Kernphysikprozesse in Supernovae
Alle Elemente mit Ausnahme von Wasserstoff, Deuterium und
Helium werden in Sternen synthetisiert. Durch exotherme Kernfusion können
allerdings keine Elemente gebildet werden, die schwerer sind als Eisen. Diese
werden in besonders massereichen Sternen am Ende ihrer Entwicklung in einer
gigantischen Explosion erzeugt, der Supernova (SN) vom Typ IIa, wobei der Stern allerdings zunächst erst
unter seinem eigenen gravitativen Druck implodiert, bevor die eigentliche
Explosion stattfindet.
Während die einzelnen Sternentwicklungsphasen gut bekannt
sind, sind SN-Modellrechnungen immer noch problematisch. Für die explosive
Energie des Sterns ist, wie sich zeigt, nur ein einziger Parameter am kritischen
Punkt kurz vor dem Kollaps ausschlaggebend: die Zahl der Elektronen pro Baryon.
Dieses Verhältnis ist
bestimmt durch die Zahl der Elektronen, die zuvor durch Elektron-Einfangreaktionen
(EC) in Neutrinos umgewandelt wurden. Da diese das Sterninnere ungehindert verlassen, können sie gravitative
und damit einen Teil der explosiven Energie in Form von kinetischer Energie
forttragen.
Die genaue Kenntnis der EC-Raten für Kerne der Eisen/Nickel-Gegend ist für SN IIa-Modellrechnungen
von zentraler Bedeutung.
Diese Kenntnis ist zurzeit lückenhaft, und in der Tat sind alle Simulationen
von Supernovae ohne "fine-tuning" nicht in der Lage, eine Explosion zu generieren.
Nun zeigt
sich, dass die Raten der EC-Prozesse auch durch Laborexperimente zugänglich
sind. Hadronische Streuprozesse (z.B. die Proton-Kern-Streuung zwischen 100 und
500 MeV) sind in einem bestimmten kinematischen Fenster sensitiv auf genau die
Operatoren, welche den EC-Prozess beschreiben. In der Sprache
der Kernphysik sind diese Prozesse unter dem Namen Gamow-Teller (GT) Übergänge
bekannt. Um diese Übergänge zu beleuchten, werden Experimente am Kernfysisch
Versneller Instituut (KVI) in Groningen durchgeführt. Hierzu ist in den
vergangenen Jahren von der EUROSUPERNOVA-Kollaboration ein in vieler Hinsicht
neuartiges Detektorsystem für ein Magnet-Spektrometer aufgebaut worden. Zum
Themenkreis gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Einzelprojekten mit umfangreichen
Messprogrammen, welche im internationalen Vergleich mit konkurrenzloser Qualität
durchgeführt werden können.
Ähnliche Überlegungen gelten auch für das explosive
Endstadium eines binären Systems (Superova Ia). Im Gegensatz zur SN
IIa-Explosion spricht man bei der SN Ia von einer 'Verpuffung', die von einer
sich nach Außen fortpflanzenden Flammenfront getragen wird. Auch hier finden EC
Prozesse statt. Die Kenntniss der zugehörigen GT Übergänge ist wichtig für das
Verständnis der Dynamik von SN Ia und der Isotopenzusammensetzung der von SN Ia
synthetisierten Elemente.
Links
Publikationen in diesem Bereich
Diplomarbeiten und Dissertationen in diesem Bereich
ESN-Kollaboration
KVI Groningen
Joint Institute for Nuclear Astrophysics (JINA)
|