Forschungsbericht 1997-98 | |
Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie
Domagkstr. 17 48149 Münster Tel. (0251) 83-55440 Fax: (0251) 83-55481 e-mail: boeckew@uni-muenster.de WWW: http://medweb.uni-muenster.de/institute/path/ Direktor: Prof. Dr. med. Werner Böcker | |
Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie Urogenitale Tumoren | ||||
Identifizierung chromosomaler Aberrationen mit Bedeutung für die Progression des Urothelkarzinoms der Harnblase
Die Progression maligner Tumoren ist durch eine Akkumulation genetischer Aberrationen
gekennzeichnet. Diese können zur Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen oder zur
Aktivierung von Onkogenen führen, z.B. durch Deletionen bzw. Amplifikationen der
jeweiligen chromosomalen Loci. Beim Harnblasenkarzinom wurden chromosomale
Veränderungen beschrieben, die möglicherweise ein Charakteristikum für
diese Tumorart darstellen, z.B. die Deletionen von Chromosom 9 oder dessen Teilen. Es ist
denkbar, dass die Entstehung und Progression des Harnblasenkarzinoms durch bestimmte
genetische Defekte verursacht wird, die bestimmend für das biologische Verhalten wie
Invasivität ind Metastasierung sind. Wie für das kolorektale Karzinom gezeigt
werden konnte, können möglicherweise auch beim Harnblasenkarzinom spezifische
chromosomale Aberrationen einem bestimmten morphologischen Erscheinungsbild zugeordnet
werden. Zur Identifizierung solcher chromosomaler Veränderung eignet sich die
comparative genomische Hybridisierung (CGH) in besonderem Maße, da sie alle
Zugewinne und Verluste eines Tumors in einem einzigen Versuchsansatz darstellen kann.
Zudem kommt die CGH mit extrahierter genomischer Tumor-DNA als Untersuchungsmaterial
aus, wodurch auch archiviertes, in Paraffin eingebettetes Material verwendet werden kann. Zur
Bestimmung solcher genetischer Veränderungen wurden insgesamt 95 urotheliale
Tumoren verschiedener Stadien 3 Papillome, 20 pTa [nicht invasiv], 26 pT1 [minimal invasiv],
36 pT2-4 [muskelinvasiv], 10 Lymphknotenmetastasen zu Tumoren der pT3-Gruppe) mittels
CGH charakterisiert. Die pTa-Tumoren zeigten durchschnittlich 3,7 Aberrationen per Tumor.
Die häufigsten Veränderungen waren Verluste auf Chromosom 9 (55%) und
Zugewinne auf Chromosom 17 (30%). Die pT1-Tumoren wiesen im Mittel 9,8 Aberratinen auf;
die häufigsten Veränderungen waren Zugewinne auf 1q (54%) und 17q (58%)
sowie Verluste auf 9p (57%), 9q (64%), 11p (58%) und 11q (50%). Weitere
Veränderungen waren -2q, -9, -10q, -17p und +11q13. Im Vergleich zu den pTa-Tumoren
wurden signifikant häufiger Zugewinne auf 1q (p<0,01) und Verluste auf 2q (p<0,025),
10q (p<0,05), 11p/11q (p<0,01) und 17p (p<0,05) detektiert. Die pT2-4-Tumoren zeigten
durchschnittlich 10,5 Aberrationen, die weitestgehend mit denen der pT1-Tumoren
übereinstimmen. Lediglich Zugewinne auf 3q, 18p und 20q waren etwas häufiger.
Interessanterweise waren Verluste auf 9q und Zugewinne auf 11q13 weniger häufig als
bei den pT1-Tumoren. Der Vergleich zwischen Primärtumoren und zugehörigen
Lymphknotenmetastasen konnte keine genetischen Unterschiede aufdecken. Auch der Vergleich
von metastasierten (N>0) und nicht-metastasierten (N0) Primärtumoren zeigte keine
Veränderungen mit Spezifität für die Metastasierung Die Ergebnisse zeigen,
daß die übliche Gruppierung der pTa und pT1-Tumoren als "superfizielle
Harnblasenkarzinome" vom genetischen Standpunkt aus nicht sinnvoll ist. pT1-Tumoren stehen
genetisch den muskelinvasiven Tumoren deutlich näher als den pTa-Tumoren. Sie tragen
spezifische genetische Aberrationen (+1q, -2q, -10q, -11p, -11q und -17p), die Hinweise auf die
Aktivierung bzw. Deaktivierung dort lokalisierter Onkogene bzw. Tumorsuppressorgene (z.B.
TP53) geben, die möglicherweise von Bedeutung für invasives Wachstum sind. Die
Tatsache, daß diese Aberrationen in mikroinvasiven pT1 detektiert wurden,
läßt darauf schließen, daß diese Tumoren von Anfang an eine eigene
Tumorentität mit invasivem Potential darstellen könnten. Zugewinne auf 11q13 und
Verluste von 9q stellen möglicherweise Veränderungen dar, die eine Bedeutung
für papilläres Wachstum haben, da sie bei den hauptsächlich soliden pT2-4
deutlich weniger vorhanden waren als bei den papillären pT1. Die Untersuchung zeigte,
dass die Progression des Urothelkarzinoms der Harnblase mit hoher Wahrscheinlichkeit
spezifischen genetische Veränderungen unterliegt. Weitere Untersuchungen sind jedoch
nötig, um den detektierten chromosomalen Veränderungen dejenigen Mutationen
auf molekulargenetischer Ebene zuzuordnen, die für das biologische Verhalten des
Harnblasenkarzinoms letzlich entscheidend sind und somit neue Ansätze für die
Prognosestellung und Therapie dieser Tumoren liefern könnten.
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter