechtsschutzes und allgemeine Veröffentlichungen zum Informationsrecht und dessen Schnittstellen zum Gewerblichen Rechtsschutz ein. Beispielhaft hierzu sei die Veröffentlichung Recent EU Laws adressing aspects of Private International Law and International Jurisdiction related to IP Infringements on the Internet' genannt, in der sich eine kritische Bewertung der geplanten Reform der Softwarepatentierung auf EU-Ebene findet.

    Das Patent- und Arbeitnehmererfinderrechts an Hochschulen bildete bereits im vorhergehenden Berichtszeitraum einen Schwerpunkt der Forschungsarbeiten (Jochen Hübner, Hochschule und Patente - Rechtliche Bedingungen des Umgangs mit Erfindungen an Hochschulen; hrsg. vom Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW, Düsseldorf 2000). Diese Tätigkeiten sind insbesondere nach in Kraft treten (07.02.2002) der Neuregelung zum Hochschulerfinderrecht in § 42 ArbnErfG fortgesetzt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt galten die Erfindungen der Hochschullehrer per se als freie Erfindungen (sog. Hochschullehrerprivileg). Die Erfindung verwerten konnten somit allein die privilegierten Personen. Nur in Ausnahmefällen die Hochschule einen angemessenen Anteil am Verwertungserlös beanspruchen.

    Mit der Neuregelung hat sich die rechtliche Situation vollständig umgekehrt. Den Hochschulen ist nunmehr - ähnlich wie sonstigen Arbeitgebern - die Möglichkeit eingeräumt, nach obligatorischer Meldung der Erfindung seitens des Hochschulerfinders, dessen Erfindung in Anspruch zu nehmen und diese wirtschaftlich zu verwerten. Lediglich hinsichtlich des verbleibenden negativen Publikationsrechts und der Höhe des Vergütungsanspruchs (30 % der Bruttoerlöse) bleiben die Hochschulerfinder gegenüber sonstigen Arbeitnehmererfindern privilegiert. Auf der anderen Seite wurde die Regelung auf das gesamte wissenschaftliche und technische Personal der Hochschulen ausgedehnt, während zuvor lediglich Hochschullehrer erfasst waren.

    Der Gesetzgeber verspricht sich von der Neuregelung positive Impulse für einen verstärkten Technologietransfer aus den Hochschulen, der gem. § 2 Abs. 7 HRG zu den gesetzlichen Aufgaben der Hochschulen gehört. Wirtschaftliche unterstützt wird diese Zielsetzung durch die sog. Verwertungsoffensive der Bundesregierung, in deren Zuge die Länder flächendeckende Patentverwertungsagenturen (PVA) einrichteten. Aufgabe der PVA's ist es, die Bewertung und Verwertung von Erfindungen für die Hochschulen zu übernehmen. Die Funktionsweise des neuen Hochschulpatentsystems sowie die Bedeutung für die europäische Forschung wurden durch die Forschungsstelle untersucht. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sind in eine Veröffentlichung eingeflossen und wurden auf einem Transfersymposium im Düsseldorfer Landtag präsentiert.

    Einen weiteren Forschungsschwerpunkt im Berichtszeitraum bildete das Domainrecht. Nachdem im vorhergehenden Berichtszeitraum die grundlegenden Fragen des Rechtsschutzes von Domains durch das nationale Recht weitgehend abgeschlossen waren, lag der Schwerpunkt im aktuellen Berichtszeitraum auf internationalen Fragestellungen sowie Bezügen zu anderen Rechtsgebieten, wie z. B. dem Steuerrecht. Um diese neuen Fragestellungen zur Diskussion zu stellen und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, organisierte die Forschungsstelle eine internationale Konferenz zum Domainrecht.

    Ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt lag im Bereich der Telekommunikations-Dienstleistungsmarken (Klasse 38). Hier gelang es, den für diese Marken zuständigen 29. Senat des BPatG für eine Arbeitsgruppe (sog. Gruppe 38') zu gewinnen. Gegenstand der Gruppe 38 sind die neuesten Entwicklung im Bereich des Markenrechts (z. B. abstrakte Farbmarken, Geruchsmarken) und ihre praktischen und rechtlichen Auswirkungen auf die Telekommunikationsbranche. Am ersten Treffen der Arbeitsgruppe nahmen neben den Bundespatentrichtern Fachleute aus verschiedenen Telekommunikationsunternehmen (z. B. Siemens und Vodafone) teil. In der Zukunft soll die Arbeitsgruppe für Richter weiterer Gerichte geöffnet werden.

  2. Lehre

    Einen ebenso wichtigen Stellenwert wie die Forschung nimmt die Lehre ein. Bereits zum WS 1998/99 startete mit großer Resonanz die auf diesem Gebiet konzeptionell bislang einzigartige Zusatzausbildung zum Gewerblichen Rechtsschutz. Das Ausbildungsangebot richtet sich in erster Linie an Studierende der Fakultät und Rechtsreferendare, steht jedoch ausdrücklich auch angehenden Naturwissenschaftlern und interessierten Praktikern offen. Die Ausbildung ist auf ein Jahr angelegt und gliedert sich in zwei Stufen. Im Wintersemester werden zunächst vorlesungsweise Grundkenntnisse dieses vielseitigen und komplexen Rechtsgebiets vermittelt. In einer abschließenden Klausur haben die Teilnehmer Gelegenheit das Gelernte auf lebensnahe Sachverhalte anzuwenden. Erfolgreiche Absolventen können ausgewählte Probleme aus dem Patent-, Marken- und Geschmacksmusterrecht jeweils im folgenden Sommersemester in einem Seminar vertiefen.

    Als Lehrbeauftragte der Zusatzausbildung agieren zwei ausgewiesene Kenner der Materie: Dr.-Ing. Walter Hoormann, langjährig praktizierender Patentanwalt in Bremen und Dr. Peter Mes, Rechtsanwalt in Düsseldorf, Mitherausgeber der Zeitschrift GRUR (Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht) und Autor des Kommentars Patentgesetz - Gebrauchsmustergesetz (München (C. H. Beck) 1997). Im Berichtszeitraum erhielten insgesamt 46 erfolgreiche Teilnehmer der Zusatzausbildung ein Abschlusszertifikat. Im aktuellen Durchlauf haben sich die Teilnehmerzahlen nahezu verdoppelt.

  3. Serviceangebot

    Schließlich versteht sich die Forschungsstelle als Moderator eines an den Bedürfnissen der Praxis orientierten Erfahrungs- und Wissensaustausches. Das damit zusammenhängendeLeistungsangebot richtet sich zum Teil ausschließlich an die Mitglieder des Fördervereins,zum Teil auch an die interessierte Öffentlichkeit.

    Exklusiven Charakter hat der zweimonatlich erscheinende Newsletter. Er informiert überaktuelle Urteile und gibt zusammenfassende Hinweise auf lesenswerte und praxisrelevanteBeiträge in Fachzeitschriften. Die Entscheidungen können bei Bedarf im Volltext als Kopiezur Verfügung gestellt werden. Ferner wurden für Vereinsmitglieder rechtliche Fragestellungen, wie z. B. das Verhältnis des Schutzes dreidimensionaler Marken zum Patent-, Gebrauchsmuster- und Geschmacksmusterrecht, Urheber- und Wettbewerbsrecht, gutachterlich bearbeitet.

    Ergänzend finden in unregelmäßigen Abständen Vortragsveranstaltungen statt. Besonders hervorzuheben sind die internationale Tagung zu aktuellen Entwicklungen im Domainrecht' (21.06.2002) sowie das Symposium Gruppe 38 - Rechtsprobleme im Bereich der Telekommunikations-Dienstleistungsmarken' (05.07.2002). Im Rahmen dieser Veranstaltungen sowie weiterer Einzelveranstaltungen konnten folgende Referenten gewonnen werden:

    • Justitiar Dr. Lars Feuerpeil (Henkel KGaA): Domainmanagement - ein Praxisbericht
    • Fachanwalt für Steuerrecht Dr. Jens M. Schmittmann: Bewertung und Bilanzierung von Domains
    • Prof. Dr. Tang Guangliang (Peking): Domain Name Dispute: Settlement Policy in China - Current and Future
    • Vors.Ri.'in BPatG Marianne Grabrucker: Rechtssprechungsüberblick zu den Telekommunikations-Dienstleistungsmarken und Darstellung der wichtigsten offenen Rechtsfragen
    • Iain Mitchell, Q. C. (Edinburgh): Domain names in the legal marketplace - what does the future hold?
    • Dr. Bernadette Fouquet (DPMA): Patentschutz biotechnologischer Erfindungen? - Patente auf Leben
    • Stubbe, Heidrun (INSTI): Erfolgreich mit Patenten - wie mittelständische Unternehmen Schutzrechte gewinnbringend einsetzen
    • Dr. Andrea Thun (DPMA/BMJ): Reformüberlegungen zum Arbeitnehmererfinderrecht

  4. Folgeprojekte

    Nachdem der vorhergehende Berichtszeitraum vorwiegend durch die Gründung und Etablierung der Forschungsstelle geprägt war, hat sich die Forschungsstelle nunmehr als feste Einrichtung innerhalb des ITM bewährt. Als besonders erfreuliche Entwicklung hat sich gezeigt, dass mit der Forschungsstelle der Grundstein für weitere, eigenständige Projekte und Tätigkeiten im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes gelegt werden konnte. Zu nennen ist hier an erster Stelle das von der Europäischen Gemeinschaft geförderte Projekt Intellectual Property Rights-Helpdesk (IPR-Helpdesk). Der IPR-Helpdesk hat zum Ziel, das Bewusstsein in Bezug auf gewerbliche Schutzrechte zu stärken und diesbezügliche Hilfestellungen zu bieten. Zielgruppe dieses Projektes, das aus einem Konsortium mit sechs europäischen Partnern besteht, sind insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowie europäische Forschungsprojekte.

    Auf Landesebene beteiligt sich das ITM zudem an der MATRIX-Akademie. Im Zusammenhang mit der Neuregelung des Hochschulerfinderrrechts und der Verwertungsoffensive des Bundes zielt die MATRIX-Akademie darauf ab, Wissenschaftlern und Hochschulbediensteten das notwendige Wissen für den Umgang mit Gewerblichen Schutzrechten im Bereich von Wissenschaft und Forschung zu vermitteln. Die Schulungsunterlagen hierfür werden am ITM erstellt. An der MATRIX-Akademie wird sich das ITM ferner mit Vorträgen zu diesen Themen teilnehmen.

    Aus Anlass der zunehmenden Bedeutung der Biotechnologie hat die Universität Münster im Jahr 2000 die Einrichtung eines interdisziplinären Diplomstudienganges Biotechnologie beschlossen. Der Studiengang soll die künftigen Diplom-Biotechnologen für den Übergang in die Berufspraxis qualifizieren und zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führen. Der Lehrplan sieht neben betriebswirtschaftlichen und naturwissenschaftlichen Fächern auch die Vermittlung von Grundlagen im Patentrecht und Betriebsrecht, um biotechnologische Fragestellungen im späteren Berufsleben auch von rechtlicher Seite bewerten zu können. Die Vermittlung des juristischen Fachwissens ist dem ITM aufgrund seiner in der Forschungsstelle für Gewerblichen Rechtsschutz aufgebauten Kompetenzen übertragen worden. Den Lehrauftrag hat das Mitglied des Fördervereins Rechtsanwalt Thomas Meinke aus Dortmund übernommen.

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Thomas Hoeren, Joachim Hübner, Michael Nielen, Michael Veddern

Veröffentlichungen:

Veddern, Michael / Knorpp, Katrin, Zur Patentkultur an Hochschule - Auf neuen Wegen zum Ziel, in: Bohne, Michael / Veddern, Michael, Auf dem Weg zum Europäischen Forschungsraum, Münster 2002, S. 1 - 17.

Veddern, Michael, Vorstellung der Forschungsstelle für Gewerblichen Rechtsschutz und des IPR-Helpdesk, Arbeitskreis Patentfachleute OWL (27.09.2002)

 
 

Hans-Joachim Peter
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Datum: 2003-09-15 ---- 2004-10-05