Forschungsbericht 1999-2000   
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[Pfeile  gelb] Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 13 - Biologie
Institut für Allgemeine Zoologie und Genetik
Populations- und Chronobiologie (Prof. Dr. Fr. Weber)
 


Prozesse der genetischen Differenzierung auf Populationsniveau

Die Genpools verwandter Populationen können sich als Folge von Neumutationen, Zufallsauslese, Genfluß und unterschiedlichen Selektionsbedingungen voneinander unabhängig verändern. Wir untersuchen die Bedeutung dieser Differenzierungsmechanismen am Beispiel der Laufkäferart Carabus auronitens anhand genetisch bedingter Enzympolymorphismen. Populationen dieser Art besiedeln Gebirge in Südfrankreich, die vermutlich während der letzten Eiszeit Refugialgebiete für relativ anspruchslose Waldarten waren. Nacheiszeitlich hat C. auronitens s ein Areal bis Mitteleuropa erweitert. Die innerhalb ehemaliger Refugialgebiete lebenden Populationen weisen ein hohes Maß an morphologischer und genetischer Variabilität auf. Die mitteleuropäischen Populationen sind hingegen morphologisch und genetisch erheblich weniger variabel: vermutlich führte genetische Drift bei der nacheiszeitlichen Ausbreitung zu Allelverlusten. Ergänzend untersuchen wir lokale Differenzierungen bei den Arten Carabus lineatus und Carabus lateralis, die in ihrem Verbreitungsgebiet (Nordspanien) weniger drastischen pleistozänen und nacheiszeitlichen Klimaveränderungen ausgesetzt waren.
- Jüngere genetische Differenzierungsprozesse sind in den einheimischen (Wald-stenotopen) Populationen von C. auronitens nachweisbar. Populationen südwestlich von Münster bilden einen Allelhäufigkeitsgradienten bezüglich eines diallelen Esterase-Gens. Der Gradient entstand vermutlich während der letzten 100 Jahre als Folge der Verschmelzung zweier Populationen, die während der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Waldverwüstung in verschiedenen Reliktarealen überlebt hatten und in denen durch Zufallsauslese jeweils ein anderes Allel des Esterase-Gens eliminiert worden war. Nachdem im 19. Jahrhundert Wälder neu aufgeforstet worden waren bzw. Niederwälder zu Hochwäldern regeneriert waren, konnte sich C. auronitens über ein größeres Gebiet ausbreiten. Wir analysieren das Migrationsverhalten der Art im Freiland in Korridorhabitaten mit Hilfe von Markierungs-Wiederfang-Experimenten und mit Hilfe einer telemetrischen Technik. Zur Zeit untersucht Claudia Drees (im Labor von Dr. Rasplus, F-91198 Gif-sur-Yvette) die lokale Differenzierung im Areal des Esterase-Allel-Häufigkeitsgradienten mit Hilfe polymorpher Mikrosatelliten-Loci.
- Zusätzlich wurde die genetische Differenzierung lokaler Populationen bei Carabiden-Arten untersucht, die sich aufgrund der Habitatbindung hinsichtlich ihrer Dispersionsfähigkeit unterscheiden: bei der euryöken Art Carabus granulatus und den stenotopen Arten Carabus irregularis, einer auf krautreiche Buchenwälder beschränkten Art, und Pterostichus lepidus, einer Art der Sandheiden; vergleichend untersuchten wir die Varianten eines variablen Enzyms bei den geographisch getrennten Schwesterarten Carabus arcensis (Untersuchungen an westfälischen Populationen) und Carabus deyrollei (Untersuchungen an nordspanischen Populationen).
- Die Ergebnisse des Forschungsprogrammes sind für Probleme des Arten- und Naturschutzes bedeutsam.

Drittmittelgeber:

Europäische Kommission

Beteiligte Wissenschaftler:

M. Bodenberger, Dipl.-Biol. C. Drees, Dipl.-Biol. B. Horstmann, A. Lütke-Hündfeld, Dipl.-Biol. T. Reimann, A. Sendker, Dr. H.H. de Vries, Prof. Dr. Fr. Weber (Leiter), PD Dr. T. Assmann (Universität Osnabrück), Dr. J.-Y. Rasplus (Laboratoire Populations, Génétique et Evolution, INRA-CNRS, F91198 Gif-sur-Yvette) (Kooperation)

Veröffentlichungen:

Reimann, T.: Zur Paläoökologie von Carabus auronitens F.: Lokalisation glazialer Refugialpopulationen in Südfrankreich und Rekonstruktion ihrer postglazialen Expansion anhand von Allozympolymorphismen. Dissertation der Math.-Nat. Fakultät der WWU Münster, 1999

Reimann, T.: Die glazialen Refugien und die postglaziale Ausbreitung von Carabus auronitens F. Mitt. Dtsch. Ges. Allg. Angew. Ent. 12, 621-624 (2000)

de Vries, H.: Muliple paternity in ground beetles. Mitt. Dtsch. Ges. Allg. Angew. Ent. 12, 441-445 (2000)

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2001-07-13