Forschungsbericht 1995-96 | |
Institut für Kernphysik Wilhelm-Klemm-Straße 9 Tel. (0251) 83 - 3 49 51 / 3 49 71 FAX: (0251) 83 - 3 49 62 e-mail: @IKP.UNI-MUENSTER.DE Direktoren: Prof. Dres. J. Andrä, R. Santo | |
Forschungsschwerpunkte 1995 - 1996 Fachbereich 16 - Physik Institut für Kernphysik Arbeitsbereiche Prof. Dr. H.J. Andrä |
Oberflächen-Bearbeitung mit langsamen, hochgeladenen Ionen
Atomare Vorgänge an Grenzflächen spielen in vielen Anwendungsbereichen eine
entscheidende Rolle. Dennoch sind viele dieser Prozesse noch immer unverstanden.
Grundlegendes Studium und die technologische Anwendung der elektronischen Wechselwirkung
und speziell des Elektronenaustauschs zwischen Projektilen und Oberflächen bei kleinen
Vertikalgeschwindigkeiten sind die Forschungsziele der Arbeitsgruppe. Die kleinen
Vertikalgeschwindigkeiten werden mit zwei Methoden erzeugt:
Durch streifenden Einfall der Projektile bezüglich der sehr gut präparierten, ebenen
Grenzfläche werden bei hoher Projektilgeschwindigkeit, vektoriell zerlegt, sehr kleine
Vertikalgeschwindigkeiten erzielt. Bei Glanzwinkeln zwischen typisch 0.1 und 1 Grad
werden die Projektile praktisch spiegelnd am kollektiven, abstoßenden Potential der
Grenzfläche total reflektiert und erlauben so, von Stößen ungestört, den
Elektronenaustausch mit der Oberfläche zu untersuchen und für spezielle
Fragestellungen auch die elektronischen Eigenschaften der Oberfläche abzutasten.
Durch Abbremsen hochgeladener Ionen (z.B. Ne10+ mit Ladung q = 10)
auf Energien zwischen 10 und 100 eV kann selbst bei senkrechtem Einfall kleine
Vertikalgeschwindigkeit erzielt werden. Ein solches Ion fängt beim Annähern an die
Oberfläche q Elektronen in Rydbergzustände ein, während alle inneren
Schalen zunächst leer bleiben. Das Ion wirkt damit wie ein "Elektronenstaubsauger" und
transformiert sich selbst dabei in ein extremes Atom mit kompletter Besetzungsinversion vor
der Oberfläche. Mangels Dichte läßt sich damit leider nicht sofort ein
Röntgenlaser bauen. Die Frage, wie diese Atome durch Auger-Elektronen- und
Röntgenemission innerhalb von 10-14s bis zum Auftreffen auf die
Oberfläche ihre Energie abgeben, ist aber dennoch eine experimentelle und theoretische
Herausforderung ersten Grades für den Grundlagenforscher.
Ein Ablösen von Verunreinigungen von der Oberfläche wird durch das "Absaugen"
der Elektronen und durch die restliche potentielle Energie im Ion beim Ankommen des
Projektils an der Oberfläche bewirkt. Dies birgt ein großes Anwendungspotential in
sich, denn da nicht, wie in bisherigen Verfahren, die kinetische, sondern die potentielle Energie
im Ion die Reinigung bewirkt, ist das hier entdeckte Reinigungsverfahren sehr effizient, extrem
oberflächenempfindlich, verursacht keine Materialschädigung und vermeidet die
thermische Belastung der Oberfläche. Die Reinigung kann auf allen Oberflächen,
elektrisch leitend oder isolierend, kristallin oder amorph, angewandt werden. Die Arbeitsgruppe
bemüht sich daher, dieses Oberflächen-Reinigungsverfahren technisch zu
realisieren, wozu delikate, quantitative Messungen der Reinigungseffizienz genauso
gehören wie die Entwicklung der notwendigen Ionenquellen- und Ionenstrahltechnologie.
Technische Kompetenzen: Dreidimensionale elektrische und magnetische Feldberechnungen mit
und ohne Dielektrika oder Ferromagnetika. Teilchentrajektorien in diesen Feldern. Simulation
dünner, elektronisch heißer Plasmen. Erzeugung von EZR-Plasmen. Technisch
einsetzbare Ionenquellen. UHV-Technik. Computersteuerung von Apparaturen.
Oberflächenmodifikation mit hyperthermischen Ionen.
Beteiligte Wissenschaftler:
Hans-Joachim Peter