Forschungsbericht 1999-2000   
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[Pfeile  gelb] Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Institut für Arterioskleroseforschung an der Universität Münster
Epidemiologie
 


Die "Prospektive Cardiovaskuläre Münster (PROCAM)" Studie (Primärprävention)

Die PROCAM Studie ist weltweit eine der größten epidemiologischen Studien zur Erforschung der Ursachen der koronaren Herzkrankheit. Die aus der PROCAM Studie abgeleiteten Ergebnisse haben die Empfehlungen verschiedener Gremien, unter anderem des "International Task Force for Prevention of CHD" wesentlich beeinflusst. Sie haben erheblichen Einfluss auf die Prädiktion und Früherkennung von Herz-Kreislauferkrankungen in der Bevölkerung. Der PROCAM Algorithmus zur Quantifizierung des "globalen Risikos" steht nun auch im Internet (http://www.chd-taskforce.com) zur Verfügung. Auf dieser Internetseite wird die PROCAM Studie ausführlich dargestellt. Dazu gehören auch 5 Diasätze mit insgesamt 50 Abbildungen zu den Themen: "Wichtigste Ergebnisse der PROCAM Studie", "Beziehung zwischen Körpergewicht und koronaren Risikofaktoren", "Lipoprotein(a) und koronares Risiko", "Determinanten der Mortalität" und "Diabetes". Diese Abbildungen sind gedacht für Lehre und Fortbildung, sie können aus dem Internet heruntergeladen werden.

Um die Prädiktion des Herzinfarktes zu verbessern, wurden neben der Multiplen Logistischen Funktions-Analyse (MLF) verschiedene Methoden der Neuronalen Netzwerkanalyse eingesetzt. Es zeigte sich, dass sowohl ein "multi-layer perceptron neural network" (MLP) mit 4 Knoten als auch ein "probabilistic neural network" (PNN) der MLF überlegen war (Fläche unter der ROC Kurve bei MLF 83,8%, bei MLP 88,8% und bei PNN 87,6%). Neueste Empfehlungen stufen Personen mit einem Herzinfarktrisiko von 20% in 10 Jahren und höher als Hochrisikopatienten ein. Mit der MLF wurden in der PROCAM-Kohorte 8,4% der Männer im mittleren Lebensalter in diese Gruppe eingestuft, die tatsächlich beobachtete Inzidenz betrug 36,8%. Mit PNN wurden nur 3,9% als Hochrisikopatienten eingestuft, die Inzidenz betrug hier allerdings 58,4%, während mit MLP 7,9% ein Risiko von über 20% aufwiesen, deren Inzidenz sogar 64,9% betrug. Der Nachteil aller 3 Verfahren besteht darin, dass eine Risikoabschätzung ohne elektronische Hilfsmittel nicht möglich ist. Deshalb haben wir aus der MLF ein einfaches Punktschema abgeleitet, das auf einer Seite zusammengefasst werden kann. Jedem der 9 berücksichtigten Risikoparameter (Alter, HDL- und LDL Cholesterin, Triglyzeride, systolischer Blutdruck, Gamma-GT, Rauchen, Diabetes und familiäre Belastung) wird je nach Ausprägung ein Punktwert zwischen 0 und maximal 23 zugewiesen und die Einzelwerte addiert. Als Summe ist ein Wert zwischen 0 und 84 möglich. Das zugehörige Herzinfarktrisiko in % in 10 Jahren kann zu jedem Wert aus einer Tabelle abgelesen werden. Dieser PROCAM Punktescore korreliert sehr gut mit dem Ergebnis der MLF (r=0.97) und liefert fast ebenso gute Risikoschätzungen, die Fläche unter der ROC Kurve beträgt 81,3% im Vergleich zu 83,8% bei der MLF. Mit dem PROCAM Punktescore steht damit eine Methode zur Verfügung, die es dem Arzt ohne große Hilfsmittel erlaubt, das globale Risiko eines Patienten direkt zu bestimmen.

Mit den aus der PROCAM Studie abgeleiteten Verfahren zur Risiko-Abschätzung ist es möglich, etwa 10% der Bevölkerung im mittleren Lebensalter als Hochrisiko-Patienten für den Herzinfarkt zu identifizieren, die noch keine Symptome einer KHK aufweisen. Das Risiko dieser Personen, die wir als "präsymptomatische Patienten mit subklinischer Atherosklerose" bezeichnen, ist vergleichbar dem von Patienten nach Herzinfarkt. Sie sollten deshalb ähnlich intensiv behandelt werden.

Die Auswertung der Daten von 40-65 jährigen männlichen Teilnehmern der PROCAM Studie mit erstmalig 10 jährigem Nachbeobachtungszeitraum zeigte, dass erhöhte Lp(a) Werte nur bei Männern mit hohen LDL-Cholesterinwerten und/oder mit hohem globalen Risiko ein zusätzlicher Risikofaktor für ein schwerwiegendes koronares Ereignis ist.

Drittmittelgeber:

LVA Westfalen, LVA Rheinprovinz, Industrie

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. G. Assmann, PD Dr. P. Cullen, Prof. Dr. A. von Eckardstein, Dr. P.H. Epping, PD Dr. H. Funke, PD Dr. R. Junker, Dr. H. Schulte (Projektleiter)

Veröffentlichungen:

von Eckardstein, A., H. Schulte, G. Assmann: Increased risk of myocardial infarction in men both with hypertriglyceridemia and elevated HDL-cholesterol, in: Circulation, Bd. 99, 1999, S. 1925

Schulte, H., P. Cullen, G. Assmann: Obesity, mortality and cardiovascular disease in the Münster Heart Study (PROCAM), in: Atherosclerosis, Bd. 144, 1999, S. 199-209

Assmann, G., P. Cullen, F. Jossa, B. Lewis, M. Mancini: Coronary heart disease: reducing the risk: the scientific background to primary and secondary prevention of coronary heart disease. A worldwide view. International Task force for the Prevention of Coronary Heart disease, in: Arterioscler Thromb Vasc Biol, Bd. 19, 1999, S. 1819-1824

Assmann, G., R. Carmena, P. Cullen, J.C. Fruchart, F. Jossa, B. Lewis, M. Mancini, R. Paoletti for the International Task Force for the Prevention of Coronary Heart Disease.: Coronary Heart Disease: Reducing The Risk, in: Circulation, Bd. 100, 1999, S. 1930-1938

Hergenc, G., H. Schulte, G. Assmann, A. von Eckardstein: Associations of obesity markers, insulin, and sex hormones with HDL-cholesterol levels in Turkish and German individuals, in: Atherosclerosis, Bd. 145, 1999, S. 147-156

Assmann, G., P. Cullen, A. von Eckardstein, H. Funke, H. Schulte: The importance of triglycerides as a significant risk factor, in: Eur Heart J, Bd. 1, 1999, J7-J11

Weltermann, B.M., A. Rogalewski, J. Homann, K. Berger, H. Schulte, G. Assmann, E.B. Ringelstein: Wissen über Schlaganfall in der deutschen Bevölkerung [Knowledge about stroke among the German population], in: Dtsch Med Wochenschr, Bd. 125(14), 200, S. 416-420

von Eckardstein, A., H. Schulte, G. Assmann: Risk for diabetes mellitus in middle-aged Cauca-sian male participants of the PROCAM study: implications for the definition of impaired fasting glucose by the American Diabetes Association. Prospective Cardiovascular Munster, in: J Clin Endocrinol Metab, Bd. 85(9), 2000, S. 3101-3108

Cullen, P., G. Assmann: Primary and secondary prevention of coronary heart disease. A position paper of the International Task Force for the Prevention of Coronary Heart Disease, in: Dtsch Med Wochenschr, Bd. 125 (28-29), 2000, S. 881-887

Cullen, P., G. Assmann: Primary prevention of coronary heart disease: from controversy to consensus. International Task Force for Prevention of Coronary Artery Disease, in: Nutr Metab Cardiovasc Dis, Bd. 10(3), 2000, S. 143-153

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2001-06-26