Biblische Exegese in feministisch-theologischer Perspektive

Feministische Theologie ist seit den siebziger Jahren auch im deutschsprachigen Raum als ein neues Paradigma christlicher Theologie entwickelt worden. Entsprechend der Ausdifferenzierung der theologischen Disziplinen hat sich bald gezeigt, dass auch "die" feministische Theologie sich hinsichtlich ihrer Fragestellungen, Methoden und Perspektiven entlang der vorgegebenen Fächer weiter auszudifferenzieren hat, ganz abgesehen von feministisch inzwischen spezifizierten und kontrovers verhandelten Theoriezusammenhängen. Feministische Bibelauslegung hat dabei, sicherlich bedingt durch den Stellenwert der Bibel als die Glaubensgemeinschaft fundierende Heilige Schrift v.a. in den protestantischen Kirchen und Gemeinschaften, von den Anfängen an in der Theologie eine gewisse Vorreiterrolle besessen und zeigt sich heute feministisch wie theologisch vielfältig und international vernetzt. Auf der anderen Seite wird die Notwendigkeit "kontextueller" Arbeit immer deutlicher, lassen sich Entwürfe oder Analysen etwa aus den USA kaum unmodifiziert in den europäischen und hier noch einmal speziell deutschsprachigen Raum übertragen. Auf diesem Hintergrund ist - in Zusammenarbeit mit Luise Schottroff, Professorin für Neues Testament in Kassel - das "Kompendium feministische Bibelauslegung" entstanden (Vorarbeiten haben mit zwei Symposien Herbst 1995 und Frühjahr 1996 begonnen): ca. 60 zumeist christliche Theologinnen bzw. Exegetinnen haben sämtliche Schriften der christlichen Bibel sowie ausgewählte nichtbiblische jüdische bzw. christliche Quellen bearbeitet, die für die historische bzw. literarische Frauenforschung relevant erscheinen. Jeder der insgesamt 78 Einzelbeiträge bezieht sich auf eine der genannten Schriften, weist den jeweiligen feministischen, theologischen und exegetisch-methodischen Zugang aus und legt eine kurzgefasste Gesamtanalyse der Schrift vor. Fast alle Autorinnen sind deutschsprachig, darunter auch Theologinnen aus Fernost und aus Lateinamerika. Die Hauptarbeit als betreuende Herausgeberin für den Bereich des Alten Testaments (und als Autorin von insgesamt sieben Beiträgen) habe ich 1997/98 während meiner Tätigkeit als Professorin für Biblische Theologie am Seminar für Kath. Theologie an der Universität zu Köln geleistet. In der letzten Phase der Korrekturlektüre des gesamten Manuskriptes hat mich eine studentische Hilfskraft unterstützt. Das Werk ist im August 1998 im Gütersloher Verlagshaus erschienen und hat einen Umfang von ca. 830 Druckseiten. Es wurde auf einem Symposion, das vom 4. bis zum 6.12.1998 am Lehrstuhl für Altes Testament und Theologische Frauenforschung der WWU stattfand, einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Zehn der Autorinnen stellten ihren Beitrag zur Diskussion; insgesamt ca. 30 Autorinnen waren anwesend und setzten nach Abschluss des öffentlichen Teils des Symposion die Auswertung der geleisteten Arbeit sowie die Entwicklung weiterführender Perspektiven fort. Das Symposion wurde vom MSWWF mitfinanziert.

Im April 1999 bereits erscheint die zweite, auf Druckfehler hin durchgesehene Auflage des Werkes.

Beteiligte Wissenschaftlerinnen:

Prof.'in Dr. Luise Schottroff (Kassel), Prof.'in Dr. Kyung-Sook Lee (Seoul/Korea), Prof.'in Dr. Athalya Brenner (Haifa/Amsterdam), Prof.'in Dr. Cheryl Exum (Sheffield), Prof.'in Dr. Elsa Tamez (San José/Costa Rica) und ca. 50 weitere Wissenschaftlerinnen

Veröffentlichungen:

Schottroff, L., M.-Th. Wacker (Hrsg.): Kompendium Feministische Bibelauslegung, Gütersloh 1998, 2. Auflage 1999

Wacker, M.-Th.: Die Bücher der Chronik. Im Vorhof der Frauen a.a.O. 146-155

Dies.: Das Buch Hosea. Der gott-identifizierte Mann und die Frau(en) Israel(s), a.a.O, 299-311

Dies.: Das Buch Joel. Gott rechtfertigt sich selbst, a.a.O. 312-319

Dies.: Das Buch Amos. Die Wahrheit ist konkret, a.a.O. 320-326

Dies.: Das Buch Obadja. Bruder Edom, a.a.O. 327-329

Dies.: Das Buch Maleachi. Zur Ehre Gottes, des Vaters?, a.a.O. 376-383

Dies.: Das Buch Baruch. Post aus der Ferne, a.a.O. 422-427