Forschungsbericht 1997-98   
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Sprecher: Prof. Dr. Clemens Sorg

 
 
 
[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Sonderforschungsbereiche
Sonderforschungsbereich 293
Dermatologie
 


Teilprojekt B3 (Bruckner-Tuderman): Entzündliche Autoimmunkrankheiten der Haut: Molekulare Charakterisierung des Autoantigens Kollagen XVII/BP180

Projektleiter:Prof. Dr. med. Leena Bruckner-Tuderman
Dienstanschrift:Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten
Von-Esmarch-Straße 56,
48149 Münster
Telefon:(0251) 835 6535
Telefax:(0251) 835 65 34
E-Mail:tuderma@uni-muenster.de

1.

Kenntnisstand der Forschung bei der Antragstellung
Entzündliche Autoimmunkrankheiten der Haut sind durch Autoantikörperbildung gegen epidermale Strukturproteine gekennzeichnet. Morphologische Merkmale der Pemphigoid-Gruppe sind Ablagerung von IgG und Komplementfaktor C3 an der Basalmembran sowie subepidermale Spaltbildung. Klinisches Leitsymptom ist Blasenbildung der Haut. Autoantikörper reagieren mit dem hemidesmosomalen Kollagen XVII (früher BP180), das eine Rolle bei der Aufrechterhaltung der Hemidesmosomen-Struktur und damit bei der Epithelzelladhäsion an Basalmembranen spielt. Die molekulare Struktur des Kollagen XVII wurde aus der cDNA Sequenz hergeleitet, das Protein konnte jedoch nicht isoliert und charakterisiert werden. Die cDNA kodierte für ein Polypeptid von etwa 1500 Aminosäuren, das Charakteristika eines ungewöhnlichen Transmembran-Kollagens aufwies. Mit dieser Struktur würde Kollagen XVII ein neuartiges Adhäsionsmolekül darstellen, das die Eigenschaften eines Zellmembranrezeptors mit denen eines extrazellulären Matrixmoleküls kombiniert. Wir haben Kollagen XVII isoliert und charakterisiert, um seine physiologischen Funktionen zu verstehen und um die Pathomechanismen der entzündlichen blasen-bildenden Dermatosen abzuklären.

2.

Angewandte Methoden
Rekombinante Kollagen XVII Fragmente wurden in Bakterien und in einem eukaryontischen Expressionssystem hergestellt und polyklonale Antikörper gegen diese Fragmente erzeugt. Die Antikörper wurden für Immunpräzipitationen, -Affinitätschromatographie, -fluoreszenz, und -blotting eingesetzt. Kollagen XVII wurde als ein natives Kollagen aus Keratinozyten mit detergenzhaltigen Puffern extrahiert und mit proteinchemischen Methoden, z.B. limitierten proteolytischen Verdauen und SDS-PAGE oder mit RNA Analysen mittels RT-PCR und Northern blots charakterisiert. Ferner wurden natürlich vorkommende Kollagen XVII Gen-Mutationen mit PCR-Amplifikation der Exone aus genomischer DNA, Heteroduplexanalysen und DNA Sequenzierung identifiziert.

3.

Ergebnisse
3.1

Herstellung von rekombinanten Kollagen XVII Fragmenten und domänenspezifischen Antikörpern
Für Antikörperproduktion wurden bakterielle Fusionsproteine entsprechend der intrazellulären, NC16-a, Col-15 und der distalen C-terminalen Domäne mit RT-PCR und kommerziellen Protein Expressions-Kits in E. Coli produziert und affinitätsgereinigt. Kaninchen oder Hühner-Antikörper gegen diese Fragmente funktionieren für Immunblotting und -präzipitation, der hochtitrige NC16-a Antikörper erkennt auch native Epitope in der Immunfluoreszenzfärbung. Damit liegt uns ein Repertoire von domänenspezifischen Antikörpern für die proteinchemische Charakterisierung des Kollagen XVII vor. Für die strukturellen und funktionellen Untersuchungen isolierter Domänen wurden diese als eukaryontische Fragmente in humanen EBNA 293 Zellen mit dem episomalen Vektor pCEP-4 exprimiert, jedoch erst vorläufig charakterisiert.

3.2

Kollagen XVII ist ein aussergewöhnliches tripelhelikales Transmem-branprotein
Wir haben Kollagen XVII aus humaner Haut, Keratinozyten und der HaCat-Zellinie in nativer Form isoliert und charakterisiert. Konfluente Zellen wurden mit Askorbat inkubiert, um die Kollagensynthese zu induzieren und die korrekte Faltung zu fördern und mit einem 1 % NP-40 haltigen neutralen Puffer extrahiert. In Immunoblots konnte mit allen Antikörpern eine 180kD-Bande nachgewiesen werden, die dem erwarteten Molekulargewicht einer a1(XVII)-Polypeptidkette entspricht. Es bestand kein Hinweis auf eine zweite a-Kette, d.h. auf ein heterotrimeres Kollagen XVII. Die Transmembranlokalisation wurde mit Oberflächen-Biotinylierung der Zellen und anschliessender Immunpräzipitation mit Endo- und die Ektodomänen-Antikörpern nachgewiesen. Die Domänenstruktur wurde mit Hilfe von Kollagenase-, Pepsin-, Trypsin- und N-glykosidase F-Verdauungen charakterisiert. So wurde gezeigt, daß Kollagen XVII ein Homotrimer aus drei a-Ketten bildet, je mit einem 65 kD intrazellulären, disulphidvernetzten N-Terminus und einem etwa 120 kD extrazellulären, tripelhelikalen C-Terminus. Die in der Position Asn1421 N-glykosylierte Ektodomäne bewahrt ihre tripelhelikale Konformation bis zu einer Temperatur von etwa 41°C, d.h. Kollagen XVII bleibt stabil weit oberhalb der physiologischen Hauttemperatur von 32°C (Schäcke et al. 1998).

3.3

"Shedding" von Kollagen XVII: eine lösliche Ektodomäne
Unerwarteterweise präzipitierten Kollagen XVII Ektodomänen-Antikörper ein 120 kD Protein aus Zellkulturmedium. Weil dieses nicht von den Endodomänen-Antikörpern erkannt wurde, lag die Vermutung nahe, daß es sich um eine lösliche Ektodomäne des Kollagen XVII handelte. In der Tat zeigte das 120 kD Protein alle Eigenschaften der Ektodomäne bezüglich Protease-Suszeptibilität. Northern Hybridisierungen mit verschiedenen Kollagen XVII cDNA-Sonden (entsprechend den 5ï, mittleren oder 3ï Anteilen) zeigten nur eine mRNA und gaben keinen Hinweis auf alternatives Spleißen. Mutante Kollagen XVII-defiziente Keratinozyten mit einer 2 bp Deletion im COL17A1 Gen synthetisierten weder die 180 kD noch die 120 kD Polypeptidkette. Daraus folgt, daß die 120 kD Polypeptidkette wahrscheinlich aus der 180 kD Kette durch proteolytische Prozessierung entsteht. Diese Hypothese wurde mit dem Einsatz eines Proteinaseinhibitors bekräftigt. Decanoyl-RVKR-Chloromethyl Keton, ein synthetischer Inhibitor von Furin Proprotein-Konvertasen, hemmte die Entstehung des 120 kD Polypeptids, was auf eine Rolle Furin-vermittelter Proteolyse bei der Freisetzung der Ektodomäne hinweist.

3.4

Zell- und Ligandenbindung von Kollagen XVII
Vorläufige Experimente in Zusammenarbeit mit Dr. Monique Aumailley, Institut für Biochemie, Univ. Köln, gaben Hinweise darauf, daß Kollagen XVII Zelladhäsion vermitteln kann. Die eukaryontische rekombinante Col15-Domäne zeigte ß1 Integrin-vermittelte Bindungsaktivität für Wi26, A431und L132 Zellen. Aus Beobachtungen über bullöse Dermatosen gibt es indirekte Hinweise darauf, daß Kollagen XVII an Laminin 5 bindet. In einer Zusammenarbeit mit Dr. P. Marinkovich, Stanford Univ., und Prof. P. Müller, Med. Univ. Lübeck, wurden erste Anhaltspunkte für die Bindung des distalen C-Terminus der Kollagen XVII Ektodomäne an Laminin 5 gewonnen. Zwei rekombinante Formen der Ektodomäne wurden verglichen, eine mit der normalen Sequenz und eine C-terminal trunkierte Form. Nur die normale Ektodomäne band Laminin 5 in einem Solid-Phase Assay, was auf eine Laminin 5 Bindungsstelle im distalen C-Terminus hinweist.

3.5

Autoantikörper gegen die lösliche Ektodomäne
Um die Autoimmun-Epitope zu charakterisieren und um abzuklären, ob ein in der Literatur beschriebenes, mit Pemphigoidseren reaktives 120 kD Protein der löslichen Ektodomäne entspricht, wurden Pemphigoid-Seren in Immunblots mit Kollagen XVII, der löslichen Ektodomäne und mit verschiedenen rekombinanten Fragmenten analysiert. Insgesamt waren etwa die Hälfte der Seren mit Kollagen XVII reaktiv und 75 % von diesen erkannten auch die lösliche Ektodomäne. Weitere Epitop-Differenzierung zeigte, daß die Autoantikörper mehrere Subdomänen erkannten. Es vermehren sich Hinweise darauf, daß auch das Autoantigen der linearen IgA Dermatose, LAD-1, mit der löslichen Ektodomäne von Kollagen XVII homolog ist. Dr. P. Marinkovich, Stanford Univ., untersuchte Hautbiopsien von unseren EB Patienten und zeigte, daß bei allen Kollagen XVII-negativen Patienten (Kollagen XVII Null-Mutationen) auch die LAD-1 IF-Färbung negativ war. In Zusammenarbeit mit Dr. D. Zillikens, Univ.-Hautklinik Würzburg, wurde gezeigt, daß IgA Autoantikörper Kollagen XVII, die lösliche Ektodomäne und die NC16a-Domäne erkannten . Diese Daten sind noch vorläufig, aber die Vermutung liegt nahe, daß die Autoantigene beim bullösen Pemphigoid und bei der linearen IgA Dermatose identisch sind, wobei die IgA Antikörper fast auschließlich die lösliche Ektodomäne erkennen.

3.6

Natürlich vorkommende Mutationen im COL17A1 Gen
Strukturelle oder funktionelle Abnormitäten von Kollagen XVII führen zur Trennung des Epithels von der Basalmembran. Dies kann indirekt nicht nur bei den erworbenen Pemphigoid-Erkrankungen gezeigt werden, sondern auch bei einer hereditären blasenbildenden Hautkrankheit, der junktionalen Epidermolysis bullosa (JEB). Wir haben bei 11 JEB Patienten homozygote oder compound heterozygote Mutationen des Kollagen XVII-Gens (COL17A1) definiert und gezeigt, daß verschiedene JEB Subtypen durch unterschiedliche Mutationen (missense vs. nonsense) bedingt sind. Parallel wurden Keratinozytenkulturen aus der Patientenhaut angesetzt, um eine Quelle für die mutanten Proteine zu erhalten. Die meisten Probanden hatten Nonsense-Mutationen, die zur mRNA Degradation und zum Fehlen des Proteins führten. Die Keratinozyten mit der Mutation 520del AG->PTC waren nützlich für die Klärung des "Sheddings" und sind für zukünftige Zelladhäsionsstudien als "Negativkontrollen" geeignet. Für weitere funktionelle Studien werden die Mutanten mit Aminosäuresubstitutionen R1303Q und G1322S besonders interessant sein.

4.

Vergleiche mit Arbeiten außerhalb des Sonderforschungsbereiches
Der wichtigste neue Befund, der auch viel internationales Interesse geweckt hat, war die Identifizierung der löslichen Ektodomäne. Dies ist ein erstes Beispiel von "Shedding" eines Kollagens. So ist Kollagen XVII nicht nur ein außergewöhnliches Transmembrankollagen, sondern auch das erste Kollagen mit einer spezifisch prozessierten löslichen Kurzform. Inzwischen gibt es schon erste Anhaltspunkte für das Shedding vom Kollagen XIII, einem anderen Transmembrankollagen; möglicherweise handelt es sich um einen generellen Regulationsmechanismus der Zelladhäsion. Die Funktionen und die physiologische Bedeutung des Kollagen-Sheddings müssen aber noch geklärt werden. Die Autoantigenität der löslichen Ektodomäne wie auch die molekulargenetischen Befunde über COL17A1 Mutationen als Ursache von mehreren JEB Subtypen fanden ebenfalls internationales Interesse. Diese Befunde wurden an den Gordon Conferenzen für Basalmembranen und für Kollagene/strukturelle Makromoleküle als Vorträge präsentiert und haben dazu beigetragen, daß die Antragstellerin als Vicechair- und Chairperson für die nächsten Basalmembran-Gordon Conferenzen gewählt wurde.

5.

Offene Fragen
Die oben beschriebenen Befunde haben neue offene Fragen hervorgebracht. In der Zukunft wollen wir die proteolytische Freisetzung der Ektodomäne, ihre physiologische Rolle, und die Regulation untersuchen. Vorläufige Experimente zeigten, daß die lösliche Ektodomäne als Autoantigen eine Rolle spielt, möglicherweise werden beim Shedding auch Neoepitope generiert. Über Ligand-Interaktionen von Kollagen XVII ist wenig bekannt. Bei der Abklärung von Kollagen XVII Bindungspartner und -Funktionen werden weitere natürlich vorkommende Kollagen XVII Mutanten wertvoll sein. Von diesen Untersuchungen erwarten wir neue Information über die Biologie des Kollagen XVII und über die molekularen Entzündungsmechanismen bei bullösen Autoimmundermatosen. Diese Kenntnisse legen eine Basis für Entwicklung neuartiger Therapieansätze für entzündliche Autoimmunerkrankungen und für Epithelialisations- und Wundheilungsstörungen im allgemeinen.

Drittmittelgeber:

Deutsche Forschungsgemeinschaft

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. med. Leena Bruckner-Tuderman (Teilprojektleiter), Dr. Heike Schäcke (WM), cand. med. Hauke Schumann (WM)

Veröffentlichungen:

Schäcke, H., H. Schumann, N. Hammami-Hauasli, M. Raghunath, L. Bruckner-Tuderman: Two Forms of Collagen XVII in Keratinocytes: a Full-Length Trans-Membrane Protein and a Soluble Ecto-Domain. J Biol Chem 273, 25937 - 25943, 1998

Marinkovich, P., H.H. Tran, S.K. Rao, G. Giudice, S. Balding, M.F. Jonkman, H.H. Pas, G.S. Herro, L. Bruckner-Tuderman: LAD-1, the linear IgA bullous dermatosis autoantigen, is absent in a subset of junctional epidermolysis bullosa patients. J Invest Dermatol 109, 356-359, 1997

Schumann, H., N. Hammami Hauasli, L. Pulkkinen, A. Mauviel, W. Küster, U. Lüthi, K. Owaribe, J. Uitto, L. Bruckner-Tuderman: Three novel homozygous point mutations and a new polymorphic site in the COL17A1 gene: relation to bio-logical and clinical phenotypes of junctional epidermolysis bullosa. Am J Hum Genet 60, 1344-1353, 1997

Floeth, M., J. Fiedorowicz, H. Schäcke, N. Hammami-Hauasli, K. Owaribe, R. Trüeb, L. Bruckner-Tuderman: Novel Homozygous and Compound Heterozygous COL17A1 Mutations Associated with Junctional Epidermolysis Bullosa. J Invest Dermatol 111: 528-533, 1998

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 1999-11-08 ---- 2000-08-01