Forschungsbericht 1995-96   
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[Pfeile grün] Forschungsschwerpunkte 1995 - 1996
Fachbereich 16 - Physik
Institut für Kernphysik
Arbeitsbereiche Prof. Dr. H.J. Andrä


Oberflächen-Bearbeitung mit langsamen, hochgeladenen Ionen

Atomare Vorgänge an Grenzflächen spielen in vielen Anwendungsbereichen eine entscheidende Rolle. Dennoch sind viele dieser Prozesse noch immer unverstanden.

Grundlegendes Studium und die technologische Anwendung der elektronischen Wechselwirkung und speziell des Elektronenaustauschs zwischen Projektilen und Oberflächen bei kleinen Vertikalgeschwindigkeiten sind die Forschungsziele der Arbeitsgruppe. Die kleinen Vertikalgeschwindigkeiten werden mit zwei Methoden erzeugt:

Durch streifenden Einfall der Projektile bezüglich der sehr gut präparierten, ebenen Grenzfläche werden bei hoher Projektilgeschwindigkeit, vektoriell zerlegt, sehr kleine Vertikalgeschwindigkeiten erzielt. Bei Glanzwinkeln zwischen typisch 0.1 und 1 Grad werden die Projektile praktisch spiegelnd am kollektiven, abstoßenden Potential der Grenzfläche total reflektiert und erlauben so, von Stößen ungestört, den Elektronenaustausch mit der Oberfläche zu untersuchen und für spezielle Fragestellungen auch die elektronischen Eigenschaften der Oberfläche abzutasten.

Durch Abbremsen hochgeladener Ionen (z.B. Ne10+ mit Ladung q = 10) auf Energien zwischen 10 und 100 eV kann selbst bei senkrechtem Einfall kleine Vertikalgeschwindigkeit erzielt werden. Ein solches Ion fängt beim Annähern an die Oberfläche q Elektronen in Rydbergzustände ein, während alle inneren Schalen zunächst leer bleiben. Das Ion wirkt damit wie ein "Elektronenstaubsauger" und transformiert sich selbst dabei in ein extremes Atom mit kompletter Besetzungsinversion vor der Oberfläche. Mangels Dichte läßt sich damit leider nicht sofort ein Röntgenlaser bauen. Die Frage, wie diese Atome durch Auger-Elektronen- und Röntgenemission innerhalb von 10-14s bis zum Auftreffen auf die Oberfläche ihre Energie abgeben, ist aber dennoch eine experimentelle und theoretische Herausforderung ersten Grades für den Grundlagenforscher.

Ein Ablösen von Verunreinigungen von der Oberfläche wird durch das "Absaugen" der Elektronen und durch die restliche potentielle Energie im Ion beim Ankommen des Projektils an der Oberfläche bewirkt. Dies birgt ein großes Anwendungspotential in sich, denn da nicht, wie in bisherigen Verfahren, die kinetische, sondern die potentielle Energie im Ion die Reinigung bewirkt, ist das hier entdeckte Reinigungsverfahren sehr effizient, extrem oberflächenempfindlich, verursacht keine Materialschädigung und vermeidet die thermische Belastung der Oberfläche. Die Reinigung kann auf allen Oberflächen, elektrisch leitend oder isolierend, kristallin oder amorph, angewandt werden. Die Arbeitsgruppe bemüht sich daher, dieses Oberflächen-Reinigungsverfahren technisch zu realisieren, wozu delikate, quantitative Messungen der Reinigungseffizienz genauso gehören wie die Entwicklung der notwendigen Ionenquellen- und Ionenstrahltechnologie.

Technische Kompetenzen: Dreidimensionale elektrische und magnetische Feldberechnungen mit und ohne Dielektrika oder Ferromagnetika. Teilchentrajektorien in diesen Feldern. Simulation dünner, elektronisch heißer Plasmen. Erzeugung von EZR-Plasmen. Technisch einsetzbare Ionenquellen. UHV-Technik. Computersteuerung von Apparaturen. Oberflächenmodifikation mit hyperthermischen Ionen.

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. H.J. Andrä (Leiter), Dipl.-Phys. J. Ducrée, Dr.J. Leuker, Dipl.-Phys. C. Vitt

Veröffentlichungen:

Andrä, H.J., T. Lamy, A. Brenac, A. Pesnelle: Evidence for a Significant Above- Surface Contribution to the Interaction of Very Slow H-Like Ions with Surfaces, Europhys. Lett. 23, 361 (1993)

 
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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: FO16EA01
Datum: 1998-06-16