Forschungsbericht 1995-96 | |
Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen Am Stadtgraben 9 Tel. (0251) 83 - 2 29 71 Fax: 83 - 2 29 70 Direktor: Prof. Dr. R. Thoss / Prof. Dr. U. van Suntum | |
Forschungsschwerpunkte 1995 - 1996 Fachbereich 04 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik |
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Internationales Beschäftigungs-Ranking
Die wirtschaftliche Situation der Industrieländer Mitte der 90er Jahre ist
ernüchternd: Die durchschnittliche Arbeitslosenquote ist höher denn je, und in
absehbarer Zeit ist eine nachhaltige Verbesserung der Situation nicht zu erwarten. Bei aller
Ähnlichkeit der vorliegenden Probleme in den untersuchten Ländern bestehen
allerdings gravierende Unterschiede hinsichtlich des beschäftigungspolitischen Erfolgs der
jeweiligen Wirtschaftspolitik, und es lassen sich systematische Zusammenhänge zwischen
den beschäftigungspolitischen Bemühungen einerseits und den
Beschäftigungswirkungen andererseits feststellen.
Das "Internationale Beschäftigungs-Ranking" analysiert im zweijährigen Rhythmus
die Beschäftigungspolitik der 20 wichtigsten Industrienationen. Das
Beschäftigungs-Ranking 1994 konnte zwei erfolgreiche Strategien identifizieren: die der
"stabilitätsorientierten Marktwirtschaften" und die der "beschäftigungspolitisch
aktiven Wohlfahrtsstaaten". Anfang der 90er Jahre schien noch unentschieden, welche der
beiden Strategien letztlich die erfolgreichere sein würde. Zwar lag mit der Schweiz ein
eindeutig marktwirtschaftlich orientiertes Land an der Spitze, aber Norwegen (fast gleichauf mit
Japan) und Schweden folgten bereits auf den nächstvorderen Plätzen, und zwar mit
deutlichem Abstand zu Deutschland und den USA.
Das aktualisierte Beschäftigungs-Ranking 1996 zeigt, daß sich das Bild in den
letzten Jahren gewandelt hat. Die Musterländer des Modells
"beschäftigungspolitisch aktive Wohlfahrtsstaaten" - und hier insbesondere Schweden -
haben inzwischen stark an Boden verloren. Hinter diesen Entwicklungen verbirgt sich das
Scheitern eines Sozialstaatmodells, welches nicht mehr finanzierbar war. Mittlerweile haben
diese Länder allerdings die ersten Kurskorrekturen eingeleitet, wobei die
Maßnahmen häufig noch Stückwerk sind und ein schneller Erfolg nicht zu
erwarten ist.
Demgegenüber konnten die "stabilitätsorientierten Marktwirtschaften" wie die
USA, Neuseeland, Österreich und Portugal ihre Position zum Teil deutlich verbessern.
Damit waren genau die Länder überdurchschnittlich erfolgreich, die in den letzten
Jahren durch eine dezidierte stabilitäts- und wettbewerbsorientierte Politik aufgefallen
sind. Sie haben zumeist schon in den 80er Jahren den Grundstein für eine nachhaltige
Verbesserung ihrer Beschäftigungssituation gelegt, indem sie die Inflation
bekämpften, die staatlichen Ausgaben beschnitten und den Wettbewerb - nicht zuletzt auf
den Arbeitsmärkten - stärkten. Die Länder des Typs
"stabilitätsorientierte Marktwirtschaften" belegen die ersten fünf
Ranking-Plätze.
Dem Beschäftigungs-Ranking liegt ein multikausaler Erklärungsansatz zugrunde.
Für jedes Land werden die Zielgrößen (Erwerbstätigenzuwachs,
Arbeitslosenquote) mit den wichtigsten Wirkungsfaktoren (Wachstum, Finanzpolitik,
Arbeitsmarktpolitik und Tarifpartner) zu einem Index aggregiert, der über die
beschäftigungspolitischen Erfolge und Defizite Auskunft erteilt. Aus der
Gegenüberstellung dieses Indizes ergibt sich das Gesamt-Ranking.
Die jeweiligen Wirkungsfaktoren setzen sich dabei aus zwei bzw. drei gewichteten
Einzelkennziffern zusammen, die wir für 20 Länder über einen Zeitraum von
15 Jahren beobachtet haben. Die Auswahl dieser Einzelkennziffern erfolgte anhand dreier
Kriterien: Sie sollten erstens theoretisch plausibel sein, zweitens sich für alle
Länder anhand einheitlicher Kennziffern operationalisieren lassen und sich drittens vor
allem hinsichtlich der Erklärung des unterschiedlichen beschäftigungspolitischen
Erfolges als signifikant erweisen. Die unterschiedlich dimensionierten Einzelkennziffern wie z.
B. Arbeitslosenquote und Streikhäufigkeit werden mit Hilfe eines Punkteverfahrens
standardisiert. Im Gegensatz zur langfristigen Basisuntersuchung (1994), deren Beurteilung auf
dem Gesamtzeitraum von 15 Jahren beruhte, basiert die aktuelle Untersuchung auf einem
mittelfristigen Vergleich. Die zugrunde gelegten Perioden sind zwei
Drei-Jahres-Zeiträume, wobei sich jeweils ein Jahr überlappt (1991 - 1993, 1993 -
1995). Die Zeiträume sind deshalb gewählt worden, um konjunkturelle
Einflüsse auf die Einzelkennziffern so weit wie möglich auszuschließen. Um
allein die strukturelle Komponente der einzelnen Kennziffern beurteilen zu können, wurde
bei einigen Größen zusätzlich mit Mehrjahresdurchschnitten gearbeitet.
Die kritische Gegenüberstellung der nationalen Beschäftigungspolitiken
ermöglicht es, erfolgreiche Konzepte und Instrumente zu identifizieren, um hieraus
konkrete wirtschaftspolitische Steuerungsoptionen abzuleiten.
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Hans-Joachim Peter